Grundlast

Grundlast
Verlauf des Stromverbrauchs (Prinzip)

Grundlast bezeichnet die Belastung eines Stromnetzes, die während eines Tages nicht unterschritten wird.[1]. In Deutschland liegt sie bei ca. 40 Gigawatt (2005)[2] im Gegensatz zur Jahreshöchstlast mit 75 bis 80 Gigawatt[3].

Wird die Grundlast überschritten, so setzt man zur Deckung des zusätzlichen Strombedarfs Mittel- und Spitzenlastkraftwerke ein.

Da der niedrigste Strombedarf meist nachts auftritt, hängt die Höhe der Grundlast von nachts produzierenden Industrieanlagen, der Straßenbeleuchtung und von Dauerverbrauchern in Haushalt und Gewerbe ab. Darüber hinaus kann die Grundlast von Energieversorgungsunternehmen erhöht werden, indem zu Schwachlastzeiten die Speicherbecken von Pumpspeicherkraftwerken gefüllt oder Nachtspeicherheizungen eingeschaltet werden.


Inhaltsverzeichnis

Grundlastkraftwerke

Als Grundlastkraftwerke bezeichnet man die Kraftwerke, welche aus betriebswirtschaftlichen (und teilweise aus technischen) Gründen möglichst ununterbrochen und möglichst nahe an der Volllastgrenze betrieben werden. Kernkraftwerke und Braunkohlekraftwerke haben hohe Fixkosten und niedrige Stromgestehungskosten (vor allem Brennstoffkosten). Die Kraftwerksbetreiber versuchen, den Grundlastbedarf langfristig im Voraus abzuschätzen. Bei Unterschreitung des abgeschätzten Wertes müssen sie reagieren: durch Einschalten zusätzlicher Verbraucher (Pumpspeicherkraftwerke), durch Abgabe von Strom in andere Stromnetze und/oder durch Drosselung der Grundlastkraftwerke.

Grundlastkraftwerke wurden bei ihrem Bau nicht dafür konzipiert, schnell regelbar zu sein bzw. sind dieses prinzipbedingt nicht.

  • Zu den Grundlastkraftwerken zählen Braunkohlekraftwerke. Sie werden wegen ihrer niedrigen Brennstoffkosten grundlasttypisch vorzugsweise im oberen Lastbereich rund um die Uhr eingesetzt. Sie lassen sich aber ähnlich gut bzw. schnell wie ein Mittellastkraftwerk regeln.
  • Laufwasserkraftwerke liefern ebenfalls Grundlast. Sie nutzen die potentielle Energie des auf ein bestimmtes Niveau angestauten Wassers. Häufig ist das Einhalten des Stauzieles in der Konzessionsvorschrift enthalten. Die verfügbare Energie ergibt sich aus der Masse des Wassers und dem Höhenunterschied zwischen Oberwasser und Unterwasser. Daher versucht man, das dem Kraftwerk zufließende Wasser möglichst vollständig durch die Turbine zu führen und in elektrische Energie umzuwandeln.
  • Windkraftanlagen können je nach Windgeschwindigkeit den größten Teil der Grundlastenergie liefern. Herkömmliche Kraftwerke müssen ihre Leistung drosseln, wenn mehr Windstrom eingespeist wird, weil die Energieversorger nach dem Energieeinspeisegesetz dazu verpflichtet sind, Windenergie abzunehmen. Durch einen zunehmenden Anteil an regenerativen Energien werden bisherige Grundlastkraftwerke geringer ausgelastet[4].
  • Kernkraftwerke werden aus betriebswirtschaftlichen und technischen Gründen als Grundlastkraftwerke eingestuft. Ausschlaggebend für die betriebswirtschaftliche Einordnung sind die niedrigen Stromgestehungskosten, d.h. die Kosten, welche bei der Umwandlung eines Energieträgers (hier Uran) in die elektrische Energie aufgewendet werden müssen. Da diese Brennstoffkosten noch relativ gering sind, versucht man die Kernkraftwerke möglich ununterbrochen mit Vollast zu betreiben.

Eignung von Kernkraftwerken für Lastfolgebetrieb umstritten

Betreiber deutscher Kernkraftwerke behaupten, einige Kernkraftwerke in Deutschland seien technisch für einen Einsatz im Lastfolgebetrieb schon beim Entwurf ausgelegt worden[5][6][7][8] Bei dem Lastfolgebetrieb wird die Kraftwerksleistung der sich ändernden Stromnachfrage („Last“) automatisch nachgeregelt. Beispiele dafür sind Neckarwestheim 1, Phillipsburg 1, Phillipsburg 2, Biblis A im Jahre 2009 [9]

Die technisch mögliche Änderungsgewindigkeit hängt von der absoluten Laständerung ab und beträgt bis zu 10 % pro Minute bezogen auf die Nennleistung[5].

Temperaturänderungen in Kernkraftwerken setzen viele Teile des Systems erhöhten Materialbelastungen aus. Laut Hersteller werden diese Belastungen im Rahmen des Alterungsmanagements mittels Materialprüfung zusätzlich untersucht. Der Reaktordruckbehälter sei für diese Art die Temperaturwechselbeanspruchung ausgelegt[10].

2010 erstellte Wolfgang Renneberg (ehem. Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit d. Bundesumweltministeriums) im Auftrag von Greenpeace die Studie Grenzen und Sicherheitsrisiken des Lastfolgebetriebs von Kernkraftwerken.[11] Diese zeigt die engen Grenzen des KKW-Lastfolgebetriebs auf und erklärt, warum ein Lastfolgebetrieb das Risiko von Störfällen erheblich vergrößert.

Das Wiederhochfahren eines Reaktors bis auf volle Leistung benötigt je nach Betriebsbedingungen mindestens zwischen 2 - 3 Stunden aus unterkritisch heißem Zustand und bis zu 10 - 12 Stunden aus dem kalten Zustand. "Bei einem schnellen Herunterfahren insbesondere um 50 % der Leistung oder mehr kann die eintretende Xenonvergiftung des Spaltmaterials zu einer weiteren deutlichen Verzögerung des Hochfahrens führen."[12]

"Für die Druckwasserreaktoren, die etwa zwei Drittel der in Deutschland vorhandenen Kernenergiekapazität darstellen, ist grundsätzlich ein variabler Betrieb zwischen 100 % und 50 % der Leistung zulässig, für die sog. Konvoi- und Vorkonvoi Druckwasserreaktoren darüber hinaus ein variabler Betrieb bis zu 20 % der Leistung. Der Regelbereich der Siedewasserreaktoren beschränkt sich auf 100 % bis 60 % der Nennleistung (Hundt, 2009). Je stärker die Leistung verändert wird, desto geringer ist die zulässige Änderungsgeschwindigkeit."[13]

Einfluss der Brennstoffkosten

Nach dem Ende der weltweiten Wirtschaftskrise 2009/2010 sind alle fossilen Brennstoffe und auch Uran deutlich teurer geworden. Steinkohle kostete im Januar 2011 etwa 130 Euro pro Tonne.

Wenn die Brennstoffkosten für Grundlastkraftwerke steigen, lohnt es sich eher als bei niedrigen Brennstoffkosten, diese Kraftwerke zu steuern bzw. bei geringer Stromnachfrage für eine gewisse Zeit herunterzufahren (Trade-off zwischen Kosten des Ab- und Anfahrens und den eingesparten Brennstoffkosten).

Ausblick

Für eine zukünftige Elektrizitätsversorgung auf Basis erneuerbarer Energien stellte der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesrepublik Deutschland im Mai 2009 fest:

„Die Einsatzmöglichkeiten von Grundlastkraftwerken werden bei einem hohen Anteil erneuerbarer Energien eingeschränkt, stattdessen werden schnellstartende Kraftwerke und Regelenergie benötigt.“

– Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesrepublik Deutschland, 28. Mai 2009[14]

Schon heute werden Kraftwerksblöcke kurzfristig, das heißt z.B. ohne länger geplanten Revisionsstillstand, vom Netz geschaltet, wenn dafür genug Windleistung für Windkraftanlagen zur Verfügung steht. Diese Stillstände werden von den Kraftwerksbetreibern Windaussetzer genannt. Je nach Alter und Auslegung der Anlage verschleißt diese durch häufiges An- und Abfahren mehr als im kontinuierlichen Betrieb. Je höher und kontinuierlicher die Auslastung einer Anlage, umso wirtschaftlicher arbeitet sie.

Uwe Leprich, Energieexperte der Hochschule des Saarlandes, hält die Notwendigkeit von Grundlastkraftwerken für einen Mythos. "Grundlast hat nichts mit dem Angebot zu tun, sondern ist ein Nachfrageprofil, das durch einen sehr unterschiedlichen Mix von Kraftwerken abgedeckt werden kann." Längst hat eine "neue Welt auf dem Erzeugungsmarkt" begonnen: "Energieversorger und Netzbetreiber müssen sich auf stark schwankende Einspeisungen einstellen. Wir werden künftig Tage erleben, an denen die Windkraft die gesamte Last bundesweit abdeckt." Mit jeder zusätzlich eingespeisten Kilowattstunde Ökostrom sinke deshalb der Bedarf an großen Kraftwerksblöcken. Notwendig seien künftig kleinere, flexible Kraftwerkseinheiten, die sich schnell an die Ökoeineinspeisung anpassen können. Die "Zeit der Grundlast neigt sich dem Ende entgegen", sagt auch DLR-Experte Joachim Nitsch. Neben flexiblen Gaskraftwerken gibt es auch weitere Alternativen: "Große Stromverbraucher wie beispielsweise Kühlhäuser lassen sich stundenweise vom Netz nehmen. Dank eines solches Lastmanagements sinkt der Bedarf an Kraftwerksleistung." Das Zusammenspiel von Einspeisung, dem Ausregeln der Leistung und der Systemstabilität werde künftig "komplizierter als heute, wo wir es gewöhnt sind, dass einige Kraftwerke rund um die Uhr laufen." Nitsch verneint, dass Deutschland Atomkraftwerke für den Klimaschutz braucht: "Wir dürfen die Klimaschutzdebatte nicht auf das Jahr 2020 verkürzen, wichtig ist, dass wir bis zum Jahr 2050 die Kohlendioxid-Emissionen um 80 bis 95 Prozent reduzieren." Dieses Langfristziel sei ohne Atomenergie zu erreichen: "Allein im Gebäude- und Verkehrssektor gibt es noch ein gewaltiges Einsparpotenzial. Außerdem werden wir noch eine viele größere Dynamik beim Ausbau der erneuerbaren Energien erleben."

Schweiz

In der Schweiz bezeichnet der Ausdruck Bandenergie jenen Grundbedarf an Strom, der jeden Tag rund um die Uhr verbraucht wird. Die Bandenergie wird von Kernkraftwerken und Laufkraftwerken an Flüssen geliefert. Der Anteil am Stromverbrauch, der über die Grundlast hinausgeht, wird als Spitzenenergie bezeichnet. Für ihn werden thermische Kraftwerke und vor allem die leicht regulierbaren Speicherkraftwerke in den Alpen eingesetzt. In Deutschland teilt man die Spitzenenergie (der Ausdruck wird dort nicht verwendet) noch einmal auf in Mittellast und Spitzenlast.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Claudia Kemfert: Die andere Zukunft. Hamburg 2008, Murmann-Verlag, S. 161.
  2. Summenganglinien für Energie 2.0. Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET), S. 7 oben.
  3. Monitoring-Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie nach § 51 EnWG zur Versorgungssicherheit im Bereich der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität, abgerufen 30. August 2010
  4. Vgl. Volker Quaschning: Grundlastkraftwerke: Brücke oder Krücke für das regenerative Zeitalter. In: Sonne Wind & Wärme. 05/2010, S. 10-15.
  5. a b Vgl. areva: Regenerative Energieträger und Kernkraftwerke – passt das zusammen? In: argumente 05/2010, S. 1 / Die Auslegung deutscher Kernkraftwerke auf Lastwechselfähigkeit
  6. Vgl. Deutsche Physikalische Gesellschaft: Elektrizität: Schlüssel zu einem nachhaltigen undklimaverträglichen Energiesystem Eine Studie der Deutschen Physikalischen Gesellschaft e.V. Juni 2010, S. 67 / Rolle der Kernenergie in einem zukünftigen Energieversorgunssystem mit hohen Anteil flukturerenden Stromangebots
  7. Vgl. Karl Müller: LASTFOLGEBETRIEB UND PRIMÄRREGELUNG E.ON Kernkraft GmbH, Kernkraftwerk Isar 2
  8. Vgl. Matthias Hundt: Verträglichkeit von erneuerbaren Energien und Kernenergie im Erzeugungsportfolio. Technische und ökonomische Aspekte. Universität Stuttgart. Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung 10/2009
  9. Betriebsergebnisse 2009 In: International Journal for Nuclear Power 2010.
  10. Vgl. areva: Regenerative Energieträger und Kernkraftwerke – passt das zusammen? In: argumente 05/2010, S. 3 / Lastfolgebetrieb und Alterungsmanagement.
  11. PDF
  12. Vgl. Renneberg-Studie S. 11. Dort heißt es unter anderem: "Ein kalter Druckwasserreaktor muss zunächst durch die Kühlpumpen und die Nachzerfallswärme auf eine Betriebstemperatur von etwa 260 Grad Celsius gebracht werden, um einen Zustand zu erreichen, in er sich nach dem Zünden der Kettereaktion sicher verhält (negativer Kühlmittel-Temperaturkoeffizient). Bei einem Siedewasserreaktor wird dieser Zustand in etwas kürzerer Zeit (ca. 5 Std.) erreicht, da der Druck im Reaktor niedriger ist. Kommen aus besonderen Gründen wiederkehrenden Prüfungen hinzu, kann das Hochfahren eines Reaktor bis zu drei Tagen in Anspruch nehmen." ..
  13. Renneberg-Studie S. 11. "Hundt, 2009" = Hundt M., Barth R, Sun N., Wissel S., Voß A, Verträglichkeit von erneuerbaren Energien und Kernenergie im Erzeugungsportefolio, Gutachten im Auftrag der E.ON Energie AG München, Stuttgart, Oktober 2009
  14. Weichenstellungen für eine nachhaltige Stromversorgung, Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesrepublik Deutschland, 28. Mai 2009, abgerufen am 30. August 2010

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