Deidesheimer Weinkerwe

Deidesheimer Weinkerwe
Stellen des Kerwebaums

Die Deidesheimer Weinkerwe ist eines der großen Weinfeste der Pfalz und das größte Volksfest der pfälzischen Kleinstadt Deidesheim; sie wird seit 1972 in ihrer gegenwärtigen Form gefeiert und findet am zweiten und dritten Wochenende des August statt, jeweils von freitags bis dienstags.

Inhaltsverzeichnis

Historie

Da mit dem Deidesheimer Jahrmarkt bereits im 18. Jahrhundert das Kirchweihfest in Deidesheim gefeiert wurde, kann die Deidesheimer Weinkerwe als Fortsetzung einer langen Markttradition gesehen werden[1]. Der Ausdruck „Kerwe“ ist eine Bezeichnung für Kirchweih, der bisweilen in der Pfalz und in Bayern gebraucht wird. Die Markttradition in Deidesheim reicht mindestens bis 1776 zurück: Der Landesherr Deidesheims zu jener Zeit, der Fürstbischof des Fürstbistums Speyer, Damian August Philipp Karl von Limburg-Stirum, gewährte Deidesheim für den Dienstag nach dem Matthäus (21. September) einen Jahrmarkt. Anno 1833 beantragte Bürgermeister Andreas Jordan dessen Verlegung. Die Regierung des Königreichs Bayern kam dem Antrag 1845 nach: der Jahrmarkt wurde nun am zweiten Sonntag nach dem Martinstag (11. November) abgehalten. Dies war meist einige Tage vor dem Fest der heiligen Katharina (25. November), weshalb der Markt Kathrinenmarkt hieß. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg war der Markt von vielen auswärtigen Schaustellern und Händlern beschickt, die dem Stadtarchiv zufolge nicht nur aus der Pfalz, sondern auch aus Städten wie Frankfurt, Stuttgart, Chemnitz, Bremen, München und vielen weiteren Städten kamen.

Der Deidesheimer Verkehrsverein bewirkte 1928, dass der Jahrmarkt im August als Sommerkerwe veranstaltet wurde. Der Kathrinenmarkt wurde zwar als Nachmarkt beibehalten, verlor jedoch zunehmend an Bedeutung – 1992 stand er noch im Veranstaltungskalender Deidesheims, wurde jedoch nicht mehr veranstaltet[1]. 1955 wurde für die Sommerkerwe erstmals der Titel Weinkerwe gebraucht. Wegen des hohen Mineralwasserverbrauchs aufgrund der zumeist heißen Witterung verspottete man die Veranstaltung als „Selterswasserkerwe“[2]. Richtig durchsetzen konnte sich die Sommerkerwe lange Zeit nicht[1].

Dies änderte sich im Jahr 1971: damals wurde beschlossen, die Weinkerwe als Fest auf der Straße abzuhalten, wie dies andere pfälzische Gemeinden schon länger taten. Das Konzept war erfolgreich und die Weinkerwe entwickelte sich schnell zu einem führenden Weinfest an der Deutschen Weinstraße[2]. Die Zahl der Besucher wird je nach Witterung auf 100.000 bis 150.000[3] geschätzt. Seit 1972 findet die Weinkerwe in ihrer heutigen Form statt[1]. Dieses Jahr war das Gründungsjahr der Verbandsgemeinde Deidesheim, deren Gemeinden man in das Fest einbezog, indem man Weingüter und Vereine der Ortschaften Ausschankstellen hier betreiben ließ. Seit 1973 wird im Rahmen der Weinkerwe eine Weinprinzessin der Verbandsgemeinde gekürt.

Ablauf

Bei der Deidesheimer Weinkerwe fungiert die Bahnhofstraße in Deidesheim als „Weingasse“. Viele Weingüter, Winzergenossenschaften und andere Vereine der Verbandsgemeinde Deidesheim betreiben hier ihre Ausschankstellen. Außerdem haben viele entlang der Weinstraße ansässigen Weingüter ihre Höfe geöffnet. An alkoholischen Getränken dürfen nur Weine aus der Verbandsgemeinde ausgeschenkt werden.

Zum Auftakt der Weinkerwe findet eine öffentliche Riesling-Weinprobe im Historischen Rathaus mit Rieslingen aus der Verbandsgemeinde statt. Der so genannte Kerweumzug, der in den meisten ländlichen pfälzischen Gemeinden sonntagnachmittags stattfindet, ist in Deidesheim vor der offiziellen Kerweeröffnung am Samstagabend. Fast jeder pfälzische Ort hat seinen eigenen Kerwetermin; mit diesem Fest sind viele Bräuche verbunden. Träger des Kerwebrauchtums sind fast überall ledige Burschen, die den Kerweumzug veranstalten, einen so genannten Kerwebaum oder Kerwestrauß aufstellen, und in einer Rede das Ortsgeschehen glossieren; diese Bräuche sind vor allem in der West- und Nordpfalz ausgeprägt[4].

Hat eine lange Tradition: die „Kerweredd“

In Deidesheim knüpfen die Kerwebuwe, die das Fest mitgestalten, an diese altpfälzischen Überlieferungen an. Bei der offiziellen Eröffnung der Deidesheimer Weinkerwe wird auf dem Marktplatz nach alter Tradition eine in pfälzischer Mundart abgefasste „Kerweredd“ vorgetragen, die das Ortsgeschehen des vergangenen Jahres glossiert. Danach bringen die Kerwebuwe eine etwa 20 m[5] hohe Fichte, den mit bunten Bändern geschmückten „Kerwebaum“ zur Hochstrecke, der während der Kerwe stehen bleibt. Wenn der Kerwebaum steht, geben die Wingertsschützen eine Salve ab, damit gilt die Kerwe als eröffnet.

Am Dienstag der zweiten Woche endet das Fest. Am Abend wird der Kerwebaum abgesägt. Danach findet ein „Heimatabend“ im Weingut von Winning statt, er wird von verschiedenen Brauchtumsgruppen und Vereinen aus der Verbandsgemeinde Deidesheim mitgestaltet. Ein Programmpunkt des Abends ist die Versteigerung der Spitze des Kerwebaumes.

Einzelnachweise

  1. a b c d Heinz Schmitt: Geißbock, Wein und Staatsbesuche - Deidesheim in den letzten 150 Jahren. Verlag Pfälzer Kunst, Landau in der Pfalz 2000, ISBN 3-922580-82-3
  2. a b Kurt Andermann, Berthold Schnabel: Deidesheim - Beiträge zu Geschichte und Kultur einer Stadt im Weinland. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1995, ISBN 3-7995-0418-4
  3. Die Schätzung basiert auf Zählungen, die von der Tourist Service GmbH im Turnus von einigen Jahren an ausgewählten Stellen durchgeführt werden, und anschließendem Hochrechnen
  4. J. Keddigkeit: Die pfälzische Kerwe in: Feste und Festbräuche in der Pfalz, Kaiserslautern 1992
  5. http://www.kerwebuwe.de

Weblinks


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