- Ein Held unserer Zeit
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Ein Held unserer Zeit (russisch Герой нашего времени) ist ein von 1837 bis 1840 entstandenes literarisches Werk von Michail Lermontow.
Handlung
Der Ich-Erzähler trifft bei einem Bergaufstieg im Kaukasus auf den Offizier Maxim Maxymitsch, der von den gemeinsamen Abenteuern mit dem Protagonisten Grigorij Alexandrowitsch Petschorin berichtet.
Dieser junge Soldat hat einen starken Eindruck auf den Offizier gemacht. Schon anfangs erschien ihm dieser als ein Sonderling. Nach einer muslimischen Hochzeit entführt Petschorin ein Pferd, um an die schöne Bela zu kommen. Diese wird später aus Rachgier ermordet. Nach anfänglicher Begeisterung hatte Petschorins Interesse für das junge Mädchen allerdings rasch abgenommen. Ihr Tod verhindert ein stärkeres Offenbarwerden seines Überdrusses. Das Herz bleibt ihm kalt, sein Verhalten teilnahmslos und lethargisch. Er empfindet Langeweile, ennui.
Der Erzähler trifft später erneut auf Maxim Maxymitsch. Zufällig trifft auch Petschorin ein und verhält sich kühl und gelangweilt. Der Erzähler kommt an die Tagebücher Petschorins. Diese beschreiben die Gedanken und Erlebnisse Petschorins, etwa als Offizier in dem Städtchen Tamanj, in dem ihm unter rätselhaften und befremdenden Umständen sein Hab und Gut gestohlen wird und er beinahe ersäuft wird. Die Episode trägt eindeutig romantische Züge. Dunkelheit, Nebel und Mondschein bedingen die schauerhafte und fantastische Szenerie, die Figuren agieren unbewusst und schlafwandlerisch.
In der Erzählung um die Prinzessin Mary wird sein Charakter offenbarer und nimmt Kontur an. Er bringt den einfältigen Gruschnitzkij um die Tochter der Fürstin Ligowskaja, Mary, der Gruschnitzkij vollständig verfallen ist und die dem kühl kalkulierendem Petschorin ihre Liebe gesteht. Es kommt zu einem Duell, in dem Petschorin Gruschnitzkij tötet. Petschorin gesteht der Prinzessin, nur mit ihr gespielt zu haben und zum Heiraten völlig unfähig zu sein. In dem letzten Tagebucheintrag Der Fatalist wird eine Wette beschrieben, in der zwischen Schicksalsglauben (Prädestination) und dem freien Willen des Menschen verhandelt wird. Dies wird zu Gunsten des Fatalismus entschieden, allerdings nicht ohne aktivistische Tendenz: „Es ist meine Art, an allem zu zweifeln: doch hindert mich diese Eigenschaft nicht, wo es nötig ist, Entschiedenheit des Charakters zu zeigen“.
Der Protagonist
Petschorin ist ein pessimistischer Fatalist in der äußeren Gestalt eines Dandys. Er ist mit einem großen Bewusstsein und einer hohen Intelligenz ausgestattet und hofft, die ihn zyklisch und gnadenlos überwältigende Langeweile durch die Außenwelt ersticken zu können.
Petschorin ist zutiefst amoralisch und sich seiner unheilvollen und charismatischen Ausstrahlung auf andere Menschen bewusst. Er nutzt diese Erfahrungen, um Genuss zu empfinden. Dies sind allerdings nur kurzfristig-hedonistische Motive: „Ich habe einen unglückseligen Charakter [...]. Wenn ich die Ursache des Unglücks anderer bin, ich mich selber nicht weniger unglücklich fühle“. Sein Wille zur Macht ist selbstreferentiell, wird als Gewohnheit erlebt und erschöpft sich in Sadismus. Aber das Prinzip des Amoralisch-Bösen und Leid Verursachenden wirkt anziehend auf seine Mitmenschen, die er beständig ins Verderben führt.
Er berechnet die Wirkung seiner Existenz präzise und systematisch. Sein sich der ewigen Wiederkehr widersetzendes Verlangen nach Freiheit und größtmöglicher Kontingenz lässt jegliche Beziehung zu den Menschen unmöglich werden. Er ist ein zutiefst schwermütiger, verschwommener Mensch. Er hadert mit dem Schicksal, welches ihn determiniert und nicht anders handeln lässt und er ist unschlüssig über den Sinn seiner Existenz, die ihm nur in Gestalt von Gewohnheit und Wiederholung erscheint. Er handelt weitgehend egoistisch und egozentrisch: „Die Leiden und Freuden der andern kann ich immer nur in Beziehung zu mir selber betrachten, als eine Speise, die meine seelischen Kräfte aufrechterhält“.
Es kommt zu einer Spaltung zwischen seiner automatisierten Handlungsweise und seinem Verstand, der über einen diffusen Schicksalsglauben nichts annimmt und die Sinnfrage nicht hinreichend beantworten kann. Der Held kann kein Held im herkömmlichen Sinne sein, er ist ein skeptischer Mensch, der sich nur selbst beobachten kann: „Schon längst lebe ich nicht mehr mit dem Herzen, sondern nur noch mit dem Kopf. Meine eigenen Leidenschaften und Handlungen beobachte ich und wäge sie mit strengster Neugierde ab, doch ohne Mitgefühl“. Er verzweifelt an dem ewig Gleichen und der dumpfen, triebhaften Sinnlosigkeit seiner Existenz. In seiner Unbeständigkeit sehnt er sich nach Offenheit und Freiheit und kann sich nicht festlegen, keine Prinzipien anerkennen.
Die Figur ist als Typus zu verstehen und vereinigt zeitspezifische Charakteristika aus mentalitäts- und geistesgeschichtlichen Faktoren.
Adaptionen
Ein Held unserer Zeit, Hörspiel basierend auf der Übersetzung von Peter Urban, Bearbeitung: Elisabeth Panknin, Mitwirkende: Gunther Schoß, Michael Rotschopf, Maxim Kowalewski, Jeanette Spassova, Ingo Hülsmann, Donata Höffer, Linda Olsansky, Komposition: Andreas Bick, Regie: Oliver Sturm, HR/SWR/DLF 2008, Dauer: ca. 70', Erstsendung: 6. April 2008
Kategorien:- Literatur (19. Jahrhundert)
- Literatur (Russisch)
- Literarisches Werk
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