EMAS-Verordnung

EMAS-Verordnung
Das Logo des EMAS

EMAS ist die Kurzbezeichnung für Eco- Management and Audit Scheme, auch bekannt als EU-Öko-Audit oder Öko-Audit. EMAS wurde von der Europäischen Union entwickelt und ist ein Gemeinschaftssystem aus Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung für Organisationen, die ihre Umweltleistung verbessern wollen. Die EMAS-Verordnung (Öko-Audit-Verordnung) misst der Eigenverantwortung der Wirtschaft bei der Bewältigung ihrer direkten und indirekten Umweltauswirkungen eine entscheidende Rolle zu. Zertifiziert werden können Unternehmen, Dienstleister, Verwaltungen etc., aber auch andere Arten von Organisation, einschließlich überstaatlicher Organisationen.[1] EMAS gilt als eines der sogenannten „New environmental policy instruments“ (NEPI - neue umweltpolitische Instrumente).[2]

Inhaltsverzeichnis

Auditierung

An EMAS teilnehmende Organisationen haben eine Umwelterklärung zu veröffentlichen, in der sie u. a. über ihre Auswirkungen auf die Umwelt (direkt oder indirekt), ihre Umweltleistung und ihre Umweltziele berichten. Die Umwelterklärung wird von einem unabhängigen Umweltgutachter, der einer staatlichen Überwachung unterliegt, auf ihre Richtigkeit hin überprüft und ist jährlich zu aktualisieren. Spätestens alle 3 Jahre überprüft der Umweltgutachter im Rahmen der sog. Revalidierung u.a. das Umweltmanagementsystem, die Einhaltung der Umweltpolitik sowie die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen (legal compliance) und eine konsolidierte Umwelterklärung.

Organisationen, die die Überprüfung durch den Umweltgutachter erfolgreich durchlaufen, können sich in das EMAS-Register eintragen lassen (in Deutschland wird dies bei den zuständigen Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern geführt) und dürfen das EMAS-Logo für ihren betrieblichen Umweltschutz führen.

Stärken und Potentiale

Die große Stärke der EMAS liegt in der Messung und Veröffentlichung der Umweltauswirkungen des Unternehmens und diese im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu verbessern. Dies wirkt sowohl im Sinne des reinen Umweltschutzes, als auch unter dem Gesichtspunkt der Verbesserung der Öko-Effizienz, die beispielsweise durch Reduzierung von überflüssigen Stoffströmen die ökonomische und ökologische Leistung steigern kann (Öko-Effizienz).

Schwächen und Probleme

Die Umsetzung von EMAS beinhaltet die gleiche Schwierigkeit wie alle Managementsysteme – sie erfordert eine hohe Lern- und Organisationsbereitschaft im gesamten Unternehmen. Eine bloß vom Management oder externen Beratern angeordnete Umorganisation wird wenig Erfolg zeigen, wenn die Bereitschaft zur Veränderung nicht vom ganzen Unternehmen getragen, sondern die Zertifizierung nur als ein kosmetisches Siegel verstanden wird.[3]

Entwicklung EMAS

Mit der Verordnung (EWG) Nr. 1836/93 des Rates vom 29. Juni 1993 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung wurde von der EU erstmals ein Konzept erstellt, mit dessen Hilfe gewerblichen Unternehmen eine Hilfestellung zur Verbesserung ihre Umweltleistungen gegeben werden sollte. Basis für diese Verordnung ist das fünfte Umweltaktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft vom 1. Februar 1993, in der durch neue umweltpolitische Instrumente eine Verbesserung des Umweltzustandes erreicht werden sollte. Um die Wirksamkeit der EMAS-Verordnung beurteilen zu können, wurde eine Überprüfung der Verordnung nach 5 Jahren nach dessen In-Kraft treten festgelegt. Am 30. Oktober 1998 lag der erste Vorschlag der Kommission für eine überarbeitete EMAS-Verordnung vor, der nach mehrmaliger Überarbeitung und dem Einsatz eines Vermittlungsausschusses schließlich am 14. Februar 2001 vom Europäischen Parlament und vom Rat gebilligt wurde. Am 24. April 2001 wurde die derzeit gültige Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS) im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Diese Verordnung wird kurz als EMAS II bezeichnet und trat am 27. April 2001 in Kraft.

Weiterentwicklung - EMAS II

Ziel der alten wie der neuen EMAS-Verordnung ist die kontinuierliche Verbesserung der Umweltleistung eines Unternehmens. Mit EMAS II wurde versucht, die Hauptkritikpunkte an EMAS zu beseitigen. U.a. gab es folgende Änderungen:

  • Erweiterung des bestehenden Anwendungsbereichs (gewerbliche Unternehmen) auf sog. Organisationen. Das sind Gesellschaften, Körperschaften, Betriebe, Unternehmen, Behörden oder eine Einrichtung bzw. Teile oder Kombination hiervon, mit oder ohne Rechtspersönlichkeit, öffentlich oder privat, mit eigenen Funktionen und eigener Verwaltung.
  • Zur Verbesserung der Verbindung an die Industrienorm ISO 14001 wurden die dort genannten Voraussetzungen an das Umweltmanagement Bestandteil von EMAS II.
  • Unternehmen mit verschiedenen Standorten können nun in einem Verfahren validiert werden.

Novelle - EMAS III

Am 11. Januar 2010 trat eine neue EG-Verordnung (Nr. 1221/2009, kurz als EMAS III bezeichnet)[4] in Kraft, mit der die zuvor geltenden Regelungen zusammengefasst und verändert wurden.

Inhalt

Die bedeutendste Änderung durch EMAS III betrifft Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen. Sie müssen ihre Umwelterklärung nur alle zwei Jahre (statt jährlich) aktualisieren und nur alle vier (statt drei) Jahre durch einen Gutachter validieren lassen. Außerdem konkretisiert die EMAS-III-Verordnung die Anforderungen an den Inhalt der Umwelterklärung, erweitert den Anwendungsbereich der Verordnung auf Unternehmen außerhalb der EU und verpflichtet die Mitgliedsstaaten, die Verbreitung von EMAS zu unterstützen.

Entstehung

Die Novelle geht auf einen Vorschlag der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2008 zurück. Die Kommission verfolgte das Ziel, den hohen EMAS-Standard beizubehalten und zugleich die Attraktivität des Systems und damit auch die Zahl der Registrierungen zu erhöhen. EU-Normungsexperten von Verbraucherverbänden kritisierten allerdings nach der Verabschiedung der Novelle, ein Unternehmen könne alle EMAS-Vorschriften befolgen, ohne eine gute Umweltleistung zu erbringen.[5]

Umsetzung in Deutschland

In Deutschland werden wesentliche Teile der EMAS-Verordnung durch das Umweltauditgesetz (UAG) umgesetzt. Im UAG ist u. a. das Zulassungs- und Aufsichtssystem für die Umweltgutachter geregelt. Außerdem konstituiert es den Umweltgutachterausschuss (UGA), der die Aufgabe hat, das Bundesumweltministerium im Bereich dieses freiwilligen Öko-Audits zu beraten, Richtlinien zur Anwendung des Umweltauditgesetzes zu erlassen und die Verbreitung von EMAS im Bundesgebiet zu fördern. Im UGA sind die folgenden Interessengruppen vertreten: Wirtschaft, Umweltgutachter, Umwelt- und Wirtschaftsverwaltung des Bundes und der Länder, Gewerkschaften und Umweltverbände. Die 25 ehrenamtlichen Mitglieder werden in ihrer Arbeit und ihrem Engagement von einer hauptamtlichen Geschäftsstelle mit Sitz in Berlin unterstützt.

Im Juni 2007 erhielt der Deutsche Evangelische Kirchentag als erste Seriengroßveranstaltung in Deutschland das EMAS-Umweltzertifikat.

Verbreitung

Die Zahl der Organisationen, die sich nach EMAS validieren lassen, ist in den alten EU-Staaten leicht rückläufig und in den meisten seit 2004 der EU beigetretenen Staaten leicht steigend. Der „Höhepunkt“ der EMAS-Validierungen lag in den Jahren 2001 und 2002, wobei nach wie vor Deutschland (gefolgt von Italien und Spanien) die meisten EMAS-Validierungen hat. In Deutschland sind insgesamt 1.395 Organisationen (mit 1887 Standorten) nach EMAS validiert.[6] Europaweit sind es 4.513 Organisationen an 7.738 Standorten (Stand: 30. September 2010).

Die Gründe für die schleppende Zunahme der Validierungen sind vielschichtig, dürften aber im Wesentlichen an folgenden Aspekten liegen:

  • Mangelnde internationale Akzeptanz von EMAS. Die internationale Norm ISO 14001 ist weltweit anerkannt, EMAS hingegen ist auf die EU beschränkt.
  • Des Weiteren baut EMAS II auf einem Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 auf und erweitert die Anforderungen um eine verbindliche Rechtskonformität und eine inhaltliche Rechenschaftspflicht durch die Umwelterklärung. Das Registrierungsverfahren ist etwas umfangreicher als bei ISO 14001. Der wirtschaftliche Nutzen für die Unternehmen ist gleich oder sogar höher, da die EMAS-Validierung bei öffentlichen Beschaffungsvorhaben berücksichtigt werden soll und zusätzlich eine ISO-14001-Zertifizierung beinhaltet.

Insbesondere in Deutschland wurde den teilnehmenden Unternehmen von Seiten der Politik Erleichterungen (z. B. mehr Eigenüberwachung) und finanzielle Anreize (teilweiser Verzicht auf Gebühren) in Aussicht gestellt. Diese Anreize gelten mittlerweile in der Mehrzahl der Bundesländer, kamen aber womöglich zu spät. In einigen Bundesländern werden bei der Gewährung von Verwaltungs- und Gebührenerleichterungen ISO 14001 und EMAS gleichgestellt, so dass dort auch dieser Anreiz entfallen ist. Ob EMAS ein Unternehmen tatsächlich mehr kostet als ISO 14001 ist umstritten, zumal es Pflichtaudittage wie bei ISO-Zertifizierungen bei EMAS nicht gibt. Die jüngste Richtlinie der EU zu öffentlichen Vergaben (2004/18/EG) gibt eindeutig Unternehmen mit EMAS den Vorzug, was zur weiteren Verbreitung beitragen soll.

Spezialisierung

In Anlehnung an das Umweltaudit nach der EMAS-Verordnung hat sich in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und in der evangelischen Landeskirche in Baden das Umweltaudit „Der Grüne Gockel“ entwickelt. Es ist speziell auf die Rahmenbedingungen und die Struktur einer Kirchengemeinde abgestimmt.

Eine weitere Spezialisierung ist das Nachhaltigkeitsmanagement-Konzept EMASplus. Es folgt in Aufbau und Ablauf den EMAS-Standards. EMASplus beinhaltet darüber hinaus einen Verbesserungszyklus, der neben “Umwelt” auch die Themen „Ökonomie“ und „Soziales“ einbezieht, über den Nachhaltigkeitsbericht eine transparente Information der Öffentlichkeit gewährleistet und durch unabhängige Gutachter validiert werden kann. In der dreijährigen Testphase 2004 bis 2006 wurde das Konzept in über 40 kirchlichen und sozialwirtschaftlichen Unternehmen getestet. Eine darauf basierende Richtlinie EMASplus ermöglicht die integrierte Zertifizierung des Nachhaltigkeitsmanagements nach EMAS und ISO 9001. (www.emasplus.org)

Ein weiterer Ansatz zur Verbreitung von EMAS ist das EMASEasy-Konzept EMASEasy, dass speziell auf kleine und Kleinstunternehmen zugeschnitten ist und auf der Ecomapping-Methode aufbaut.

Literatur

  • Doktoranden-Netzwerk Öko-Audit e.V. (Hrsg.): Umweltmanagementsysteme zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit der EG-Öko-Audit-Verordnung und der DIN EN ISO 14001. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1998, ISBN 3-540-64690-6.
  • Gastl, René: Kontinuierliche Verbesserung im Umweltmanagement. Die KVP-Forderung der ISO 14001 in Theorie und Unternehmenspraxis. vdf-Verlag, Zweite Auflage, Zürich, 2009, ISBN 3-7281-3034-6. www.cmrg.ch/kvp-publikation.htm.
  • Betriebliche Umweltmanagementsysteme. Anforderungen - Umsetzung - Erfahrungen. Baumann/Kössler/Promberger ISBN 3-7073-0795-6.
  • Kleesiek, Wolfgand, Deregulierung und Substitution des Umweltfachrechts für EMAS registrierte Organisationsstandorte, Erich Schmidt Verlag, Berlin, 2007, ISBN 3-503-09383-4.
  • Jordan, A.;Wurzel, R.;Zito, A.;Brückner, L.: ‘New’ Environmental Policy Instruments: An Evolution or a Revolution in Environmental Policy?, in: Dies.: “New Instruments of Environmental Governance? National Experiences and Prospects, London, 2003, S. 201-224., ISBN 0-7146-8300-0.

Einzelnachweise

  1. Europaparlament will eigene Treibhausgasbilanz um 30% verbessern, 10. November 2008.
  2. Andrew Jordan u. a. (Hrsg.): New Instruments of Environmental Governance?: National Experiences and Prospects. Routledge Chapman & Hall, London/Portland 2003, ISBN 0-7146-8300-0.
  3. Bundesumweltministerium (BMU); econsense (Hrsg.); Schaltegger, S.; Herzig, C.; Kleiber, O.; Klinke, T.; Müller, J. (Autoren): Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen. Von der Idee zur Praxis: Managementansätze zur Umsetzung von Corporate Social Responsibility und Corporate Sustainability. 3. Aufl. Berlin/Lüneburg: BMU, econsense, Centre for Sustainability Management, 2007 CSM Lüneburg (1,6 MB).
  4. Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 vom 25. November 2009 über die freiwillige Teilnahme von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 761/2001, sowie der Beschlüsse der Kommission 2001/681/EG und 2006/193/EG, veröffentlicht in EUR-LEX (PDF, 1,5 MB).
  5. Fiala, Franz: Umweltmanagement: Schnittmuster für grüne Mäntelchen, umwelt aktuell 10.2009, S. 5.
  6. EU-Kommissions-Website zu EMAS, Rubrik Statistiken und Graphen, zuletzt am 19. Januar 2011 aufgerufen.

Weblinks


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