Deutschordensmünster (Heilbronn)

Deutschordensmünster (Heilbronn)

49.1413888888899.21757Koordinaten: 49° 8′ 29″ N, 9° 13′ 3″ O

Kleiner Deutschhof mit Blick auf den Turm der Kirche

Das Deutschordensmünster im Deutschhof in Heilbronn ist eine katholische Kirche, die vom Deutschen Orden erbaut wurde, deren Ursprünge im 13. Jahrhundert liegen und die auf einen älteren Vorgängerbau zurückgeht.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Außenansicht zur Kirchbrunnenstraße vom Turm der Kilianskirche
Blick zum Chor und rechts durch die Turmkapelle in den Turmchor
Maurischer Schlussstein im Turmchor (13. Jhd.)

Die Kommende Heilbronn des Deutschen Ordens wurde 1225 gegründet. Die Konventsgebäude des Deutschhofs wurden in der Folgezeit errichtet, wobei die zur Kommende gehörende Kirche im 13. Jahrhundert zunächst als Marienkapelle bezeichnet wird. Da die Entstehungsgeschichte der Heilbronner Kirchen aus den Quellen nicht klar hervorgeht und unter der Kirche Fundamentreste eines Bauwerks aus dem 10./11. Jahrhundert gefunden wurden, könnte es sich bei dieser Marienkapelle eventuell um die Erweiterung einer bereits im 8. Jahrhundert bestehenden, früheren Michaelsbasilika handeln. Baugeschichtlich geklärt ist erst die Entwicklung der Deutschordenskirche nach der Stiftung des Deutschordenshauses.

Deutschhofkapelle St. Marien (13. Jahrhundert)

Um 1225 wird auf den Fundamenten und Kalksteinmauern eines Vorgängerbaues aus dem 11/12. Jahrhundert eine Ordenskirche aus Sandstein gebaut und der Heiligen Maria geweiht. Der eindrucksvolle spätromanische Turmchor dieser Anlage, der mit der ungefähr gleichzeitig erbauten Weinsberger Stadtkirche größte stilistische Ähnlichkeit aufweist, dürfte dabei entstanden sein. Im Turmchor steht ein romanischer Sarkophagaltar. Das Rippengewölbe in diesem Turmchor enthält einen maurischen Schlussstein.

Wallfahrtskirche Frauenkirche (14. Jahrhundert)

Die Ordenskirche wurde zu einer Wallfahrtskirche. Dadurch wurde 1350 eine Erweiterung nötig. Der jetzt bestehende Bau stellt diese Erweiterung dar, die man im Norden unmittelbar neben die ältere Anlage gesetzt hatte. Der Turmchor der romanischen Kapelle blieb zwar als Kirchturm der neuen Anlage erhalten, doch wurde das vorromanische Schiff zu der romanischen Turmchorkapelle aufgehoben, wobei es in den anschließenden Profanbauten aufging. Aus der Zeit der Gotik hat sich ein Secco links des Chorbogens erhalten.

Mutterkirche der Heilbronner Katholiken (1530)

1530 bekennen sich Rat und Bürgerschaft zur Augsburger Konfession. Somit werden die Stadt Heilbronn und die Pfarrkirche Heilbronns protestantisch. Die Liebfrauenkirche des Deutschhofes gilt nach der Reformation in Heilbronn als Zufluchtsort und Mutterkirche der Heilbronner Katholiken. Da der Rat der Stadt das Hauptportal der Liebfrauenkirche des Deutschhofes mit Ketten verriegeln ließ, schlichen die Heilbronner Katholiken über ein Seitenportal aus dem Deutschordensfriedhof in die Kirche hinein. Dieses Seitenportal wird seitdem „Schleichportal“ genannt.

St. Peter und Paul und Barockisierung (1720)

Portal, renoviert durch Speth 1696

Nachdem er zuvor schon verschiedentliche Renovierungen an der Kirche durchgeführt hatte, erhoffte sich der Heilbronner Komtur Georg Adolph von Speth vom baufreudigen Landkomtur Karl Heinrich von Hornstein in Ellingen, Sitz der Verwaltung der Deutschordensballei Franken, die Erlaubnis zu einer durchgreifenden Umgestaltung der Kommendekirche zu erhalten.[1] Der Landkomtur schien der Bitte des Heilbronner Komturs von Speth um eine Erneuerung nicht abgeneigt gewesen zu sein, denn er bat ihn, ihm einzelne Baumaßnahmen zu nennen. Am 18. April schrieb von Speth nach Ellingen und erklärte: „wegen der hiesigen Kirchen vorhabende Reparation [bin ich] allwegs... der Meinung....daß die Kirche mit einem Dachstuhl, Faciate, Portal und Fenster, von außen verputzet, gemacht würde...[außerdem sei es erforderlich] daß dastehende alte ohnformliche Kirchturm sonders dessen spitzige Dachtsuhl abgetragen, so dann um ein Stockwerk darauf gemauert, folgende mit einem welschen Kuppeldach gezieret werden muß.“ Hornstein antwortete dem Komtur am 29. April 1720 und versprach ihm, dass er zusammen mit seinem Baumeister Franz Keller den Umfang besprechen wolle, sobald dieser nach Ellingen zurück sei. Am 13. Mai erklärte von Hornstein, dass er die Sache mit seinem Baumeister besprochen habe und schlug vor, dass Keller „dieses Werk künftiges Jahr vorzunehmen habe.“ Als die gotische Liebfrauenkirche in eine Barockkirche umgewandelt wurde, wechselte vermutlich auch das Patrozinium zu St. Peter und Paul. Nach Auflösung des Deutschen Ordens übernahm 1806 der erste Diözesanpriester die Pfarrei.

Fassade

Fassade des Deutschordensmünsters

Gemäß dem Accord (Vertrag) sollte Keller den alten Dachstuhl abbrechen, die Hauptmauern um 15 Schuh erhöhen und das Langhaus mit einem steinernen Hauptgesims versehen. Darüber hinaus sollte er den „vorderen großen Giebel, als Faciat gegen die Stattgasse mit einem durchlaufenden und eingelassenen Hauptgesims samt einig Postamenten nicht weniger das Portal mit vier frei dastehenden Säulen, Gesimsen 3 grossen Wappen und anderer Zierung auch ein auswendig darinliegenden Treppe mit einer durchbrochenen Galerie alles von gehauenen Steinen machen.“ Kellers Aufriss zeigt uns die Faciaten gegen die Stattgassals eine hohe, nahezu ungegliederte Wand, die von seitlichen Lisenen eingefasst wird. Der Mittelteil der Fassade wird akzentuiert vom Portal und einem hohen spitzbogigen Fenster. Das profilierte Gesims verläuft nicht horiziontal, sondern schwingt in der Mitte über die Spitze des Fensters sementbogig auf. Die Giebellinie läuft, von seitlichen Postamenten ausgehend, in sanftem konkaven Schwung nach oben und endet in einem profilierten Giebeldreieck. Die Fassade erhielt als weiteren Akzent einen prächtigen Eingang. Über eine zweiläufige Freitreppe führt der Weg zu dem breiten, segmentbogig geschlossenen Portal. Flankiert wird es von schlanken kompositen Säule, die durch ihre enge Stellung ihre Verdoppelung etwas aufdringlich wirken. Sie tragen einen Architrav, einen gebauchten Fries und ein Gesims, das sich in der Mitte hochschwingt und damit das Motiv des geschwungenen Giebelgesimses aufnimmt. Auf dem Gesims befinden sich die Wappen von Hauskomtur, Landkomtur und Hochmeister des deutschen Ordens. Flankiert werden sie von Helmen, Harnischen und anderen Armaria des Ordens. Die Durchführung der Umbaumaßnahmen nach den Vorschlägen Franz Kellers erfolgte unter der Bauleitung von dessen jüngerem Bruder Johann Michael Keller der Ältere, der in Neckarsulm ansässig war: „an Baumeister Johan Michael Keller von Neccarsulm vor alle an besagter Kirche und Thurm.“ Eine kleine erhaltene barocke Seitenkapelle zeigt in einem Fresco ein Marienmonogramm. Der an die Kirche anschließende Deutschhof präsentiert sich mit einer zweistöckigen Barockfassade und drei Ziergiebeln, die Wilhelm Heinrich Behringer (* 1651 oder 1652; † 1716) entwarf.

Fresken

Innenansicht von 1900

Für die Ausmalung der Ordenskirch konnte der italienische Maler Luca Antonio Colomba gewonnen werden. Ihm wurde für „die fresco malerei in der Kirche am Chor, lanhaus und Kapelle oben am gewölb“ 1200 Gulden bezahlt. Die Ausmalung erfolgte ab Sommer 1722. Da das Münster des Deutschhofes zu Heilbronn früher nicht nur eine Marienkirche, sondern auch eine Heilig-Kreuz-Kirche des Deutschritterordens gewesen war, gab es für jedes der beiden Kuppelgewölbe im Münster eine Gruppe von Fresken:

Eine Gruppe war der Marienverehrung gewidmet. Die Gruppe bestand aus einem großen runden Mittelbild mit dem Thema Mariae Himmelfahrt und aus den folgenden vier Medaillonbildern, die das Mittelbild umgaben:

  • Maria Verkündigung mit der Inschrift: ecce ancilla Domini (siehe ich bin die Magd des Herrn)
  • Christi Geburt mit den Worten: Gloria in excelsis Deo (Ehre sei Gott in der Höhe)
  • Christus im Tempel mit der Inschrift: quaeretis me et non invenietis (ihr werdet mich suchen, aber nicht finden)
  • der hl. Geist, der auf Maria niederschwebt mit den Worten: sapientia aedificavit sibi domum (die Weisheit hat sich ein Haus gebaut)

Das Mittelbild der zweiten Gruppe zeigte Verehrung und Triumph des Kreuzes. Die es umgebenden Medaillonbilder zeigten:

  • Moses vor der Schlange am Stab mit den Worten: Non est in alio salus (In keinem anderen ist Heil)
  • David und Goliath mit der Inschrift: Omnis armatura fortium (Die ganze Waffenwehr der Starken)
  • Kreuz mit 5 Wunden mit den Worten: Pacificans per sanguinem crucis (er stiftete Frieden durch sein Blut am Kreuz)
  • Hl. Helena findet das Kreuz mit der Inschrift: Causa salutis nostrae (Ursache unseres Heils)

Neuzeit

Blick zur Empore

Am 4. Dezember 1944 wurde das Deutschordensmünster mit dem umliegenden Deutschhof beim Luftangriff auf Heilbronn zerstört. 1951 konnte zunächst die Kirche wiederaufgebaut werden, die weiteren Gebäude des Deutschhofs wurden in mehreren Bauabschnitten bis 1977 rekonstruiert. Beim Wiederaufbau der Kirche wurden die erhaltenen Teile in eine Rekonstruktion mit vereinfachten Formen integriert. Der gut erhaltene massive Turmunterbau weist noch viel originale Bausubstanz auf. Der ehemals barocke Ziergiebel und der Turmhelm wurden sachlicher ausgeführt. Die sogenannte Heilbronner Madonna, eine in den Trümmern der zerstörten Stadt aufgefundene geschnitzte Marienfigur aus dem 15. Jahrhundert, befindet sich seit 1978 auf einer Wandkonsole in der romanischen Turmkapelle.

1968 erfolgte eine erste Renovierung, bei der jedoch weitere Teile der erhaltenen historischen Ausstattung zerstört oder beschädigt wurden. Eine weitere Renovierung 1994/95 brachte viele künstlerisch und historisch wichtige Elemente zurück, die beim vereinfachten Wiederaufbau nach dem Krieg nicht berücksichtig worden oder die bei der vorangegangenen Renovierung untergeordnet worden waren.

1977 erhob der damalige Diözesanbischof Dr. Georg Moser die Kirche St. Peter und Paul in Heilbronn zum "Deutschordensmünster".

Weblinks

Literatur

  • Albert Laub: Die Heilbronner Deutschordenskirche im Wandel der Jahrhunderte. Selbstverlag des katholischen Stadtpfarramtes St. Peter und Paul, Heilbronn 1952
  • Klaus D. Koppal: Zu drei Problemen der Heilbronner Stadtgeschichte: Der Ortsname - der Rosenberg - die Kirchen in Hist. Verein Heilbronn, Jahrbuch 26 (1969), S.79ff.
  • Helmut Wild: Geologisch-morphologische Gesichtspunkte zur Lage des fränkischen Königshofes in Heilbronn in Hist. Verein Heilbronn, Jahrbuch 28 (1976), S.9ff.

Quellen

  1. Joachim Hennze: Zum Umbau und der Neuausstattung der ehemaligen Deutschordenskommendekirche St. Peter und Paul in Heilbronn von 1720 bis 1725. In: Historischer Verein Heilbronn, Jahrbuch für schwäbisch-fränkische Geschichte 32/1992

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