- Endecasillabo
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Der Endecasillabo (italienisch, "elf Silben", Plural endecasillabi) ist seit Dante Alighieri die in der italienischen Dichtung meistgebrauchte Verszeile. Sein Name leitet sich von der Tatsache her, dass im Italienischen nicht die Versfüße, sondern (ähnlich wie im Französischen) die Silben gezählt werden.
Der Vers ist nicht identisch mit dem antiken Hendekasyllabus.
Bei diesem Vers liegt die letzte Betonung immer auf der zehnten Silbe. Sofern der Vers unbetont endet, also eine weibliche Kadenz hat, wie die meisten italienischen Wörter, zählt der Endecasillabo also wirklich immer elf Silben.
Beispiel
Ein Sonett von Gaspara Stampa (zwei aufeinander folgende Vokale werden beim Lautlesen miteinander verschliffen, so dass sich nur eine Silbe daraus ergibt):
- O diletti d'amor dubbi e fugaci
- O speranza che s'alza e cade spesso,
- E nasce e more in un momento istesso;
- O poca fede, o poco lunghe paci!
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- Quegli, a cui dissi: - Tu solo mi piaci,
- E pur tornato, io l'ho pur sempre presso,
- Io pur mi specchio e mi compiaccio in esso
- E ne' begli occhi suoi chiari e vivaci;
- E tuttavia nel cor mi rode un verme
- Di fredda gelosia, freddo timore
- Di tosto tosto senza lui vederme.
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- Rendi tu vana la mia téma, Amore
- Tu, che beata e lieta pòi tenerme,
- Conservandomi fido il mio signore.
Neben der Betonung am Versende hat der klassische Endecasillabo fast immer eine klare Nebenbetonung, entweder auf der vierten (= endecasillabo minore) oder auf der sechsten Silbe (= endecasillabo maiore). Daraus ergibt sich eine wechselnde Zäsur in diesem Vers.
Beispiel
Der Beginn von Dantes "Göttlicher Komödie":
- Nel mezzo del cammin / di nostra vita
- mi ritrovai / per una selva oscura
- ché la diritta via era smarrita...
Im Deutschen wird der Endecasillabo einfach durch einen hyperkatalektischen jambischen Pentameter wiedergegeben. Den Endecasillabo verwendeten vor allem auch Dante in seinen terza rima sowie Petrarca in seinen Sonetten.
Deutsches Beispiel (von Goethe, Gedicht in Form einer Stanze)
- Der Morgen kam; es scheuchten seine Tritte
- Den leisen Schlaf, der mich gelind umfing,
- Dass ich, erwacht aus meiner stillen Hütte
- Den Berg hinauf mit frischer Seele ging;
- Ich freute mich bei einem jeden Schritte
- Der neuen Blume die voll Tropfen hing;
- Der junge Tag erhob sich mit Entzücken,
- Und alles war erquickt mich zu erquicken.
In deutscher Sprache (und noch stärker im Englischen) blieben stattdessen der zehnsilbige Blankvers mit männlicher Kadenz vorherrschend. In der französischen Dichtung dominieren hingegen der Alexandriner und der Vers Commun.
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