Diener Gottes

Diener Gottes
Ganzkörperreliquie des Seligen Wilhelmus Eiselin (1564-1588)

Seligsprechung oder Beatifikation (lat.: beatus „glücklich, selig“, facere „machen, tun“) nennt man nach dem Kirchenrecht der römisch-katholischen Kirche die feierliche Erklärung, dass ein verstorbener Christ von Gott in die Schar der Heiligen bzw. Seligen aufgenommen worden ist. Im Unterschied zur Heiligsprechung wird durch die Seligsprechung jedoch nur eine lokale öffentliche Verehrung dieser Personen gestattet. Diese Praxis der Seligsprechung wird bei Menschen angewandt, die ein besonders vorbildhaftes Leben geführt haben.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Die Seligpreisungen sind Teil der Bergpredigt Jesu nach Matthäus 5 und Lukas 6. In ihnen preist Jesus die im Geiste armen, Arme, Leidtragende, Hungernde, Weinende, um Christi Willen Verfolgte und nach Gerechtigkeit Dürstende ebenso wie Barmherzige, nicht Verdammende, Vergebende, Sanftmütige, Friedfertige und Menschen mit reinem Herzen glücklich und verheißt ihnen das Reich Gottes als vollkommene Lebenserfüllung, derer sie sich schon jetzt freuen können.

Im Sprachgebrauch der römisch-katholischen Kirche sind Selige Personen solche, denen man zuschreibt, sie seien Menschen, die nach ihrem Tod in die selige Anschauung Gottes gelangt seien. Der Begriff hat in vielfältiger Weise Eingang in die Umgangssprache gefunden.

Geschichte

Eine Seligsprechung war ursprünglich ein diözesaner Heiligsprechungsprozess. Als verehrungswürdiger galten jedoch jene Verstorbenen, die in das Martyrologium Romanum, den römischen Heiligenkalender, aufgenommen worden waren. In späterer Zeit wurden auch die diözesanen Seligsprechungen von Rom übernommen.

Ablauf

Voraussetzungen für die Einleitung des Seligsprechungsprozesses sind der „Ruf der Heiligkeit“ (fama sanctitatis) und der „Ruf der Wundertätigkeit“ (fama signorum), die der Kandidat unter den Gläubigen genießen muss. Der „Ruf der Heiligkeit“ kann sich dabei nach Ansicht der Kirche nach einem Märtyrertod bilden oder durch die von Glaube, Liebe, Hoffnung und den Kardinaltugenden geprägte Lebensweise des Seligzusprechenden entstehen.[1]

Einer Seligsprechung geht der sogenannte Seligsprechungsprozess voraus. Hier geht es vor allem um die Prüfung der Lebensführung des Seligzusprechenden und um die Untersuchung eines ihm zugeschriebenen Wunders. Der sogenannte „promotor justitiae“ („Förderer der Gerechtigkeit“, bis 1983 Advocatus Diaboli) hat dabei die Aufgabe, Tatsachen und Ereignisse herauszufinden, die einer Seligsprechung entgegenstehen.

Ein Seligsprechungsprozess darf nach kirchenrechtlichen Bestimmungen frühestens fünf Jahre nach dem Tod der betreffenden Person eröffnet werden. Der Papst kann von dieser Regel aber dispensieren, was in neuerer Zeit bei Mutter Teresa von Kalkutta (1999, nach zwei Jahren), Papst Johannes Paul II. (2005, nach nur drei Monaten) und der Fátima-Seherin Lúcia dos Santos (2008, nach drei Jahren) der Fall war. Ein Seligsprechungsprozess dauert in der Regel mehrere Jahrzehnte, in Ausnahmefällen nur wenige Jahre. Die Seligsprechung ist nach heutigem Kirchenrecht die Vorstufe zu einer Heiligsprechung.

Kandidaten, für die ein Seligsprechungsverfahren eröffnet wurde, werden als „Diener Gottes“ bezeichnet. Wem im Prozessverlauf als erstem Schritt der „heroische Tugendgrad“ attestiert wird, darf „verehrungswürdig“ („venerabilis“) genannt werden.

Papst Benedikt XVI. ist zur bis 1975 üblichen Praxis der Kirche zurückgekehrt, Seligsprechungen durch den Präfekten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse oder auch einen anderen beauftragten Bischof in den jeweiligen Diözesen oder einem anderen geeigneten Ort vorzunehmen. Dies kann als Schritt gewertet werden, die Seligsprechungen wieder mehr zu dezentralisieren. Sie hat den Vorteil, dass die Feier z.B. am Grab des Seligen stattfinden kann und die Teilnahme nicht einigen wenigen Rompilgern vorbehalten bleibt. Nur auf ausdrücklichen Wunsch des jeweiligen Bischofs, oder bei römischen Seligen, findet künftig eine Seligsprechung in Rom statt. Die Proklamation erfolgt gewöhnlich im Rahmen einer Eucharistiefeier.

Sichtweise im Protestantismus

Der Protestantismus kennt weder Selig- noch Heiligsprechungsprozesse, und die katholische Praxis wird hier durchaus kritisch betrachtet. Für Protestanten gilt der Lehrsatz Martin Luthers, der Mensch sei „Gerechtfertigter und Sünder zugleich“ (simul iustus et peccator) und kein Mensch könne ohne Sünde sein. Die Kritik wendet sich insbesondere gegen die Betonung der persönlichen Tugenden (Gerechtmachung durch Werke statt durch Glauben; Luther: Sola fide („Allein durch den Glauben“)), die Anrufung von Verstorbenen als Fürsprecher und ihre liturgische Verehrung.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kurt Breitsching: „Wie wird man ein/e Heilige/r? Ein kurzer Überblick über das Selig- und Heiligsprechungsverfahren der katholischen Kirche.“ Stand: 16. Juni 2003. URL: http://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/html/385.html (Zugriff am 22. Mai 2008)

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