DDR-Grenztruppen

DDR-Grenztruppen
Grenztruppen auf Patrouille (1979)

Die Grenztruppen der DDR wurden wegen alliierter Verträge zunächst als paramilitärische Polizeieinheit zur Überwachung der Außengrenzen der DDR am 1. Dezember 1946 unter der Bezeichnung Deutsche Grenzpolizei aufgestellt. Von 1961 bis 1973 waren die Grenztruppen offizieller Bestandteil der NVA, danach galten sie – zumindest formal – als eigenständig. Den Grenztruppen gehörten zum Zeitpunkt der Wende 47.000 Personen an.

Der weitaus größte Teil der Truppen diente der Bewachung der deutsch-deutschen Grenze zur Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West). Es ist bis heute umstritten, wie viele Menschen bei dem Versuch, die Grenze illegal zu überwinden, ums Leben gekommen sind. Die Arbeitsgemeinschaft 13. August nennt 1200 Todesopfer, die Berliner Staatsanwaltschaft kann 125 Todesfälle nachweisen, weitere 85 werden untersucht.

Vergleichsweise geringe Kräfte kontrollierten die Oder-Neiße-Grenze nach Polen und die Grenze zur ČSSR. Eine Sonderstellung nahm die 6. Grenzbrigade Küste zur Sicherung der Seegrenze an der Ostsee ein, die organisatorisch der Volksmarine angehörte.

Inhaltsverzeichnis

Auftrag

Grenzstreife in Thüringen (1965)
Einsatzübung im Kreis Mühlhausen am 27. März 1982

Organisation

Die Grenztruppen gehörten als Deutsche Grenzpolizei zunächst zum Ministerium des Inneren und ab 1956 mit der Gründung der NVA als Teilstreitkraft zum Ministerium für Nationale Verteidigung (MfNV). Von 1961 bis 1973 waren die Grenztruppen Bestandteil der NVA. Im Zuge der KSZE-Verhandlungen in Helsinki ab dem 3. Juli 1973 und des damit verbundenen Abrüstungsprozesses wurden sie formell als selbstständige Organisation ausgegliedert, um nicht zur Truppenstärke des Landes gezählt zu werden. Trotzdem blieben die Grenztruppen als eigenständige Waffengattung direkt dem Ministerium für Nationale Verteidigung unterstellt. 1989 betrug die Gesamtstärke der Grenztruppen inklusive der Rückwärtigen Dienste (RD) 47.000 Mann.
Eine Einberufung zu den Grenztruppen erfolgte im Rahmen der allgemeinen Wehrpflicht.[1]

Flagge der Grenzbrigade Küste

An den Grenzen zu den „sozialistischen Bruderstaaten” taten nur ca. 600 Grenzsoldaten Dienst. Jedes Grenzkommando war in mehrere Grenzregimenter und in ein bis zwei Grenzausbildungsregimenter untergliedert.

Die 6. Grenzbrigade Küste (6. GBK) war zuständig für die Überwachung der Seegrenze und die Verhinderung von Fluchtversuchen über die Ostsee. Organisatorisch und operativ war die 6. Grenzbrigade Küste dem Kommando der Volksmarine unterstellt.

Grenztruppen und das Ministerium für Staatssicherheit

Die Besatzung der Grenzübergangsstellen (GÜSt) waren Angehörige der Hauptabteilung VI des Ministeriums für Staatssicherheit, des Zolls (der seinerseits wieder durch die HA VII kontrolliert und überwacht wurde) der DDR und wenigen Angehörigen der Grenztruppen, sowie teilweise Zivilangestellten, wie z. B. Tierarzt, Rotes Kreuz, Staatsbank, welche allesamt entweder Hauptamtliche MfS-Mitarbeiter waren oder aber IMs (gilt nur für solche, die an der GÜSt im Einsatz waren). Erstere gehörten zu als Passkontrolleinheit (PKE) bezeichneten Abteilungen und versahen ihren Dienst in der Uniform der Grenztruppen, ohne diesen jedoch anzugehören. Die Abfertigung von Personen und Waren lag außerhalb der Zuständigkeit der Grenztruppen. Durch die Sicherungskompanien (SiK) der Grenztruppen wurden die Flanken, die Grenze selbst und die rückwärtige Begrenzung der GÜSt abgesichert. Bei den Grenzübergangsstellen im Stadtgebiet von Berlin gab es, mit Ausnahme der GÜSt Friedrichstraße, diese äußere Absicherung durch Sicherungskompanien der Grenztruppen nicht.

Von kleinen Sondereinheiten der Grenztruppen wurde der technische Betrieb der GÜSt realisiert, wie z. B. Reinigung, Müllabfuhr, (Strom-)Netzersatzanlage, Beleuchtung, Schranken, Ampeln usw. Diese bestanden bis zu 80 % aus Inoffiziellen Mitarbeitern.

Eine weitere komplett als GT-Einheit legendierte MfS-Diensteinheit war die Funkaufklärung der Grenztruppen, welche vornehmlich den westlichen Grenzbereich abhörte (Funkverkehr der NATO-Einheiten und des Bundesgrenzschutzes). Diese Mitarbeiter waren bei den drei Grenzkommandos Küste, Nord und Süd stationiert und gehörten vollständig der Hauptabteilung III (Funkaufklärung) an. Sie wurden von den MfS-Bezirkverwaltungen geführt (Nord beispielsweise von der BV Magdeburg), welche auch regelmäßig die Bänder von den GT-Kommandos abholten.

Insgesamt wurden die Grenztruppen von der Hauptabteilung I des MfS überwacht, sichtbar als Verwaltung 2000 oder Büro 2000 an den GT-Standorten und verdeckt mit Offizieren im besonderen Einsatz (OibE) in Schlüsselpositionen und Inoffiziellen Mitarbeitern (so genannten IMs). Die GT hatten höchste Durchdringung mit IMs aller DDR-Institutionen (Verhältnis von nahezu eins zu fünf).

Geschichte

Aufstellung

Die Grenztruppen der DDR wurden wegen alliierter Verträge zunächst als paramilitärische Polizeieinheit zur Überwachung der Außengrenzen der DDR am 1. Dezember 1946 unter der Bezeichnung Deutsche Grenzpolizei aufgestellt.

Umstrukturierung zur Teilstreitkraft

Von 1961 bis 1973 waren die Grenztruppen offiziell Bestandteil der NVA, später nur noch faktisch. Der Einsatz bzw. die Stationierung einer deutschen militärischen Truppe in Ost-Berlin, hier der Grenztruppen an der Berliner Mauer, widersprach dem Vier-Mächte-Status der Stadt Berlin. Die 6. Grenzbrigade Küste, der die Sicherung der Seegrenze an der Ostsee oblag, war Bestandteil der Volksmarine.

Nach der Wende

Nach dem Mauerfall am 9. November 1989 wurden zunehmend auch Angehörige der Grenztruppen der DDR zur Passkontrolle eingesetzt, um den Ansturm an den Grenzübergangsstellen zu bewältigen.

Auf Beschluss des Nationalen Verteidigungsrates der DDR (NVR) vom Juni 1989 wurden die Grenztruppen bis zum 30. November 1989 neu formiert.

Mit der Umstrukturierung wurde die Anzahl der Führungsorgane von 50 auf 24 reduziert und der Personalbestand um etwa 17 Prozent verringert.

An der innerdeutschen Grenze wurden die Führungsorgane von

aufgelöst und die Führungsorgane von

  • 6 Grenzbezirkskommandos,
  • 16 Grenzkreiskommandos und
  • 2 Grenzausbildungszentren

neu formiert.

Die Grenzbezirkskommandos wurden wie folgt gegliedert und disloziert:

Grenzbezirkskommando 1, Schwerin

mit den 3 Grenzkreiskommandos

Grenzbezirkskommando 2, Magdeburg

mit 5 Grenzkreiskommandos

Grenzbezirkskommando 3, Erfurt

mit 4 Grenzkreiskommandos

Grenzbezirkskommando 4, Suhl

mit 4 Grenzkreiskommandos

Grenzbezirkskommando 5, Gera

ohne Grenzkreiskommando

  • 8 Grenzkompanien
  • 2 Reservegrenzkompanien
Grenzbezirkskommando 7, Karl–Marx-Stadt

ohne Grenzkreiskommando

  • 3 Grenzkompanien
  • 1 Reservegrenzkompanie

Die an der innerdeutschen Grenze dislozierten 4 Grenzausbildungsregimenter wurden zu 2 Grenzausbildungszentren umformiert:

Beide Grenzausbildungszentren waren dem Kommando der Grenztruppen direkt unterstellt, ebenso wie die:

Ebenfalls direkt dem Kommando der Grenztruppen unterstand die von dieser Umstrukturierung nicht berührte:

  • Offiziershochschule der Grenztruppen „Rosa Luxemburg“ die sich in Suhl befand (bis Anfang der 80er Jahre in Plauen)

Der Grenzdienst wurde am 1. Juli 1990 offiziell eingestellt, die Grenztruppen wurden im September 1990 aufgelöst und ihre Aufgaben an der östlichen Grenze auf den Bundesgrenzschutz (BGS), heute Bundespolizei, übertragen.

Liste der Kommandeure

Sowie Vorgänger Deutsche Grenzpolizei, im Kommando Pätz bei Berlin:

Verweise

Interne Verweise

Literatur

  • Raimar Richard: Zwischen Mauer und Stacheldraht. Ein Grenzsoldat bricht sein Schweigen. Halle 2005, ISBN 3-86634-010-9.
  • Hans Fricke: Davor – Dabei – Danach. Ein ehemaliger Kommandeur der Grenztruppen der DDR berichtet. Schkeuditz 1999, ISBN 3-932725-85-9.
  • Peter Joachim Lapp: Frontdienst im Frieden – Die Grenztruppen der DDR. Entwicklung-Struktur-Aufgaben. 2. Auflage. Koblenz 1987, ISBN 3-7637-5349-4.
  • Peter J. Lapp: Gefechtsdienst im Frieden. Das Grenzregime der DDR 1945-1990. Bonn 1999, ISBN 3-763759-92-1.
  • Dietmar Schultke: Keiner kommt durch. Die Geschichte der innerdeutschen Grenze 1945–1990. Berlin 1999, ISBN 3-746680-41-7.
  • Dietmar Schultke: 'Die Grenze, die uns teilte - Zeitzeugenberichte zur innerdeutschen Grenze'. Berlin 2005, ISBN 3-89574-565-0
  • Volker Koop: Ausgegrenzt. Der Fall der DDR-Grenztruppen. Berlin 1996, ISBN 978-3894880644.
  • Klaus-Dieter Baumgarten, Peter Freitag: Die Grenzen der DDR. Geschichte, Fakten, Hintergründe. Berlin 2004, ISBN 3-360-01057-4.
  • Jürgen Ritter, Peter Joachim Lapp: Die Grenze. Ein deutsches Bauwerk. 6. Auflage. Berlin 2007, ISBN 978-3-86153-465-5.
  • Gerhard R.Lehmann: … allzeit treu zu dienen – Erinnerungen und Gedanken aus vierzig Dienstjahren in Grenzpolizei und Grenztruppe der DDR. 1. Auflage. ISBN 978-3-939465-00-3
  • Hans-Dieter Behrendt Guten Tag, Passkontrolle der DDR Über die Tätigkeit der Kontroll- und Sicherungsorgane an der innerdeutschen Grenze 1945 und 1990 GNN Schkeuditz 2008, ISBN 978-3-89819-243-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wehrpflichtgesetz der DDR

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