Dithmarscher Mehlbeutel

Dithmarscher Mehlbeutel
Dithmarscher Mehlbeutel mit Speckstreifen und Kirschen

Der Mehlbeutel (Mehlbüddel) ist ein traditionelles Gericht der Schleswig-Holsteiner Küche und Hamburger Küche. Es handelt sich um einen Serviettenkloß, der - aus dem Pudding der englischen Küche übernommen - sich ab dem späten 17. Jahrhundert in Norddeutschland verbreitete. Besonders konnte er sich in Dithmarschen verbreiten, wo er die Stellung eines Nationalgerichts einnahm.

Der Dithmarsche Mehlbeutel ist ein salziger, mit etwas Zitronenschale gewürzter und mit Eiern gelockerter Mehlkloß, bei dem der Teig in ein Tuch eingeschlagen in einem Topf gart. Serviert wird der Mehlkloß mit Zucker, flüssiger Butter und Scheiben von Schweinebackenfleisch.

Für Festtage wurde dem Teig für den Dithmarschen Mehlbeutel neben einer größeren Anzahl von Eiern auch noch Korinthen und Rosinen untergehoben um einen sogenannten "Bunten Mehlbeutel" zu erschaffen.[1]

Die Puddinge konnten sich in Deutschland zuerst in den Städten der deutschen Nordseeküste verbreiten. Erste Rezepte für "Püdding oder Mehlbeutel" tauchten 1683 bei Böckler und 1697 bei Maria Sophia Schellhammerin auf. Sie bestanden aus Mehl, relativ vielen Eiern und verschiedenen Geschmacksträgern wie beispielsweise Speck oder Rosinen.[1]

Mit der Popularität die England und englische Lebensart insbesondere im Hamburg des 18. Jahrhunderts genoß, gewann auch die englische Küche an Popularität, wobei der Pudding als inbegriff derselben galt. In der gutbürgerlichen Küche konnte er sich als Pastetenersatz behaupten, bis er Ende des 19. Jahrhunderts aus der Mode kam. Vom Nordseeraum aus, verbreitete sich der Serviettenknödel durch ganz Deutschland, so dass er sich Ende des 18. Jahrhunderts deutschlandweit in Kochbüchern verbreiten konnte. In die Volksküche vordringen konnte er jedoch nur in einem Bereich in Thüringen und Franken als Serviettenknödel und im norddeutschen Raum um Hamburg als Mehlbeutel. Insbesondere in Bremen, Hamburg und Holstein konnte sich der Mehlbeutel als Bestandteil zahlreicher Fest- und Alltagsmahlzeiten etablieren. Im Gegensatz zum süddeutschen Raum folgte in Norddeutschland der Kloß dem Mehlbeutel in der Beliebtheit.[1]

In Dithmarschen ist der Mehlbeutel ab 1755 belegt. Da er sich dort in einer Zeit wirtschaftlichen Wohlstandes verbreitete, in der Dithmarscher Seefahrer die Küsten Westeuropas bis zur iberischen Halbinsel befuhren, ist wahrscheinlich, dass sie das Gericht nicht nur aus den Hansestädten, sondern auch direkt aus England übernahmen. Dort konnte er sich in einer einzigartigen Vielfalt entwickeln, die zu einer regelrechten "Mehlbeutelhierarchie" führte. Während der Mehlbeutel im übrigen Norddeutschland Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts aus der Mode kam, konnte er sich in Dithmarschen bis heute verbreiten und ist deshalb auch als Dithmarscher Mehlbeutel bekannt.[1]

Anmerkungen

  1. a b c d Wiegelmann S. 195-205

Literatur

  • Günter Wiegelmann, Barbara Krug-Richter: "Alltags- und Festspeisen in Mitteleuropa: Innovationen, Strukturen und Regionen vom späten Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert", Waxmann Verlag 2006, ISBN 3830914687

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