Deutsche Turnerschaft

Deutsche Turnerschaft
Deutsche Turnerschaft Fahne

Die Deutsche Turnerschaft (DT) war von 1868 bis 1936 der Dachverband der bürgerlichen[1] Turnvereine in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Die Turnbewegung, die sich auf den „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn gründete, sah sich nie als nur sportliche Organisation, sondern hatte immer auch eine politisch-bürgerlich-nationale Komponente. So waren neben den Burschenschaften auch die Turnerschaften (vielfach gab es auch Personalunion) führend an der bürgerlichen Revolution von 1848 beteiligt. Der erste Turnplatz wurde von Jahn, der die Turnerei vor allem als „Leibeserziehung“ sah, 1811 auf der Berliner Hasenheide erbaut. Bald folgten nach seinem Vorbild Turnplätze in anderen Städten Deutschlands und in der Folge auch Vereine, die dort einen regelmäßigen Betrieb organisierten, so z.B. der älteste noch existierende Sportverein der Welt, die Hamburger Turnerschaft von 1816.

Geschichte der DT

Die Deutsche Turnerschaft wurde 1868 von Theodor Georgii und Ferdinand Goetz als Zusammenschluss der Turnvereine in Deutschland und auch der deutschen Turnvereine im nahegelegenen Ausland (z.B. in Prag) gegründet. Georgii wurde erster Vorsitzender und Goetz, hauptberuflich Arzt in Lindenau (Leipzig), ehrenamtlicher Geschäftsführer. Ab 1895 war Ferdinand Goetz bis zu seinem Tode 1915 Vorsitzender. Goetz war dabei ein strikter Gegner jeden Wettkampfgedankens, konnte sich damit aber auf Dauer in der DT nicht durchsetzen.

Die Arbeiterturnvereine, die sich nach Aufhebung des Sozialistengesetzes ab 1890 gründeten, traten der DT nicht bei, sondern gründeten 1893 den Arbeiter-Turnerbund (ATB). Diese Trennung war auch von der DT, die sich als rein bürgerlicher Verband empfand, gewollt. Goetz galt als einer der schärfsten Kritiker des Arbeitersports, dem er die notwendige sittliche und nationale Reife absprach.

1924 kam es auch zum Bruch der Deutschen Turnerschaft mit den anderen Sportspitzenverbänden: Auf ihrem Reichstreffen beschloss die DT die „reinliche Scheidung von Turnern und Sportlern“, die damit begründet wurde, dass die übrigen Sportverbände (vor allem die Ballsportverbände) sich nicht auch als politische, sondern lediglich als sportspezifische Verbände verstanden. Politisch war dabei zwar nicht als parteipolitische Ausrichtung der DT verstanden worden, Turner gehörten allen politischen Parteien rechts der SPD an (Sozialdemokraten und Kommunisten waren im Arbeitersport organisiert), trotzdem kann die DT zumindest in ihrer Breite als eine Deutschnationale Organisation verstanden werden. Mit der „reinlichen Scheidung“ mussten alle Turnvereine, die der DT angehörten, aus den übrigen Sportfachverbänden ausscheiden. Viele der bürgerlichen Turnvereine spalteten sich darauf hin, weil vor allem Fußballer, Handballer und Leichtathleten eigene Vereine gründeten.

Anlässlich der Deutschen Kampfspiele in Nürnberg wurde am 27. Juli 1934 die Neuordnung des gesamten Turn- und Sportwesens im Deutschen Reichsbund für Leibesübungen verkündet; der Bereich Turnen bildete hierin das „Fachamt I“. Der DT war damit faktisch aufgelöst, die formale Auflösung folgte zwei Jahre später auf Beschluss eines außerordentlichen Turntages in Berlin am 18. April 1936 zum 30. September des selben Jahres.

Nachfolgeorganisationen

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in der Bundesrepublik Deutschland als Nachfolgeorganisation der DT der Deutsche Turner-Bund (DTB) gegründet, der auch dem Deutschen Sportbund (DSB) beitrat, so dass die „reinliche Scheidung“ zwischen Turnern und Sportlern ein Ende hatte. Da auch die während des Nationalsozialismus verbotenen Arbeitersportvereine, soweit sie überhaupt als solche wiedergegründet wurden, nunmehr den „bürgerlichen“ Fachverbänden beitraten, waren auch erstmals alle Turner unter einem Dach vereint.

In der DDR wurde der Deutsche Turnverband (DTV) als Teilverband des Deutschen Turn- und Sportbundes der DDR (DTSB) als neue Spitzenorganisation des Turnens gegründet. Dieser trat nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten 1990 dem DTB bei.

Sportarten

Geräteturnen und Turnspiele

Hauptsportart der in der DT zusammengeschlossenen Vereine war das Geräteturnen, dazu kamen später die so genannten Turnspiele wie Schlagball, Faustball, Prellball.

Andere Sportarten

In der Zeit der „reinlichen Scheidung“ wurden unter der Obhut der DT auch andere Sportarten wettkampfmäßig betrieben, um denjenigen Sportlern, die in den Turnvereinen verblieben waren und sich somit von ihren Fachverbänden getrennt hatten, die Ausübung ihres Sports weiter zu ermöglichen. Diese spielten teilweise eigene Deutsche Meisterschaften aus.

Fußball

Deutsche Fußballmeisterschaft der DT (Endspiele):

Die Fußballer der DT gründeten sogar eine Auswahl-Mannschaft, die zwei Länderspiele gegen die Niederländische Fußballnationalmannschaft bestritt (6. Juli 1927 in Köln 2:2, 24. Juli 1932 in Dortmund 5:0).

Handball

Bereits ab 1921 - und damit vor der reinlichen Scheidung - begann die DT Deutsche Meisterschaften im Feldhandball auszurichten. Ab 1931 spielten die DT-Meister dann Entscheidungsspiele gegen die Deutschen Handballmeister der Deutschen Sportbehörde für Leichtathletik aus (siehe Deutsche Handballmeister). Deutsche Handballmeister der DT wurden:

Rugby

Lediglich im Jahre 1928 führte die DT auch eine eigene Rugbymeisterschaft in Turnierform durch, die der Heidelberger Turnverein von 1846 für sich entscheiden konnte.

Siehe auch

Quellen

Literatur

  • Hartmut Becker: Antisemitismus in der Deutschen Turnerschaft. Academia Richarz, St. Augustin 1980 ISBN 3883453021
    • dsb.: Antisemitismus in der deutschen Turnbewegung vor dem 1. Weltkrieg. in: Stadion (Zeitschrift). Internationale Zs. für Geschichte des Sports, 15, 1989. S. 1 - 8

Einzelverweise

  1. Das heißt ausgenommen jene Vereine, die sich ab 1893 dem proletarischen Arbeiter-Turnerbund anschlossen.

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