- Der Jud' im Dorn
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Der Jude im Dorn ist ein antisemitisches Märchen, das in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 110 enthalten ist (Märchentyp 592 nach Aarne und Thompson).
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Ein guter Knecht bekommt von seinem geizigen Herrn nach drei Jahren nur drei Heller ausbezahlt und gibt sich zufrieden, weil er von Geld nichts versteht. Er begegnet einem kleinen Männchen, das ihm das Geld abbittet und ihm, als es sein gutes Herz sieht, drei Wünsche gewährt. Er wünscht sich ein Vogelrohr, das alles trifft, eine Geige, zu deren Musik jeder tanzen muss und dass ihm niemand einen Wunsch abschlagen kann. Er begegnet einem Juden, dem er mit dem Vogelrohr einen Vogel vom Baum schießt. Als der aber durch die Dornen kriecht, um den Vogel zu holen, lässt der Knecht ihn tanzen. »Gotts willen, schrie der Jud’, laß der Herr sein Geigen seyn, was hab’ ich verbrochen?« Die Leute hast du genug geschunden, dachte der lustige Knecht; so geschieht dir kein Unrecht, und spielte einen neuen Hüpfauf. Da legte sich der Jud’ auf Bitten und Versprechen und wollte ihm Geld geben, wenn er aufhörte, allein das Geld war dem Knecht erst lange nicht genug und trieb ihn immer weiter, bis der Jud’ ihm hundert harte Gulden verhieß, die er im Beutel führte und eben einem Christen abgeprellt hatte. Wie mein Knecht das viele Geld sah, sprach er: »unter dieser Bedingung ja,« nahm den Beutel und stellte sein Fiedeln ein; darauf ging er ruhig und vergnügt weiter die Straße. Der Jude läuft zum Richter, der den Knecht einfangen und zum Tode verurteilen lässt. Auf dem Schafott bittet sich der Knecht aus, noch einmal seine Geige spielen zu dürfen, worauf der ganze Marktplatz so lang und so wild tanzen muss, bis er freigesprochen wird. Unter der Drohung des Knechts, er werde erneut aufspielen, gesteht der Jude, das Geld gestohlen zu haben, und wird gehängt.
Herkunft
Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm enthalten das Märchen seit dem zweiten Teil der Erstauflage von 1815 (da Nr. 24, Titel: Der Jud' im Dorn) als Nr. 110. Laut der Anmerkungen der Brüder Grimm beruht es auf der Komödie Historia von einem Bawrenknecht von Albrecht Dietrich (dort heißt der Knecht Dulla und der Jude ist ein Mönch) und einem „Fastnachtspiel von Fritz Dölla“ von „Ahrer“. Sie bringen ihn mit Till Eulenspiegel in Verbindung. Daneben verwendeten sie eine „ganz einfache Erzählung aus dem Paderbörnischen“ (Familie von Haxthausen) und eine „aus Hessen“. Letztere beginnt wie die Dummlingsmärchen, der jüngste wünscht sich „einen Hut, der aus der Irre auf den rechten Weg führt, einen Wünschring, eine Geige, die alles zum Tanzen zwingt“ und macht am Schluss alle reich.
„Die Sage vom Tanzen in den Dornen“ sei „sehr verbreitet“, sie erwähnt Der liebste Roland. Zum rettenden letzten Wunsch bei der Hinrichtung vgl. Das blaue Licht.
Literatur
- Grimm, Brüder: Kinder- und Hausmärchen. Vollständige Ausgabe. Mit 184 Illustrationen zeitgenössischer Künstler und einem Nachwort von Heinz Rölleke. S. 534-541. Düsseldorf und Zürich, 19. Auflage 1999. (Artemis & Winkler Verlag; Patmos Verlag; ISBN 3-538-06943-3)
- Grimm, Brüder: Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm. Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Auflagen veröffentlichter Märchen und Herkunftsnachweisen herausgegeben von Heinz Rölleke. Band 3: Originalanmerkungen, Herkunftsnachweise, Nachwort. Durchgesehene und bibliographisch ergänzte Ausgabe, Stuttgart 1994. S. 203-204, S. 488-489. (Reclam-Verlag; ISBN 3-15-003193-1)
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