Die Bergung des Heiligen Markus

Die Bergung des Heiligen Markus
 
Die Bergung des Leichnams des Heiligen Markus
Jacopo Tintoretto, zwischen 1562 und 1566
Öl auf Leinwand, 398 cm × 315 cm
Accademia (Venedig)

Die Bergung des Leichnams des Heiligen Markus ist der Titel eines Gemäldes des venezianischen Malers Jacopo Tintoretto aus den Jahren 1562 bis 1566. Es hängt in den Gallerie dell'Accademia (Galerien der Akademie) in Venedig. Die nebenstehende Abbildung zeigt den Zustand des Werkes nach der 1949 erfolgten Restauration, durch die ein übermalter Scheiterhaufen im Hintergrund wieder sichtbar gemacht wurde.

Im Jahr 1562 beauftragte Tommaso Rangone, Hochmeister der Scuola Grande di San Marco in Venedig, Jacopo Tintoretto, mit der Darstellung der Wunder des Heiligen Markus für die Ausschmückung der Räumlichkeiten der Scuola. Neben der Bergung entstanden außerdem Die Auffindung des Leichnams des Heiligen Markus (Pinacoteca di Brera, Mailand) sowie Die Rettung eines Sarazenen. Dass Markus und seine Wunder Thema der Gemälde sind, lässt sich durch seinen Status als Stadtpatron Venedigs und durch seine Funktion als Titelheiliger der Scuola begründen.

Inhaltsverzeichnis

Bildbeschreibung

Die Bergung zeigt eine Episode der Legende vom Martyrium des Evangelisten Markus im heidnischen Alexandria im Jahre 62. Dargestellt ist der Moment, als die Christen während eines plötzlich aufkommenden Gewittersturms sich seines Leichnams bemächtigen, nachdem ihn die Heiden bereits auf den Scheiterhaufen gelegt hatten.[1]

Im Vordergrund sieht man eine Gruppe von sieben Personen und ein Kamel, die sich auf einem weit in die Tiefe reichenden Platz befinden, der von Architektur umschlossen ist. Laut Legende befindet sich dieser Platz in Alexandria, er erinnert aber an den Markusplatz in Venedig und trägt auch die charakteristische venezianische Pflasterung aus Ziegelstein und istrischem Kalkstein.[2] Links im Mittelgrund flüchten Menschen in hellen Gewändern in die Arkaden der begrenzenden Gebäude, um sich vor dem Gewitter zu schützen. Am Ende des Platzes sieht man frontal ein weiteres Gebäude, vor dem ein großer Reisighaufen zu erkennen ist. Über den weißen Gebäuden hebt sich kontrastreich ein tief dunkler, von Wolken besetzter und Blitzen durchzuckter Himmel ab, der von leicht Rosa bis hin zu Blutrot gefärbt ist.

Die Personen rechts im Vordergrund, die den leblosen Körper des Heiligen Markus tragen, sind die Christen, die den Heiligen forttragen, um ihn beizusetzen. Der Leib des Toten bildet eine diagonale Achse, so dass der Eindruck entsteht, dass die Personen sich mit ihrer Last aus dem Bild hinausbewegen. Links neben ihnen erkennt man zwei am Boden liegende Personen, von denen die eine den Zügel des Kamels, die andere ein großes Tuch festhält. Zügel und Tuch bilden Parallelen zu den Fluchtlinien der Architektur; das links aus dem Bild wehende Tuch betont die Achse der Flüchtenden und verstärkt deren Bewegung in Windeseile.

Die Bildthematik entspricht in ihrer Ausführung der Legenda Aurea. Dort wird beschrieben, wie Markus, der Evangelist, an einem Seil zu Tode geschleift wurde. Kurz darauf folgt eine Passage, die das Bildgeschehen in Tintorettos Gemälde treffend beschreibt:«Nun wollten die Heiden ihn verbrennen. Aber siehe, da rauschte es in den Lüften, und fuhr Hagel hernieder, und rollten die Donner und zuckten die Blitze, also dass jedermann zu entrinnen trachtete, und ließen den heiligen Leib unversehrt liegen. Da nahmen ihn die Christen und bestatten ihn in der Kirche mit großer Würdigkeit» [3]

Restaurierungen

Zehn Jahre hing das Gemälde in einem Saal der Scuola bevor es schließlich zurückgesandt wurde. Im 19. Jahrhundert wurden gravierende Veränderungen vorgenommen. Man hat das Gemälde links und rechts beschnitten und am oberen und unteren Bildrand Bildfläche angefügt. Vorher konnte man in der oberen linken Bildecke noch die zum Himmel aufsteigende Seele des Heiligen erkennen. Dargestellt wurde sie durch eine dem leblosen Markuskörper nachempfundenen Akt, der in seiner Schräglage die Richtung des getragenen Heiligen wieder aufnahm. Unter ihm sah man zwei Heiden, einer davon am Boden liegend, die sich um ein schützendes Tuch stritten. Kopf und Oberkörper des einen kann man noch heute in der linken unteren Bildecke erkennen. Außerdem hat man den Scheiterhaufen im Bildhintergrund übermalt. In der Mitte des 20. Jahrhunderts hat man diese Veränderung zurückgenommen und den Scheiterhaufen wieder sichtbar gemacht.

Die besondere Stellung des Auftraggebers im Bild

Der Auftraggeber Tommaso Rangone hat sich in der Bergung wie auch in den anderen zwei Gemälden des Zyklus verewigen lassen. Er befindet sich als Figur fast im Mittelpunkt des Gemäldes, als der Mann, der den Kopf des Heiligen stützt. Er sticht aber nicht nur wegen seiner zentralen Position aus dem Bild heraus, sondern auch, weil er eine edle Toga trägt, die ihn von den anderen Figuren im Bild unterscheidet. Zwar war es üblich Mitglieder der Scuole in Gemälde zu integrieren, meist jedoch unauffällig und in Gruppen. Rangone bildet somit eine Ausnahme.

Anmerkungen

  1. Pietro Paoletti hingegen beschreibt in seinem Buch, „La Scuola Grande di San Marco“, dass die Darstellung den Moment der so genannten Translatio Santi Marci, also San Marcos Überführung von Alexandria nach Venedig zeigt. Ihm zufolge wird der Heilige Markus von zwei venezianischen Kaufmännern, Bonus di Malamocco und Rustico di Torcello, zu einem Schiff getragen mit dem er nach Venedig gebracht werden soll.
  2. Näheres dazu in der Legenda Aurea sowie in Roland Krischels Monografie von 1994
  3. Näheres dazu in der Legenda Aurea des Jacobus de Voraigne.

Literatur

  • Francesco Valcanover: Die Galerien der Accademia. Venezia: Storti 1981; S. 52
  • Tom Nichols: Tintoretto. Tradition and Identity. London: Reaktion Books 1999; S. 139–149
  • Pietro Paoletti: La Scuola grande di San Marco. Venezia: 1929
  • Carlo Bernari: L´Opera completa del Tinoretto. Milano: Rizzoli Ed. 1987

Weblinks

  •  Commons: Jacopo Tintoretto – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
    (dort auch eine Abbildung des Gemäldes vor der Restaurierung)

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