Ernest Beaux

Ernest Beaux
Ernest Beaux, um 1921

Ernest Beaux (* 8. Dezember 1881 in Moskau; † 9. Juni 1961 in Paris) war ein französischer Parfümeur, der vor allem durch seine Kreation von »Chanel Nº 5« (1921), dem vielleicht erfolgreichsten Duft aller Zeiten, bekannt ist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ernest Beaux war der zweite Sohn des französischen Parfümeurs Edouard Beaux, der für die bedeutende russische Parfümfirma und den Hoflieferanten des Zaren Alphonse Rallet & Co. in Moskau arbeitete, die 1898 mit etwa 1500 Angestellten und 675 Produkten von der Grasser Firma Chiris gekauft wurde. Nach seiner Schulzeit machte Ernest Beaux 1898–1900 eine Lehre als Laborant in der Seifenfabrik von A. Rallet & Co. und wurde im Anschluss daran zum zweijährigen Wehrdienst nach Frankreich einberufen. 1902 kehrte er nach Moskau zurück und begann unter Rallets Chef-Parfümeur und technischem Direktor A. Lemercier seine Ausbildung zum Parfümeur, die er 1907 mit der Beförderung zum Senior-Parfümeur abschloss. Seinen ersten Erfolg feierte er 5 Jahre später mit dem »Bouquet de Napoleon«, einem blumig ausgestalteten Duft vom Typ Kölnisch Wasser. Ein Damenduft sollte folgen, das »Bouquet de Catherine«, eine Hommage an Katharina die Große zum dreihundertjährigen Bestehen der Romanow-Zarendynastie. Da Katharina die Große deutscher Abstammung war, wurde der Duft, der sich an »Quelques Fleur« (Houbigant, 1912) anlehnte, aber durch eine betonte Aldehydnote unterschied, mit Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 in »Rallet N°1« umbenannt. Während seine Parfümeurs-Kollegen bei Rallet mit dem Ausbruch der Oktoberrevolution zu Chiris nach La Bocca, Frankreich, flohen, um dort weiterzuarbeiten, blieb Beaux von 1914–1919 im Militärdienst und befehligte im folgenden Russischen Bürgerkrieg ein Gefangenenlager mit Bolschewisten auf der Kola Halbinsel in der Oblast Murmansk. Nachdem sie auf der Flucht vor der Oktoberrevolution auf einem Schiff nach Norwegen einen anderen Mann kennengelernt hatte, ließ sich seine erste Frau in Abwesenheit von ihm scheiden.

Beaux kam Ende 1919 als einer der letzten früheren Rallet-Angestellten zu Chiris nach La Bocca und nahm die Arbeit an »Rallet N°1« wieder auf, um die Formel an die bei Chiris vorhandenen Parfümrohstoffe anzupassen. Die Serien von Parfüms, aus denen Coco Chanel später die Nummer 5 auswählen sollte, sind mit großer Wahrscheinlichkeit diese Adaptionsversuche.[1]

Chanel und N°5

Da Joseph Robert bei Chiris Chef-Parfümeur war und es wenig Aufstiegsmöglichkeiten für Beaux gab, versuchte dieser durch seine Kontakte zur emigrierten russischen Nobilität an Projekte zu kommen. Durch den russischen Großfürsten Dmitri Pawlowitsch Romanow (1891–1942), der damalige Liebhaber der aufstrebenden Modeschöpferin Coco Chanel (1883–1971), konnte er im Spätsommer 1920 im benachbarten Cannes ein Treffen arrangieren, bei der er seine bisherigen Arbeiten vorstellte. Als Weihnachtsgeschenk für ihre Kunden wählte Chanel den Flakon Nr. 5 der Adaptationen von »Rallet N°1«. Als Beaux sie fragte, wie sie das Parfüm zu nennen gedenke, antwortete sie: „Ich lanciere meine Kollektionen jeweils am fünften Tag des fünften Monats, die Fünf scheint mir Glück zu bringen.“[2] [3] Zunächst wurden nur 100 Flakons von »Chanel Nº 5« gefertigt, die 1921 gratis zu Weihnachten an ihre besten Kundinnen verschenkt wurden. Die Nachfrage war aber so groß, dass sie sich 1922 entschied den Duft offiziell zu lancieren. Beaux verließ Chiris 1922 um eine Vertretung für seinen Freund Eugene Charabot in Paris zu führen. »Chanel Nº 5« lief aber so gut, dass Bader und Wertheimer, die Inhaber von Galeries Lafayette Coco Chanel am 4. April 1924 die Rechte abkauften und Parfums Chanel gründeten, deren Chef-Parfümeur Beaux wurde und für die er viele berühmte Parfüms kreierte. Da Coco Chanel, die den wirklich großen Durchbruch erst 1925 mit dem Kleinen Schwarzen hatte, sich von Wertheimer übervorteilt fühlte, kämpfte Beaux nach dem 2. Weltkrieg noch einmal mit Coco Chanel und kreierte Konkurrenzprodukte zu seinen eigenen Schöpfungen, unter anderem »Mademoiselle Chanel Nº 1« (1946), das Coco Chanel nur in ihren eigenen Geschäften anbot. Dies führte zu einigen Gerichtsprozessen, bis Wertheimer schließlich nachgab und Chanels Beteiligung aufstockte, später sogar die Wiedereröffnung ihres Haute Couture Hauses finanzierte.

Kreationen

  •  »Bouquet de Napoleon« (1912)
  •  »Bouquet de Catherine« (1913)
  •  »Rallet Nº 1« (1914)
  •  »Rallet Le Gardenia« (1920)
  •  »Chanel Nº 5« (1921)
  •  »Chanel Nº 22« (1922/1926)
  •  »Cuir de Russie« (1924)
  •  »Gardénia« (1925)
  •  »Bois des Îles« (1926)
  •  »Soir de Paris« (1929)
  •  »Kobako« (1936)
  •  »Mademoiselle Chanel Nº 1« (1946)
  •  »Mademoiselle Chanel Nº 2« (1946)
  •  »Premier Muguet« (1955)

Erwähnenswertes

  • Der Legende nach ist der Duft der Düfte einem Missgeschick zu verdanken: Eine Assistentin habe zehnmal mehr Aldehyde in die Mischung getan, als von Beaux angeordnet. Da der Rose–Jasmin Akkord allerdings perfekt mit dem Aldehyd-Komplex ausbalanciert ist, ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass die Komposition das Resultat systematischer Studien ist.

Literatur

  • Andrea Hurton: Erotik des Parfüms. Geschichte und Praxis der schönen Düfte, Eichborn Verlag Frankfurt am Main (1991) ISBN 3-8218-1299-0
  • Philip Kraft, Christine Ledard, Philip Goutell: From Rallet N°1 to Chanel N°5 versus Mademoiselle Chanel N°1, Perfumer and Flavorist 2007, Vol. 32 (Oct.), S. 36–48.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Joachim Laukenmann: Es riecht nach Remake. Chanel Nº5 ist aus einem gefloppten russischen Parfüm entstanden, SonntagsZeitung vom 30. September 2007, S. 80.
  2. Andrea Hurton: Erotik des Parfüms. Geschichte und Praxis der schönen Düfte, Eichborn Verlag Frankfurt am Main (1991) ISBN 3-8218-1299-0
  3. Liz Smith: Fashion: On the scent of a legend, The Times (1987)

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