Colditz Glider

Colditz Glider
Das einzige Originalfoto, im April 1945 von einem GI aufgenommen

Der sogenannte Colditz Glider, von den Gefangenen jedoch „Colditz Cock“ genannt (engl. Cock, dt. Hahn), war ein von den Insassen des Kriegsgefangenenlagers Schloss Colditz gebautes Segelflugzeug.

Inhaltsverzeichnis

Idee

Die Idee zu einer Flucht mit einem Segelflugzeug ersannen die beiden Piloten Jack Best und Bill Goldfinch, die nach Fluchtversuchen aus anderen Kriegsgefangenenlagern in das stark bewachte Schloss Colditz gebracht worden waren. Die Anregung dazu wurde durch die zwei Neuzugänge Tony Rolt, schon vor dem Krieg ein bekannter britischer Rennfahrer, nach dem Krieg ein Formel-1-Pilot, und David Walker gegeben.

Rolt empfahl das Dach der Schlosskapelle mit darauf montierten Tischen als Startrampe, da man so die Absicht bis zum Start vor den Deutschen geheimhalten könne. Der Plan war, ein Zweimannsegelflugzeug in Einzelteilen herzustellen und erst unmittelbar vor dem Start zusammenzusetzen. Mit dem Flugzeug sollte die Zwickauer Mulde überquert werden und auf einer ca. 60 m tieferen Wiese gelandet werden.

Konstruktion

Das Segelflugzeug wurde von Bill Goldfinch und von Jack Best in einem gut getarnten, durch eine zusätzliche Zwischenwand abgetrennten Teil des Dachbodens über der Kapelle zusammengebaut. Da die Deutschen nach Tunneln suchten und keine geheime Werkstatt unter dem Dach vermuteten, fühlten sich die Erbauer sicher. Trotzdem setzten sie Beobachter und ein elektrisches Warnsystem ein, um die Entdeckung zu verhindern.

Das Segelflugzeug wurde langsam aus gestohlenen Holzstücken gebaut. Die Tragflächenholme wurden aus Fußbodenbrettern hergestellt, hunderte Rippen aus Bettlatten. Für Steuerleitungen wurden elektrische Verdrahtungen von unbenutzten Teilen des Schlosses verwendet.

Der walisische Gefangene Lorne Welch, welcher Segelflugzeugexperte war, wurde gebeten, die Druckdiagramme und -berechnungen zu überprüfen, die von Goldfinch errechnet worden waren. Das konstruierte Segelflugzeug war ein Leichtgewicht, Zweisitzer und Hocheindecker. Es hatte ein Mooneysteuer und quadratische Steuerklappen. Die Flügelspannweite war 9,75 m, und die Länge zwischen Nase und Endstückes betrug 6 m. Baumwollbettbezüge aus dem Gefängnis mit blauweißem Karomuster dienten als Bespannung für die Tragflächen. Gekochte Hirse aus den Gefangenenrationen wurde benutzt, um die Poren des Tuches zu versiegeln. Mit den verwendeten Materialien wurde ein Konstruktionsgewicht von 109 Kilogramm erreicht. Jedoch wurde das Flugzeug erst nach der Colditz-Befreiung zusammengesetzt, um von den amerikanischen Truppen fotografiert zu werden.

Start

Colditz-Glider-Nachbau im Imperial War Museum in London

Mit Sicht auf das bald erwartete Kriegsende wurde der gefährliche Start von den Gefangenen nur für eine Notsituation, wie der Übernahme des Lagers durch die SS, erwogen.

Der Start sollte als Katapultstart mit einem Seilzugsystem von einer aus Tischen improvisierten Rampe auf dem Dach der Schlosskapelle erfolgen. Eine an der Außenwand fallende, voll beladene Metallbadewanne sollte die nötige Beschleunigung auf 50 km/h garantieren. Eine Replik des Colditzer Segelflugzeugs wurde 2000 für die TV-Dokumentation Escape from Colditz von Channel 4 (Großbritannien) angefertigt. Unter den Augen der Colditz-Veteranen Jack Best und Bill Goldfinch flog das Flugzeug tatsächlich schon bei seinem ersten Startversuch erfolgreich. Zurzeit ist es im Imperial War Museum in London ausgestellt.

Medien

Weblinks

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