Die Stadt hinter dem Strom

Die Stadt hinter dem Strom

Die Stadt hinter dem Strom ist ein 1947 in Berlin erschienener Roman des Schriftstellers Hermann Kasack. Das existentialistische Werk steht in der Tradition von Kubins Roman Die andere Seite und gehört zu den bedeutenden Romanen der deutschen Nachkriegsliteratur. Der Autor erhielt 1949 für dieses Werk den Fontane-Preis. Hans Vogt komponierte nach dem Werk eine Oper in 3 Akten, welche am 3. Mai 1955 in Wiesbaden uraufgeführt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Hauptfigur des Romans ist der Orientalist Dr. Robert Lindhoff, der durch einen unklaren Auftrag mit dem Zug in eine fremde Stadt reist. Diese stellt sich für ihn rätselhaft und undurchschaubar dar, er begegnet Menschen, die in seiner Erinnerung eigentlich bereits verstorben sind, unter anderem seinem Vater und seiner ehemaligen Geliebten Anna.

Lindhoff wird als offizieller Chronist der Stadt eingestellt, um die Gebräuche und Geschichte der Stadt festzuhalten. Diese erschließen sich ihm jedoch nicht, die Personen denen er auf seinen Streifzügen begegnet, verrichten sinnlose Tätigkeiten, ohne erkennbaren Nutzen. Schließlich erkennt der Protagonist, dass er sich in einem Reich der Toten befindet. Es ist für ihn unmöglich, seinen Auftrag, eine Chronik zu verfassen, auszuführen, doch diese schreibt sich auf übernatürliche Art selbst.

Der Roman schließt sich kreisförmig, wenn Robert Lindhoff am Ende des Romans wieder in einem Zug sitzt und, diesmal als Toter, in die Stadt hinter dem Strom reist.

Entstehung und Kritik

Hermann Kasack beschreibt die Entstehung des Werkes als Folge einer Schreckensvision:

Ich sah die Flächen einer gespenstischen Ruinenstadt, die sich ins Unendliche verlor und in der sich die Menschen wie Scharen von gefangenen Puppen bewegten.

Der Roman entstand in zwei Teilen, zunächst während des zweiten Weltkrieges 1942-44, sowie in den Nachkriegsjahren 1946/47. Eine gekürzte Fassung erschien vor der Veröffentlichung in der Berliner Zeitung Der Tagesspiegel.

Der Roman wird als eines der wichtigsten Werke der inneren Emigration bezeichnet, da sich Kasack, anders als viele seiner Kollegen, nicht zur Emigration aus dem nationalsozialistischen Deutschland entschlossen hatte.

Nach seinem Erscheinen wurde der Roman begeistert aufgenommen und in den Folgejahren in mehrere Sprachen übersetzt. Man interpretierte die geisterhafte Stimmung der Stadt, an der Schwelle zwischen Welt und Unterwelt, als ein Gleichnis für die Stimmung in Deutschland in den letzten Kriegsjahren. Wie andere Nachkriegsschriftsteller beschäftigt sich Kasack mit der Hilflosigkeit des Individuums in Konfrontation mit Grenzsituationen. Damit verbunden wird die Frage nach dem Wesen der eigenen Existenz.

Literatur

Ausgaben

  • Berlin 1946 (gekürzte Fassung im Tagesspiegel);
  • Berlin 1947;
  • Frankfurt am Main 1960 (Suhrkamp, durchgesehene Fassung 1956);
  • München/Zürich 1964 (Knaur, Taschenbuch);
  • Frankfurt am Main 1983 (Suhrkamp, "Weiße Reihe");
  • Frankfurt am Main 1988 (Suhrkamp, Band 296 der Bibliothek Suhrkamp);
  • Leipzig 1989.

Übersetzungen

  • Staden bortom floden, Stockholm 1950;
  • La ville au delà du fleuve, Paris 1951;
  • La città oltre il fiume, Milano 1952;
  • Kaupunki virran takana, Helsinki 1952;
  • The city beyound the river, London, New York, Toronto 1953;
  • Byen og elven, Oslo 1954;
  • La ciudad detras del rio, Buenos Aires;
  • ferner existieren eine chinesische und eine japanische Ausgabe.

Sekundärliteratur

Dies ist nur eine Auswahl; eine vollständige Liste findet sich bei der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam, siehe unten im Abschnitt "Weblinks".

  • Hermann Kasack: Die Stadt hinter dem Strom. Eine Selbstkritik, Die Welt (Hamburg), Nr. 142, 29. November 1947, S. 2.
  • Wolfgang Kasack: Hermann Kasack. "Die Stadt hinter dem Strom" in der Kritik. Eine Bibliographie der wichtigsten Aufsätze und Besprechungen., zusammengestellt für die Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Stuttgart 1952.
  • Lothar Fietz: Strukturelemente der hermetischen Romane Thomas Manns, Hermann Hesses, Hermann Brochs und Hermann Kasacks, Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 40, 1966, S. 161-183.
  • Ehrhard Bahr: Metaphysische Zeitdiagnose: Hermann Kasack, Elisabeth Langgässer und Thomas Mann, in: Gegenwartsliteratur und Drittes Reich, hrsg. von H. Wagner, Stuttgart 1977, S. 133-162.
  • Gene O. Stimpson: Zwischen Mystik und Naturwissenschaften. Hermann Kasacks "Die Stadt hinter dem Strom" im Lichte des neuen Paradigmas, Europäische Hochschulschriften, Reihe 1 - 1503, Frankfurt am Main 1995.
  • Mathias Bertram: Literarische Epochendiagnosen der Nachkriegszeit. In: Deutsche Erinnerung. Berliner Beiträge zur Prosa der Nachkriegsjahre (1945-1960). Herausgegeben von Ursula Heukenkamp, Berlin 2000, S. 11-100.

Weblinks


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