E-Werk Schwerin

E-Werk Schwerin
Städtisches Elektrizitätswerk in Schwerin

Das ehemalige Städtische Elektrizitätswerk (auch: E-Werk) am Nordostufer des Pfaffenteichs der Stadt Schwerin diente von 1904 bis 1967 der Produktion elektrischen Stroms[1] und war bis 1999 als Schaltanlage im städtischen Stromnetz in Betrieb.[2] Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude[3] wird seit 1998 kulturell genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Bauwerk

Der auf dem Spieltordamm zwischen dem Pfaffenteich und dem Ziegelsee befindliche, malerische und vielförmig durchgliederte Backsteinputzbau wurde 1903/04 im deutschen Renaissancestil mit Maschinenhalle und Verwaltungstrakt errichtet.[4] Durch die Türme und die aufwändige Fassadengestaltung hat das E-Werk einen schlossähnlichen Charakter.[1]

Geschichte

Historische Ansicht von 1904
Haupteingang
Ansicht aus Richtung Südwest

Nachdem in der Reichshauptstadt Berlin bereits seit 1882 sukzessive die elektrische Beleuchtung eingeführt worden war, scheiterte eine Übertragung eines dreißigjährigen Stromversorgungsmonopols an die Deutsche Edison Gesellschaft in Schwerin 1884 am Innenministerium, das eine Verteuerung des Privatkonsums befürchtete. In den folgenden Jahren versuchte vor allem der Senator Lisch, der Sohn Georg Christian Friedrich Lischs, durch Berichte über die Einführung der elektrischen Beleuchtung in anderen Städten und Anträgen auf Kostenübernahme für Dienstreisen zur Erkenntnisgewinnung, die Entwicklung in diesem Bereich für Schwerin voranzutreiben. Diese Anträge wurden jedoch mehrfach abgelehnt, und die Mehrheit des Bürgerausschusses entschloss sich dazu, vorerst die technische Entwicklung abzuwarten. Erst mit der Installation kleiner Maschinen zur Stromversorgung durch Gewerbetreibende, Kaufleute und am Hoftheater und einer Umfrage unter den Schwerinern, die in dieser Interesse an einer Stromversorgung bekundeten, entschied der Bürgerausschuss 1901 den Bau eines Elektrizitätswerkes.

Aufgrund der kostengünstigeren Herstellung und der Möglichkeit eines unkomplizierten Straßenbahnbetriebs entschied man sich entgegen den Wünschen des fachkundigen Lisch für den Gleichstrombetrieb. Da sich Gleichstrom im Gegensatz zum hochgespannten Wechselstrom nicht über weite Entfernungen transportieren lässt, war der Bau des Versorgungswerkes inmitten der Stadt vonnöten. Obwohl es Bedenken wegen der Festigkeit des Baugrunds gab, wurde die bis dahin unbebaute Fläche auf dem Spieltordamm gewählt. Mit dem durch Anleihen finanzierten Bau des Kraftwerks und des Kabelnetzes wurde die AEG Berlin beauftragt. Um das Stadtbild nicht zu beeinträchtigen, wurden anstelle einer Dampfmaschine, die einen Schornstein erfordert hätte, Gasmotoren installiert und das Gebäude so gestaltet, dass ihm sein Zweck äußerlich nicht anzusehen war.

Der Betrieb wurde im November 1904 aufgenommen, anfänglich ereigneten sich mehrere Explosionen und Havarien, wodurch der Ruf des Kraftwerkes Schaden nahm. Anwohner monierten zudem den Gasgeruch und den Maschinenlärm. Das Elektrizitätswerk, welches für die Beleuchtung der privaten Haushalte und den Betrieb der Straßenbahn vorgesehen war, versorgte bis 1910 1225 Haushalte. Die Straßenbeleuchtung erfolgte größtenteils vorerst weiter durch Gaslaternen. Im Gegensatz zu Städten wie Wismar und Rostock übertrug Schwerin bis 1935 die Stromversorgung nicht auf große Stromkonzerne. Strom konnte günstiger produziert als eingekauft werden, jährliche Überschüsse waren ein willkommener Nebeneffekt.

Die Entscheidung für Gleichstrom sollte sich bald als Fehler herausstellen, als es um die Versorgung weiter entfernter Stadtteile und umliegender Orte zur Verbesserung der Auslastung des Kraftwerkes ging. Die Gasmotoren wurden nach dem Ersten Weltkrieg durch Dieselmotoren abgelöst. In einer Kraft-Wärme-Kopplung wurde die Abwärme gleichzeitig zum Betrieb eines kleinen Fernwärmenetzes genutzt. Die Schweriner Innenstadt wurde weiter mit Gleichstrom, die Peripherie mit Wechselstrom versorgt, außerdem wurde bei Bedarf in das Überlandnetz eingespeist. 1933 wurden so 7,2 Mio. Kilowattstunden elektrischer Energie produziert.

Mit Errichtung eines in Brandenburg befindlichen Großkraftwerks des Märkischen Elektricitätswerks, einem Versorger, der Anfang der 1930er Jahre beinahe ganz Brandenburg, Mecklenburg und Pommern versorgte, wuchs der Druck auf das kleine aber rentable E-Werk in Schwerin durch Übernahmeversuche. Erst nach Verteuerung des Diesels durch Zollerhöhungen und den gestiegenen Strombedarf wurde mit dem MEW ein Stromlieferungsvertrag zur Deckung der Grundlast abgeschlossen. Das Werk am Pfaffenteich diente nur noch von Oktober bis Februar in der Zeit von 6 bis 8 und 16 bis 22 Uhr zur Abdeckung der Spitzenverbräuche.[5]

Nach dem Zweiten Weltkrieg erhöhte sich der Strombedarf der wachsenden Bevölkerung weiter, der jedoch nicht bedient werden konnte, Stromabschlatungen waren bis 1953 die Folge. Der Anteil der Energieproduktion des städtischen E-Werks lag in dieser Zeit bei 35 bis 40 Prozent. 1967 wurde mit Sicherung der Stromversorgung durch Verbundnetze die Stromproduktion mit den inzwischen schrottreifen Anlagen des E-Werks eingestellt. Lediglich eine Notstromanlage verblieb, und eine Reparaturwerkstatt für Transformatoren nutzte in der Folge Räumlichkeiten der Anlage. 1969 installierte man eine Hochspannungs-Schaltanlage und stellte vollständig auf Wechselstrom um.[6] Die Schaltanlage wurde bis 1999 betrieben.[2] Seit 1998 wird das E-Werk kulturell als Spielstätte des Staatstheaters, der Puppenbühne und der Fritz-Reuter-Bühne genutzt.[1]

Zur Stromerzeugung nutzt der lokale Energieversorger heute zwei moderne, gasbetriebene Kraft-Wärme-Kopplungskraftwerke in den Stadtteilen Wüstmark und Lankow.

Einzelnachweise

  1. a b c Landeshauptstadt Schwerin (Hrsg.):Stadtführer. Daten, Fakten, Zahlen und Straßenverzeichnis. 4. Auflage, 2006, S. 17
  2. a b Hinweisschild am Gebäude
  3. Denkmalliste Mecklenburg-Vorpommern (Stand 1997) auf landtag-mv.de, S. 383
  4. Georg Dehio:Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg-Vorpommern, Deutscher Kunstverlag, Neubearbeitung, München/Berlin 2000, ISBN 3-422-03081-6
  5. Bernd Kasten und Jens-Uwe Rost: Schwerin. Geschichte der Stadt. Thomas Helms Verlag, Schwerin 2005. ISBN 3-935749-38-4, S. 137ff.
  6. KASTEN/ROST S. 273

Siehe auch

Weblinks

53.63647911.4144617Koordinaten: 53° 38′ 11″ N, 11° 24′ 52″ O


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