Der Doktor Faust. Ein Tanzpoem

Der Doktor Faust. Ein Tanzpoem

Der Doktor Faust. Ein Tanzpoem ist eines der letzten Werke Heinrich Heines, veröffentlicht von seinem Verleger Julius Campe. Heine schrieb es um 1846 auf Bitten des Direktors des Her Majesty’s Theatre in London. Dieser plante für die aktuelle Saison noch ein Ballett, welches aber durch erfolgreiche Auftritte der Sängerin Jenny Lind, die „schwedische Nachtigall“ genannt, überflüssig wurde.

Original-Broschur des Erstdruckes

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Bereits in jungen Jahren faszinierte Heine GoethesFaust“. So kam es während seiner Harzreise 1824 zum Treffen der beiden, wobei Goethe zu Heines Enttäuschung sehr distanziert wirkte. In den darauffolgenden Jahren beschäftigte er sich mehrfach mit Faust, legte die Arbeiten aber 1826 nieder.

Erst während der Zeit der bis zu seinem Lebensende andauernden Matratzengruft besann sich Heine des Fauststoffes.

Julius Campe

Operndirektor Benjamin Lumley (1811–1875), von Théophile Gautier über Heines literarisches Mitwirken an dem seinerzeit erfolgreichen Ballett „Giselle“ informiert, besuchte 1846/47 Heine in seiner Pariser Wohnung. Lumley träumte schon damals von der Verarbeitung des Fauststoffes – einer „idèe originelle“. Von Ende November 1846 bis Anfang Februar 1847 schrieb Heine den Doktor Faust nieder. Nach dessen Übergabe am 28. Dezember schickte Heine am 27. Februar seine Erläuterungen für ein Programmheft.

Aufgrund innerer Streitereien der Choreografen und des anhaltenden Erfolges Jenny Linds wurde das Stück jedoch gestrichen; Heine erhielt dennoch eine hohe Abfindung von 240 Pfund. Das Werk sollte nun 1851 als viertes Buch der Gedichtsammlung Romanzero veröffentlicht werden. Da der Verleger Julius Campe aber die Massenwirksamkeit dieses Buches bezweifelte und das Gesamtwerk damit nicht zerstören wollte, erschienen die ersten 5000 Exemplare unter dem Titel „Der Doktor Faust. Ein Tanzpoem, nebst kuriousen Berichten über Teufel, Hexen und Dichtkunst“. Die Erstauflage hatte 106 Seiten.

Inhalt

1. Akt: Mitternacht

Faust vollführt eine Teufelsbeschwörung: Donner und Blitz, die Erde öffnet sich, Mephistophela erscheint. Faust, skeptisch und zögerlich zunächst, später interessiert und zunehmend fasziniert, lässt sich von der Teufelin das Tanzen lehren, was nach vergeblichen Versuchen letztlich gelingt. Die Erscheinung eines Trugbildes verführt ihn zum Teufelspakt: irdische Genüsse um den Preis seiner himmlischen Seligkeit. Ein teuflisches Ballett (mit den Höllenfürsten) feiert die Unterzeichnung.

2. Akt: Fürstenhof mit Herzog und Herzogin

Faust erkennt in der Gestalt der Herzogin das Trugbild. Beim innigen Tanz des Faust mit der Herzogin wird ihr Gemahl von Mephistophela durch einen Tanz abgelenkt. Ein Teufelsmal am Hals verrät die Herzogin als Zauberin, worauf Faust sie zum nächsten Hexensabbat einlädt. Der Herzog bemerkt den Flirt, die Situation eskaliert, Faust und Mephistophela fliehen.

3. Akt: Hexensabbat (Treffen der Unterwelt)

Maskierte Höllenwesen beten eine schwarze Bockstatue an und bieten Tänze dar. Faust und die Herzogin tanzen erneut und verschwinden für kurze Zeit im Gebüsch. Als sich diese danach dem schwarzen Bock hingibt, ist Faust angeekelt. Er und Mephistophela beschließen zu fliehen. Beim ersten Sonnenstrahl geht der schwarze Bock in Flammen auf – der Spuk ist zu Ende.

4. Akt: Eine Insel im Archipel

Faust und Mephistophela erreichen den Tempel der Aphrodite, wo Helena von Troja weilt. Faust sieht in ihr die reine Natürlichkeit und Schönheit, beide geraten beim Tanz zu zweit in Verzückung. Die Herzogin ist gefolgt; erzürnt beim Anblick der Tanzenden, verwandelt sie alles ins Hässliche und schwört Unwetter herbei. Faust, gestört in seinem Wahn und wutentbrannt, erdolcht sie. Er und Mephistophela fliehen vor den Fluten, die Insel versinkt.

5. Akt: Schützenumzug vor einer Kathedrale

Im Trubel verliebt sich Faust in die Bürgermeistertochter, hält um ihre Hand an, worauf Mephistophela den sich im Nu bildenden Brautzug stört, ein schreckliches Gewitter heraufbeschwört und Fausts Vertragsverpflichtungen einmahnt – dessen irdische Genüsse sind vorbei. Das Volk flieht in die nahe Kathedrale, Faust - nach vergeblichem Bemühen, das Unheil abzuwenden - bittet um Gnade. Mephistophela, als Schlange verwandelt, erdrosselt Faust. Die Erde öffnet sich, der teuflische Hofstaat verschwindet mit Faust in die Hölle.

Literatur

  • Heinrich Heine: Der Doktor Faust. Ein Tanzpoem. Bibliographisch ergänzte Ausgabe. Reclam, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-15-003605-1.
  • Max Niehaus: Himmel, Hölle und Trikot. Heinrich Heine und das Ballett. Nymphenburger Verlagshandlung, München 1959.
  • Roland Lillie: Der Faust auf der Tanzbühne. Das Faustthema in Pantomime und Ballett. Phil. Dissertation, Berlin 1967 (auch: Schön, München 1968).

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Doktor Faust — steht für: Johann Faust Die tragische Historie vom Doktor Faustus von Christopher Marlowe Doktor Faust (Busoni), eine Oper von Feruccio Busoni Der Doktor Faust. Ein Tanzpoem, ein Werk von Heinrich Heine Doktor Johannes Faust, Oper von Hermann… …   Deutsch Wikipedia

  • Faust als literarische Figur — Der Fauststoff gehört zu den am meisten verbreiteten Stoffen in der europäischen Literatur seit dem 16. Jahrhundert. Das lückenhafte Wissen über den historischen Johann Faust und sein spektakuläres Ende begünstigten Legendenbildungen und ließ… …   Deutsch Wikipedia

  • Faust — /fowst/, n. 1. Johann /yoh hahn/, c1480 c1538, German magician, alchemist, and astrologer. 2. the chief character of a medieval legend, represented as selling his soul to the devil in exchange for knowledge and power. 3. (italics) a tragedy by… …   Universalium

  • Faust, Doktor Georg — (nach andern Johannes), berühmter Schwarzkünstler, dessen sagenhaft ausgeschmückte Geschichte, ein Produkt des Reformationszeitalters, in der Literatur eine bedeutsame Rolle spielt. Die historische Person, die den Namen F. trug, lebte von etwa… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Docteur Faust — Faust Pour les articles homonymes, voir Faust (homonymie). Le docteur Faust est le protagoniste d un conte populaire allemand qui a été employé comme base de beaucoup d’œuvres de fiction. Ce conte relate le destin d un homme instruit, Faust, qui… …   Wikipédia en Français

  • Liste d'œuvres inspirées par le mythe de Faust — Article principal : Faust. La liste d œuvres inspirées par le mythe de Faust ci après donne, par discipline artistique et dans l ordre chronologique, le titre d œuvres ou d ouvrages dont les auteurs ont utilisé le personnage de Faust ou sa… …   Wikipédia en Français

  • Faustmotiv — Der Fauststoff gehört zu den am meisten verbreiteten Stoffen in der europäischen Literatur seit dem 16. Jahrhundert. Das lückenhafte Wissen über den historischen Johann Faust und sein spektakuläres Ende begünstigten Legendenbildungen und ließ… …   Deutsch Wikipedia

  • Fauststoff — Faust im Studierzimmer (Gemälde von Georg Friedrich Kersting, 1829) Der Fauststoff, die Geschichte des Doktor Johannes Faustus und seines Pakts mit Mephistopheles, gehört zu den am weitesten verbreiteten Stoffen in der europäischen Literatur seit …   Deutsch Wikipedia

  • Historia von D. Johann Fausten — Der Fauststoff gehört zu den am meisten verbreiteten Stoffen in der europäischen Literatur seit dem 16. Jahrhundert. Das lückenhafte Wissen über den historischen Johann Faust und sein spektakuläres Ende begünstigten Legendenbildungen und ließ… …   Deutsch Wikipedia

  • Christian Johann Heinrich Heine — Heinrich Heine, 1831, Gemälde von Moritz Daniel Oppenheim Heinrich Heines Unterschrift Christian Johann Heinrich Heine (* 13. Dezembe …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”