- Erektile Dysfunktion
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Eine erektile Dysfunktion – Abkürzung ED, auch Erektionsstörung, Potenzstörung, veraltet: Impotentia coeundi (von lateinisch coire ‚zusammengehen‘, ‚sich begatten‘, vgl. Koitus), im Volksmund auch Impotenz – ist eine Sexualstörung, bei der es einem Mann über einen gewissen Zeitraum hinweg in der Mehrzahl der Versuche nicht gelingt, eine für ein befriedigendes Sexualleben ausreichende Erektion des Penis zu erzielen oder beizubehalten. Kurzfristige Erektionsstörungen gelten hingegen nicht als ED.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung
Die ED ist eine schwerwiegende Erkrankung. Dank moderner Untersuchungsmethoden ist heute bekannt, dass in der überwiegenden Mehrzahl organische Leiden eine Rolle spielen. Treten jedoch gleichzeitig nächtliche Erektionen auf, sind psychische Ursachen (wie Stress) anzunehmen.
Die ED ist häufig auch Vorbote anderer, noch schwerer wiegender Erkrankungen und sollte daher immer ärztlich untersucht werden. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die ED oft ein Hinweis auf bevorstehenden Herzinfarkt und Schlaganfall ist, da die Blutgefäße des Penis denen des Herzens ähneln. Nach einer diagnostizierten ED sollten daher immer auch vom Internisten weitere Untersuchungen vorgenommen werden.
Viele Betroffene gehen aus falscher Scham zunächst nicht zum Andrologen. Oft aber ist eine rasche – bei Verletzungen sofortige – Untersuchung erforderlich, um Langzeitschäden zu vermeiden und die Fähigkeit zur Erektion erfolgreich wiederherstellen zu können.
Ursachen
Organische Ursachen für die erektile Dysfunktion sind oftmals Zuckerkrankheit, Bluthochdruck, Operationen, Verletzungen am Schwellkörper, aber auch Folgen von langjähriger Einnahme von Suchtmitteln oder Drogen wie Rauchen oder übermäßiger Alkoholkonsum. Dabei kommt es zu Schädigungen von Blutgefäßen oder Schwellkörpern. Besonders ältere Männer leiden an ED, Schätzungen zufolge jeder zweite Mann über 40. Nach amerikanischen Erhebungen der letzten Jahre haben 52 % aller Männer, die älter als 40 Jahre sind, mehr oder weniger große Probleme mit ihrer Erektion.
Erektionsprobleme können u. a. bedingt sein durch:
- Verkalkung der zuführenden Blutgefäße
- Lecks in den Schwellkörpern zu den ableitenden Venen (nicht selten, schwer zu erkennen)
- bindegewebigen Umbau der Schwellkörper, z. B. nach Dauererektion (Priapismus)
- Schädigung der die glatte Muskulatur versorgenden Nerven (Nn. erigentes) im kleinen Becken, z. B. durch größere Operationen an Prostata und Mastdarm, Bestrahlung, Verletzung, aber auch durch Blutzuckerkrankheit, Alkoholmissbrauch und andere Stoffwechselerkrankungen mit Neuropathie
- Rückenmarksschädigung, die das Erektionszentrum betreffen, manche Querschnittslähmungen (nicht alle)
- Medikamente, die Neuro-Blocker beinhalten (z. B. Antiepileptika, Antidepressiva)
- Betablocker
- psychische Ursachen wie Stress
- sehr selten: Mangel an männlichem Geschlechtshormon. Bei Testosteronspiegeln unter 15 nmol/l ist ein Libidoverlust wahrscheinlicher, bei Spiegeln unter 10 nimmt die Wahrscheinlichkeit für Depressionen und Schlafstörungen zu, Hitzewallungen und erektile Dysfunktion werden meist erst bei unter 8 beobachtet.[1]
Diagnose
Der Urologe wird zuerst in einem Anamnesegespräch klären, wie die sexuellen Probleme genau aussehen und seit wann sie bestehen. Hierin bieten sich erste Anzeichen, ob es psychische Faktoren gibt, die zum Potenzverlust führen. Es folgt eine Risiko- und Medikamentenanamnese, um herauszufinden, ob der Patient Vorerkrankungen hat, welche zur ED führen könnten, ob er Medikamente mit einem solchen Effekt einnimmt.
Eine körperliche Untersuchung und der Ultraschall können Hinweise auf Verletzungen geben; aus einer Blutprobe lässt sich auf hormonelle Störungen schließen. Bei nicht schwerwiegenden Befunden wird der Patient mit PDE-5-Hemmern versorgt. Schlägt die Therapie nicht an oder gibt es Anzeichen für organische Schäden (z. B. an Gefäßen), werden invasivere Methoden gewählt, um die Ursache zu finden. Hierzu zählen:
- Nächtliche penile Tumeszenz- und Rigiditätsmessung (NPTR-Messung)
- Corpus-Cavernosum-Elektromyogramm (CC-EMG)
- Penile Sympathische Hautantwort (PSH)
- Schwellkörperinjektionstestung (SKIT)
- Pharmakophalloarteriographie (PPAG)
- Pharmakokavernosometrie und -graphie (PKMG)
Die NPTR-Messung zeichnet nächtliche Erektionen auf. Ein Gesunder hat diese drei bis sechs Mal pro Nacht, mindestens zehn Minuten lang. Treten sie beim Kranken auf, ist eine organische Störung ausgeschlossen, es muss psychische Gründe für die ED geben. Bei der SKIT, die auch als Schwellkörperinjektionstherapie genutzt wird, wird durch Medikamente (Papaverin, Phentolamin und Prostaglandin) eine Erektion hervorgerufen. Hält sich diese über 15 Minuten, kann eine Störung der Gefäße mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Eine während des Anflutens des Blutes gemachte Duplexsonographie bietet während dessen objektive Daten über den Blutfluss.
CC-EMG und PSH messen Nerven- bzw Muskelaktivitäten. Mit ihnen können also nervöse und muskuläre Leiden ausgeschlossen werden. Bringt die SKIT ein verdächtiges Ergebnis, können mittels PPAG arterielle und mittels PKMG venöse Ursachen gesucht werden. Beim PPAG werden die Arterien des Schwellkörpers mit Kontrastmittel und Röntgengerät dargestellt. Beim PKMG wird der Druck im Penis gemessen, während dieser durch Medikamente bzw. Kochsalzinfusion steif gehalten wird. Gelingt dies nur unter hohem Fluss von Kochsalz oder gar nicht, wird von einer venösen Abflussstörung ausgegangen.
Behandlung
Neben den organischen Ursachen liegt die wichtigste Ursache für erektile Dysfunktionen im psychischen Bereich und dem Rollenverständnis des Mannes, der sich Erwartungen gegenübersieht, die er nicht erfüllen kann oder möchte. Da diese Vorgänge zum Teil unterbewusst ablaufen, kann eine Sexualtherapie mit Paarbezug hilfreich sein. In seltenen Fällen kommen auch sogenannte Surrogatpartner zum Einsatz, die die Rolle des Wunschpartners übernehmen und eine erwartungsfreie Begegnung mit der eigenen Sexualität ermöglichen. Masters und Johnson stellten in den 1970ern fest, dass die Behandlung von Homosexuellen am einfachsten ist, da sie nicht unter dem „Druck“ stehen, einen Koitus wie Heterosexuelle ausführen zu müssen.
In vielen Fällen können potenzsteigernde Medikamente die Beschwerden lindern. Von der Selbstmedikation, insbesondere mit im Internet bestellten Arzneistoffen, ist dringend abzuraten, da vor der Einnahme bestimmte Kontraindikationen ausgeschlossen werden müssen.
Manchmal lässt sich eine ED operativ beheben, etwa bei bestimmten Gefäßverletzungen. Radikalmaßnahmen hingegen, wie die Penisprothese, kommen nur noch sehr selten zum Einsatz.
Ergänzend hierzu bzw. anstelle der medikamentösen Therapie kann eine sogenannte Penispumpe (bei ärztlicher Verordnung Kostenübernahme durch Kasse) eingesetzt werden; positiv: bei sachgemäßer Anwendung sind keine Nebenwirkungen zu erwarten.
Derzeit erhältliche Medikamente
Derzeit zugelassen und in wissenschaftlichen Studien untersucht sind die rezeptpflichtigen PDE-5-Hemmer Sildenafil (Viagra), Vardenafil und Tadalafil (derzeit keine Kostenübernahme durch Kassen). PDE-5-Hemmstoffe wirken nicht bei kompletter Schädigung der für die Erektion zuständigen Nerven. Apomorphin und Yohimbin werden kaum noch verordnet.
Eine wichtige Alternative sind lokal angewandte Prostaglandine, die überwiegend wirksam sind, aber injiziert oder in die Harnröhre eingebracht werden müssen. Vor allem die Injektion ist als SKAT-Methode (Schwell-Körper-Autoinjektions-Therapie) verbreitet, führt aber auf lange Sicht zur weiteren Verschlechterung der Situation und zu irreversiblen Schädigungen des Schwellkörpergewebes. MUSE (Medikamentöses Urethrales System zur Erektion) ist die Verabreichung des Wirkstoffs in Tablettenform über ein mechanisches Gerät in die Harnröhre, wo er über die (feuchte) Schleimhaut aufgenommen wird.
Erektile Dysfunktion im Sozialleben
In der Öffentlichkeit werden die Beeinträchtigungen der Betroffenen durch ihre Erkrankung, insbesondere die psychischen Nebenfolgen, oft nicht in ausreichendem Maß wahrgenommen. In Deutschland sind private und gesetzliche Krankenkassen zur Übernahme der Kosten von Potenzmitteln nicht verpflichtet.
Prominente wie der legendäre Fußballspieler Pelé unterstützen Kampagnen, um ED zu enttabuisieren. Genau dieser Kampagne wird aber auch eine (bewusste) Umgehung des in Deutschland geltenden Verbotes der Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente vorgeworfen, obwohl kein Markenname explizit genannt wird.
Kirchenrecht
Die impotentia coeundi ist auch ein Begriff des katholischen Kirchenrechtes. Hier gilt eine anhaltende impotentia coeundi nach kirchlicher Auffassung als Ehehindernis. In diesem Zusammenhang wird darunter allgemein die Unmöglichkeit des Geschlechtsaktes zwischen Ehepartnern verstanden, unabhängig davon, ob die Ursache beim Mann oder bei der Frau liegt.[2]
Siehe auch
- Andrologie
- Anorgasmie
- Beckenbodentraining
- Frigidität
- Induratio Penis plastica
- Penisknochen (Baculum)
- Sexualität
Literatur
- Richard Hautmann, Hartwig Huland: Urologie. 3. überarbeitete Auflage. Springer Medizin, Heidelberg 2006, ISBN 3-540-29923-8, S. 349ff.
- Volkmar Sigusch (Hrsg.): Sexuelle Störungen und ihre Behandlung. 4. überarbeitete und erweiterte Auflage. Georg Thieme, Stuttgart u. a. 2007, ISBN 978-3-13-103944-6.
Weblinks
Commons: Erectile dysfunction – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- www.erektions-sprechstunde.de
- www.urologielehrbuch.de Kapitel Erektile Dysfunktion
- Erektile Dysfunktion nach Prostata-Operation
- Hintergrundinfos und Selbsttest des Deutschen Internistenverbandes
- Infoportal zum Thema Erektionsstörung
Einzelnachweise
- ↑ Ärzte Zeitung, 28. April 2010, S. 15
- ↑ Kursawa, Wilhelm: Impotentia coeundi als Ehenichtigkeitsgrund : eine kanonistische Untersuchung zur Auslegung und Anwendung von Canon 1084 des Codex Iuris Canonici 1983. Echter, Würzburg 1995, ISBN 3-429-01681-9 (Zugl.: Bonn, Univ., Diss., 1994).
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