- Zäsur
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Die Zäsur (lat. caesura „Schnitt“) ist allgemein ein (gedanklicher) Einschnitt.
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Die Zäsur in der Rhetorik und Poetik
Zäsuren sind beispielsweise in der römischen, griechischen und germanischen Dichtung Einschnitte, die nach bestimmten Quantitäten im Vers erfolgen. Dieser Einschnitt kann im Unterschied zur Dihärese, die häufig in der Bukolik verwendet wird, auch innerhalb des Versfußes liegen, wodurch der Versfuß oder Takt auf zwei Wörter verteilt wird.
Eine Zäsur markiert eine minimale Pause beim Lesen, wie zum Beispiel im Hexameter. Ein Hexameter setzt sich aus Daktylen und Spondeen zusammen. Ein Daktylus besteht aus einer langen und zwei kurzen Einheiten. Ein Spondeus besteht aus zwei langen Einheiten. Bei der Platzierung von Zäsuren wird eine lange Einheit als eins gezählt und zwei kurze Einheiten ebenfalls als eins. Es gibt folgende Zäsuren:
- Trithemimeres (nach drei Halbverseinheiten)
- Penthemimeres (nach fünf Halbverseinheiten)
- Kata triton trochaion (zwischen den beiden Kürzen der dritten Verseinheit)
- Hephthemimeres (nach sieben Halbverseinheiten).
Die Zäsur in der Verslehre wird auch Inzision genannt, speziell beim Pentameter. In deutscher Metrik heißt die Zäsur nach einer Hebung männlich, nach einer Senkung weiblich oder klingend. Die Zäsur im Vers teilt die Verszeile in mehrere Teile (Kola). Der Begriff Zäsur (oder Dihärese) existiert auch in der Literatur, besonders der Lyrik, in der Architektur und der Musik. In letzterer handelt es sich um einen kurzen senkrechten Strich in der Notenschrift, der Sängern oder Spielern von Blasinstrumenten anzeigt, wo geatmet werden soll. In diesem Sinne wird diese Notation auch bei anderen Instrumenten angewandt, um eine gedankliche Pause im Stück anzuzeigen.
In den verschiedenen Kunstformen hat die Zäsur verschiedene Wirkungen, die von entspanntem Innehalten bis zur spannungsgeladenen Stille/Pause, einem Einschnitt, reichen. Insofern ist sie ursprünglich der Rhetorik zuzuordnen.
Beispiel
Alexandriner aus Es ist alles eitel (1637) von Andreas Gryphius (Auszug):
- Du siehst, wohin du siehst, | nur Eitelkeit auf Erden.
- Was dieser heute baut, | reißt jener morgen ein,
- Wo itzund Städte stehn, | wird eine Wiese sein,
- Auf der ein Schäfers Kind, | wird spielen mit den Herden.
Die Zäsur in der Geschichtsforschung
Die Zäsur in der Geschichtsforschung beschreibt einen markanten Einschnitt, also die Grenze zwischen zwei Zeitepochen. Beispiele für solche Zäsuren für die moderne Gesellschaft sind etwa die Oktoberrevolution 1917 bzw. das Ende des Ersten Weltkriegs 1918, das Ende des Zweiter Weltkriegs 1945, die Wende 1989 in der DDR, die zur deutschen Wiedervereinigung führte. Oft werden auch die Terroranschläge am 11. September 2001 als Epocheneinschnitt bzw. Zäsur bezeichnet, was aus historischer Sicht jedoch noch nicht eindeutig genug bestimmt werden kann. Ein Beispiel in der Antike war etwa die Diktatur Sullas ab 82. v. Chr. Weitere Beispiele für Zäsuren in der Neuzeit sind das Ende des Dreißigjährigen Kriegs 1648, die Französische Revolution 1789 oder der Wiener Kongreß 1815, der zur Neuordnung Europas nach der napoleonischen Ära führte.
Die Zäsur in der Musik
In der Musik ist die Zäsur ein Einschnitt bzw. Ruhepunkt in der Tonfolge, der durch das Notenschriftzeichen „Zäsur“ (Unicode-Zeichen U+1D113) wiedergegeben wird. Die Zäsur findet sich hauptsächlich in Vokalliteratur und dient in erster Linie als Atempause. Sie kann jedoch auch als agogisches Stilmittel verwendet werden. In der Regel wird die vorausgehende Note zum Luftholen entsprechend gekürzt. Dabei wird das Tempo der Musik nicht oder kaum beeinflusst. Die Zäsur ist nicht zu verwechseln mit dem Asteriscus (Siehe: Psalmodie)
Weblinks
Wiktionary: Zäsur – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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