Cool Japan

Cool Japan

Cool Japan ist eine Wortschöpfung des amerikanischen Journalisten Douglas McGray, welche heutzutage häufig auf die erfolgreiche japanische Populärkultur, insbesondere auf J-Pop, verweist. Seitdem der Begriff erstmalig im Mai/Juni 2002 im Artikel Japan’s Gross National Cool[1], als Reaktion auf das „Cool Britannia“-Konzept, geprägt wurde, ist dieser Medienbegriff immer wieder von anderen Autoren und schließlich selbst von der japanischen Seite herangezogen worden, um die Entstehung eines neuen, positiven Bildes von Japan zu beschreiben.[2]

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Obwohl sich Japan in der so bezeichneten „verlorenen Dekade“ der 1990er Jahre ökonomischen Schwierigkeiten und politischen Problemlagen gegenüber sah und im Jahr 1995 zwei nationale Schockerlebnisse (Ōmu Shinrikyō-Anschlag und Erdbeben von Kōbe) bewältigen musste, konnte die japanische Unterhaltungs- und Kreativindustrie seit Mitte der 1990er Jahre internationale Vermarktungserfolge in großem Ausmaß verzeichnen.

Japanische Comics, Trickfilme, Videospiele und ein sie begleitendes Merchandising erzielten seit den 1990ern weltweit Erfolge. Diese Erfolge wurden sowohl in ökonomischer Hinsicht wie auch in symbolischem Kapital verbucht, dem Nation Branding. Verbunden mit diesem internationalen Vormarsch wurden andere Kulturen durch den so genannten „J-Lifestyle“ beeinflusst, zu dem neben J-Pop, Manga, Anime und Cosplay auch Produkte wie Robopets (z. B. Aibo), Sudoku, J-Literatur, Videospiele und Dorama gehören.[3]

McGrays Wortschöpfung findet heute vermehrt Anwendung innerhalb wissenschaftlicher Analysen zur japanischen Populärkultur, wie sie unter anderem von Kōichi Iwabuchi oder Anne Allison durchgeführt worden. Auch im politischen Bereich wurde J-Pop relativ früh instrumentalisiert. Eine prominente Aussage zu J-Pop als prestigeträchtigem Exportgut und als Medium der Kulturdiplomatie wird vom ehemaligen Außenminister Tarō Asō im April 2006 getätigt. In seiner Rede an der "Digital Hollywood University" in Akihabara (Tokio) ermutigte der Politiker die Vertreter der japanischen Kreativindustrie, einen nachhaltigen kulturdiplomatischen Beitrag auf ihrem Feld zu leisten.[4]

Verwendung in Japan

Nachdem sich „Cool Japan“ in westlichen Kommentaren zu den Erfolgen der japanischen Unterhaltungsindustrie etabliert hatte, wurde der Slogan auch von japanischer Seite wie ein Prädikat instrumentalisiert. So wurden im Jahr 2005 von Kulturpolitikern erwogen, mit Hilfe dieses Begriffs weltweit eine Generation von Anhängern japanischer Zeichentrickfilme heranzuziehen. So legte der „Gesprächskreis über die Förderung kultureller Diplomatie“ (bunka gaikō no suishin ni kan suru kondankai) am 11. Juli 2005 Premierminister Jun’ichirō Koizumi einen entsprechenden Bericht („Für den Aufbau eines Friedensstaates des kulturellen Austauschs Japans“) vor.[5]

Kritik

Obwohl sich die staatliche Seite über einen Imagezugewinn freut und sich dabei auf den Slogan stützt, gibt es auch kritische Stimmen aus politischen und intellektuellen Kreisen zur Verwendung von „Cool Japan“ in diesem Zusammenhang. So wurde häufig von einer gesteuerten Kampagne gesprochen, die sich im Rückblick aber nicht als gezielte, gebündelte oder staatlich gelenkte Offensive darstellt, zumal Japan in den letzten Jahren international vorwiegend das Bild eines reformunwilligen Systems bot.[2] Andere Analysen gingen so weit, dass es sich bei „Cool Japan“ nicht um das reale Japan handele, sondern um einen „fiktiven Fluchtpunkt“.[6]

Widersprüchlich sei auch, dass Japan gleichzeitig „cool“ sein soll, aber in den 1990er Jahren wachsende soziale Kälte („japanisches Prekariat“), psychische Deformation (etwa die Phänome Otaku, Hikikomori, Freeter, NEETs), Hoffnungslosigkeit und Orientierungslosigkeit aufgetreten sei. [7]

Einzelnachweise

  1. Douglas McGray: Japan’s Gross National Cool. In: Foreign Policy. Mai/Juni 2002 (PDF, 1MB, abgerufen am 7. April 2008).
  2. a b Hiroki Azuma: クール・ジャパンはクールではない. Abgerufen am 4. April 2008 (japanisch, dt. „Cool Japan ist nicht cool“).
  3. "Cooles" Japan: Die Wirtschaft kommt in Schwung. Japan External Trade Organization (JETRO): Economic Research Department, März 2005, abgerufen am 7. April 2008 (PDF).
  4. A New Look at Cultural Diplomacy: A Call to Japan's Cultural Practitioners. 28. April 2006, abgerufen am 14. April 2008 (englisch).
  5. Christian Oberländer: Otaku. Aufstieg und Internationalisierung eines Massenphänomens in Japan. In: Masse Mensch. Das „Wir“ – sprachlich behauptet, ästhetisch inszeniert. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2006, ISBN 3-89812-394-4, S. 99–113.
  6. Anne Allison: Millennial Monsters. Japanese Toys and the Global Imagination. University of California Press, Berkeley 2006, ISBN 0-520-22148-6.
  7. Michael Zielenziger: Shutting Out the Sun. How Japan Created Its Own Lost Generation. Random House, New York 2006.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Cool Japan — The concept of Cool Japan (クールジャパン), along with that of Gross National Cool, was coined in 2002 as an expression of Japan s emergent status as a cultural superpower. Gaining broad exposure in the media and academia, the brand of Cool Japan has… …   Wikipedia

  • Cool Britannia — is a media term that was used during the late 20th century to describe the contemporary culture of the United Kingdom. The term was prevalent during the 1990s and later became closely associated with the early years of New Labour under Tony Blair …   Wikipedia

  • Cool Britannia — ist ein Medienbegriff, der in der Mitte der 1990er Jahren, zur Beschreibung zeitgenössischer Kunst, in Großbritannien verwendet wurde. Der Begriff ist eng verbunden mit den frühen Jahren von New Labour unter Tony Blair. Es ist ein Wortspiel mit… …   Deutsch Wikipedia

  • Japan Expo — Vue de la convention en 2009 Coordonnées …   Wikipédia en Français

  • Cool (aesthetic) — Uncool redirects here. For the Bumblefoot album, see Uncool (album). Something regarded as cool is an admired aesthetic of attitude, behavior, comportment, appearance and style, influenced by and a product of the Zeitgeist. Because of the varied… …   Wikipedia

  • Cool Biz campaign — The Japanese Ministry of the Environment (MOE) began advocating the Cool Biz campaign in summer 2005 as a means to help reduce electric consumption by limiting use of air conditioning. This idea was proposed by then MOE minister Yuriko Koike… …   Wikipedia

  • Cool Boarders — Developer(s) UEP Systems Publisher(s) Sony Computer Entertainment …   Wikipedia

  • Cool Joke — Origin Japan Genres Rock, pop rock Years active 2001–present Labels high numbers dream Website …   Wikipedia

  • Cool Earth 50 — is a Japanese plan to reduce global CO2 emissions 50% by 2050, which was discussed at the 34th G8 summit. There is also a Cool Earth Partnership in which Japan will financially assist developing countries to reduce emissions.[1] See also …   Wikipedia

  • Cool Boarders Pocket — Developer(s) UEP Systems Publisher(s) SNK Playmore Platform(s) Neo Geo Pocket Color …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”