- Drehstromübertragung Lauffen-Frankfurt
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Die Drehstromübertragung Lauffen-Frankfurt war die erste Übertragung elektrischer Energie mit hochgespanntem Drehstrom. Sie fand am Dienstag, dem 25. August 1891 um 12 Uhr mittags anlässlich der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung in Frankfurt am Main statt und wurde dort als Kraftübertragung Lauffen-Frankfurt präsentiert. Der erste Probelauf war bereits am Tag zuvor geglückt.
Der Generator mit 220,6 kW (300 PS) dieser Anlage befand sich im Zementwerk von Lauffen am Neckar. Der erzeugte Drehstrom (55 V, 40 Hz) wurde auf 15 kV (später 25 kV) hochtransformiert und über eine 176 km lange Freileitung nach Frankfurt am Main weitergeleitet, wo man damit mehr als 1000 Glühlampen versorgte und mit einem 73,5 kW (100 PS) starken Elektromotor eine Pumpe für einen künstlichen Wasserfall antrieb.
Inhaltsverzeichnis
Streckenverlauf
Die Freileitung folgte hauptsächlich Eisenbahnstrecken. Vom Lauffener Kraftwerk überquerte die Leitung von der Insel aus zunächst den Neckar, um auf die gegenüberliegende Frankenbahn zu stoßen. Von dort aus folgte sie dem Gleis bis Jagstfeld und wechselte auf die Neckartalbahn. Ab Eberbach begleitete sie die Odenwaldbahn bis Hanau und ab dort die Frankfurt-Hanauer Eisenbahn bis zum Ausstellungsareal 1000 Meter vor dem neuen Frankfurter Hauptbahnhof. Die fünf Tunnel mussten weiträumiger umgangen werden, was insgesamt einen ca. sieben Kilometer längeren Streckenverlauf gegenüber dem Schienenweg erforderlich machte. Auf badischem Territorium mussten die Masten als Sicherheitsauflage zusätzlich umzäunt werden.
Die dreiphasige Freileitung erforderte etwa 3.000 Masten, 9.000 Öl-Isolatoren und 60 Tonnen Kupferdraht mit 4 mm Durchmesser. Der Leitungsverlust betrug – für damalige Verhältnisse – nur sensationelle 25 %. Im späteren Betrieb mit 25 kV konnte der Verlust sogar auf 4 % reduziert werden. Bei einem Betrieb mit Gleichspannung hätte der Verlust ca. 98 % betragen.
Die gesamte Anlage war von der AEG und der Maschinenfabrik Oerlikon unter Leitung von Michail Ossipowitsch Doliwo-Dobrowolski konstruiert und gebaut worden. Die Transformatoranlage, der Generator und die Öl-Isolatoren wurden von Charles Brown jun. entwickelt. Die Hochspannungs-Schalttechnik war zu diesem Zeitpunkt noch nicht entwickelt – von Frankfurt aus hätte man die Freileitung nur mittels Kurzschluss außer Betrieb nehmen können.
Nach der Ausstellung wurde der Generator zur Stromversorgung von Heilbronn herangezogen, welche somit als erste Stadt der Welt eine Drehstromversorgung erhielt. Noch heute erinnert der Name des lokalen Energieversorgers (Zementwerk Lauffen - Elektrizitätswerk Heilbronn AG) an dieses Ereignis. Die Freileitung zwischen Heilbronn und Frankfurt verblieb im Besitz der Deutschen Reichspost und wurde fortan nur noch für die Telegraphie verwendet, während die Reststrecke weiterhin Heilbronn versorgte. Das Kraftwerk wurde nach 50 Jahren von einer stärkeren Anlage flussaufwärts abgelöst und wich wenig später dem Kanalbau. Der originale Generator steht seitdem im Deutschen Museum in München.
Historische Bedeutung
- Die unter den Elektrizitätspionieren der Welt lange und leidenschaftlich ausgetragene Debatte, mit welcher Technologie zukünftig Energie übertragen werden sollte – Gleichstrom oder Wechselstrom – war seit diesem Ereignis beendet.
- In der Folge war die Standortwahl von Fabriken nicht mehr von Gewässern als Energielieferant abhängig. Dies bewirkte wiederum eine Abwanderung der Industrie aus abgelegenen Orten und zur Konzentration in Ballungszentren – mit weitreichenden gesellschaftlichen Konsequenzen, die bis in die Gegenwart reichen.
Bis die letzte Ortschaft in Deutschland auf Wechselstrom umgestellt bzw. überhaupt elektrisch erschlossen wurde, vergingen jedoch noch fast 50 Jahre.
Der Drehstromgenerator in Lauffen
Siehe auch
- Gleichstromfernübertragung Miesbach–München: Erste Fernübertragung elektrischer Energie (Wirkungsgrad etwa 25 Prozent).
- Stromkrieg
Literatur
- Wessel, Horst A. (Hrsg.): Moderne Energie für eine neue Zeit – Die Drehstromübertragung Lauffen a.N.–Frankfurt a.M. 1891. In: Geschichte der Elektrotechnik. 11, vde-Verlag, Berlin 1991, ISBN 978-3800718139.
Quellen und Weblinks
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