EKE

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Eltern-Kind-Entfremdung (Abk.: EKE, engl. Parental Alienation Syndrome, Abk.: PAS), auch elterliches Entfremdungssyndrom genannt, beschreibt in der Psychologie eine dauerhafte, nach rationalen Maßstäben unbegründete Ablehnung des Elternteils, mit dem ein Kind nicht mehr zusammenlebt. Diese entsteht maßgeblich durch den Einfluss des betreuenden Elternteils. Das Phänomen wurde 1985 zum ersten Mal von dem US-amerikanischen Kinderpsychiater Professor Richard A. Gardner so bezeichnet und beschrieben.

Dagegen ist die Ablehnung eines Elternteils durch das Kind, die rational begründbar in Folge eines Kindesmissbrauchs oder einer tatsächlichen Vernachlässigung entstanden ist, keine Eltern-Kind-Entfremdung.

In Deutschland haben sich bisher nur vereinzelte Familiengerichte mit dem Problem beschäftigt.

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

Die Grundproblematik ist die in Fachkreisen seit langem beschriebene Situation, dass Eltern in emotional schwierigen Trennungssituationen die Paarprobleme häufig nicht von der Elternverantwortung trennen können.

Folgen für das Kind

Für das Kind können sich erhebliche psychische Schäden ergeben; manche Psychologen bezeichnen PAS als eine Form von Kindesmisshandlung oder emotionalem Kindesmissbrauch.[1]

Das Kind hat schon einen Elternteil verloren und fürchtet, auch noch den sorgeberechtigten Elternteil zu verlieren; dies ist für ein Kind fatal. Es hat keine andere Wahl, als sich voll und ganz dem betreuenden Elternteil zuzuwenden und - wenn dieser es verlangt - den umgangsberechtigten Elternteil ebenfalls kompromisslos abzulehnen. Auch wenn es beide Eltern liebt, wird es meist sogar gezwungen, die Liebe zum Umgangsberechtigten zu verleugnen. Oft spielt das Kind dann eine perfekte Doppelrolle, es sagt z. B. der Mutter, dass es nicht zum Vater will, dann spielt es höchst vergnügt und liebevoll mit dem Vater und sagt später der Mutter, wie schlecht der Umgang verlaufen sei. Die meisten Kinder sind damit jedoch überfordert.

Die Bandbreite der Folgen ist weit gefächert, so kann es durch die Fokussierung auf das Beziehungsproblem zu einer Vernachlässigung des Kindes dahingehend kommen, dass die Probleme des Kindes nicht erkannt oder falsch interpretiert werden. Das Kind kann dann unnötige seelische Belastungen erfahren (wenn beispielsweise die Abwesenheit des auswärtigen Elternteils als persönliche Ablehnung erlebt wird, ohne dass dies durch den erziehenden Elternteil aufgearbeitet wird). Im schlimmsten Fall bezieht der erziehende Elternteil bewusst oder - bedingt durch die eigene seelische Überforderung - unbewusst das Kind in die Paar-Auseinandersetzung auf seiner Seite mit ein.

All dies führt dann häufig zu seelischen Beeinträchtigungen beim Kind, je nach individueller Disposition und erlebter Situation unterschiedlich ausgeprägt. Beispiele:

  • Das unselbstständige, objektiv abhängige Kind kann sich auch ohne aktive Manipulation mit dem - im Paarkonflikt - subjektiv leidenden versorgenden Elternteil übermäßig identifizieren (da es die Emotionen des abwesenden Elternteils im Zusammenleben nicht wahrnehmen kann), es kann sich eine dem Stockholm-Syndrom vergleichbare Identifikation ergeben, die zur sachlich unbegründeten Entfremdung vom abwesenden Elternteil führt.
  • Das unselbstständige, objektiv abhängige Kind kann durch aktive bewusste oder unbewusste Manipulation durch den versorgenden Elternteil von diesem in seinen Gefühlen in einen seelischen Druck gelangen, der zu einer Identifikation mit dem Aggressor führt, durch die das Kind - im Versuch, den versorgenden Elternteil zu legitimieren - den abwesenden Elternteil (objektiv unbegründet) ablehnt.
  • Ein Kind kann aber - bei entsprechender Bindung an den abwesenden Elternteil - durchaus auch paradox reagieren und, sich mit diesem identifizierend, den versorgenden Elternteil und seine Handlungen ablehnen.

Gardner versuchte als erster, für diese Problematik einen Namen und eine Definition zu finden. Entsprechend der möglichen Ausprägungen der Grundsituation und der kindlichen Reaktionen ist diese - obwohl auf die Fälle mit elterlichem Vorsatz (Gehirnwäsche) beschränkt - jedoch unscharf und daher in wissenschaftlichen Kreisen in Bezug auf seine konkrete Beschreibung umstritten.

Es gibt noch keine spezifischen Langzeitstudien über "PAS-Kinder", ähnlich etwa der von Wallerstein et al. über 25 Jahre nach einer "normalen" Trennung/Scheidung ohne anhaltende starke Konflikte. Die Psychologin Amy Baker hat jedoch 40 als Kind von PAS betroffene Erwachsene ausführlich befragt und die Ergebnisse jüngst auch in einem Buch veröffentlicht (siehe Literatur).

Definition des Syndroms

Gardner unterscheidet drei Stufen von PAS, eine milde, eine mittlere und eine schwere. Als schwache Entfremdung gilt, wenn das Kind auch in Anwesenheit beider Eltern zugeben kann, dass es Kontakt zum anderen Elternteil will. Als mittlere Entfremdung gilt, wenn das Kind in Anwesenheit des entfremdenden Elternteils seine Zuneigung zum anderen Elternteil verleugnen muss, dies aber zugeben kann sobald der entfremdende Elternteil nicht mithört. Als schwere Entfremdung gilt, wenn das Kind den Umgang verweigert und nur schlecht vom Umgangsberechtigten spricht.

Die laut einer niederländischen Untersuchung selten auftretenden Fälle einer schweren Entfremdung können Persönlichkeitsentwicklungsstörungen beim Kind verursachen.

Symptome

Das Hauptsymptom, das bei allen Stufen vorhanden ist, ist eine ablehnende Haltung des Kindes gegenüber dem nicht mehr bei ihm lebenden Elternteil (zumeist der Vater), über den es auch schlecht redet und/oder denkt.

Gebrauch des Begriffs in Auseinandersetzung um Sorgerecht

Auf den Begriff der Eltern-Kind-Entfremdung wird häufig innerhalb von Sorgerechtsstreitigkeiten Bezug genommen. Speziell Väterorganisationen bezeichnen PAS als eine andere Form von Kindesmissbrauch - häufig haben geschiedenen Kinder nach nur einem Jahr keinerlei Kontakt mehr zum anderen Elternteil. Jedoch kann die Wahrnehmung des abgelehnten Elternteils auch zu Fehlinterpretationen und damit zu einer unberechtigten Pathologisierung des ehemaligen Partners führen. Selten herrscht Einigkeit darüber, ob die Ablehnungsgefühle des Kindes selbstentwickelt oder durch den sorgeberechtigten Elternteil entstanden sind. Da Eltern-Kind-Entfremdung als Syndrom nur dann vorliegt, wenn die Entfremdung vom anderen Elternteil verursacht wurde, und wenn sie nicht aufgrund von Missbrauch oder anderen rational begründbaren Ursachen entstanden ist, ist der bloße Hinweis auf eine Distanzierung für eine Diagnose nicht ausreichend. Davon unabhängig kann das Kind auch Schaden nehmen, wenn der versorgende Elternteil das Kind nicht sachgerecht seelisch begleitet, ohne dass der für die Definition von PAS notwendige Vorsatz fehlt. Deshalb sollte eine Diagnose -wie bei jeder medizinischen Problematik- nur von erfahrenen Fachkräften gestellt werden.

Einzelnachweise

  1. C. Heyne: "Die sanfte Gewalt: Narzißtischer Mißbrauch"; in: Diess: Täterinnen – offene und versteckte Aggression von Frauen, München, 1996.

Literatur

  • Richard A. Gardner: Das elterliche Entfremdungssyndrom (Parental Alienation Syndrome, PAS) : Anregungen für gerichtliche Sorge- und Umgangsregelungen ; eine empirische Untersuchung. VWB Verlag für Wissenschaft und Bildung, Berlin 2002, ISBN 3-86135-117-X
  • Gabriele ten Hövel: Liebe Mama, böser Papa : Eltern-Kind-Entfremdung nach Trennung und Scheidung: Das PAS-Syndrom. Kösel Verlag, München 2003, ISBN 3-466-30628-0
  • Kerstin Förster: Hinter der Fassade ... : Wie werden Interessen von Kindern in Deutschland tatsächlich gewahrt? Athelas-Verlag, Dresden 2004, ISBN 3-9809652-0-1
  • Amy J. L. Baker: Adult Children of Parental Alienation Syndrome. Breaking the Ties that Bind. W. W. Norton & Company, New York, London 2007. A Norton Professional Book ISBN 978-0-393-70519-5
  • Elisabeth Schmidt & Allard Mees: Vergiss, dass es Dein Vater ist. Ehemals entfremdete Kinder im Gespräch, Books on Demand GmbH (2006), ISBN 3-833-45202-1
  • Carol S. Bruch: Parental Alienation Syndrome und Parental Alienation : Wie man sich in Sorgerechtsfällen irren kann. In: FamRZ:Zeitschrift für das gesamte Familienrecht. Bd. 49 (2002), Nr. 19, S. 1304-1315, ISSN 0044-2410
  • Carol S. Bruch, Parental Alienation Syndrome and Alienated Children – Getting It Wrong in Child Custody Cases (2002)

Siehe auch

Weblinks

Gesundheitshinweis
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