Ernst Spitz

Ernst Spitz

Ernst Spitz (* 27. Juni 1902 in Kronstadt in Siebenbürgen, Österreich-Ungarn; † 22. Juni 1940 im KZ Buchenwald) war ein Journalist und Buchautor.

Biograf Andreas Hutter am 2005 von ihm wiederentdeckten Grab von Ernst Spitz in Wien

Inhaltsverzeichnis

Leben

Spitz wuchs in einer großbürgerlichen Familie in Wien auf; sein Vater war Bankdirektor. Als Gymnasiast trat er in Wien dem kommunistischen Jugendverband bei. Als junger Reporter war er bei der "Roten Fahne" tätig, dem Zentralorgan der KPÖ. 1924 wurde er aus der Partei ausgeschlossen und gab ihre Ideologie auf.

1923 wurde Spitz als Reporter bei einer Demonstration vor dem Wiener Parlament verhaftet, ein in der heimischen Pressegeschichte beispielloser Fall mit einem Nachspiel im Justizausschuss des Nationalrates. Ernst Spitz verbrachte zwei Monate in Haft[1] und verfasste nach seiner Entlassung in der linken Boulevardzeitung Der Abend 1924 die Aufsehen erregende Artikelserie »Kerker« über die katastrophalen Missstände in österreichischen Gefängnissen. Der Malik-Verlag brachte seine Enthüllungsreportagen noch im gleichen Jahr in einem Sammelband heraus[2].

1925 war Spitz redaktioneller Mitarbeiter des Wiener Boulevardblattes "Die Stunde", verlegt vom umstrittenen Imre Békessy. Spitz' im Kollegenkreis geäußerte Kritik am korrupten und erpresserischen Verhalten des Blattes ist seinem Bericht zufolge durch seinen damaligen Kollegen Billy Wilder an die Geschäftsleitung des Verlages gelangt; Spitz wurde entlassen.

1926 machte er seine Kritik in Buchform öffentlich. Dadurch bestätigte er die von Karl Kraus in seiner Zeitschrift Die Fackel vehement geübte Kritik an Békessy und gab der Wiener Staatsanwaltschaft Anlass, Erhebungen einzuleiten. Diese führten zur "Flucht" Békessys nach Paris.

Ernst Spitz galt laut Hutter (s.u.) als einer der schillerndsten Kaffeehausliteraten der Ersten Republik und als Mitstreiter von Karl Kraus und Jura Soyfer. 1933 ging Spitz nach Paris und kam dort in Kontakt mit dem deutschsprachigen Exilkabarett. 1935 kehrte er nach Wien zurück und arbeitete als Autor an den Kabarettbühnen "ABC" und "Theater für 49" mit[3]. Mit Jura Soyfer, Leon Askin und dem jungen Fritz Eckhart arbeitete er für das Kellerkabarett "ABC"[4].

Spitz wurde im Juni 1938 in Wien verhaftet und war bis Februar 1939 in den KZs Dachau und Buchenwald inhaftiert. Im Juni 1939 wurde er neuerlich ins KZ Buchenwald gebracht und dort 1940 auf der Flucht erschossen, d.h. ermordet.

Werke

  • Du gehst vorbei. Bericht über die Verhältnisse in österreichischen Gefängnissen. Mit einer Erwiderung der landesgerichtlichen Gefangenenhausdirektion in Wien. Berlin, Wien: Malik, 1924
  • Békessys Revolver. Wien: Saturn, 1926
  • Békessys Revolver. Heft 2. Wien: Wittenberg, 1927

Literatur

  • Andreas Hutter: Rasierklingen im Kopf. Ernst Spitz - Literat, Journalist, Aufklärer. Biographie und Lesebuch. Wien: Mandelbaum Verlag, 2005. 301 Seiten. ISBN 3-85476-160-0
  • Andreas Hutter: "Spitz Ernst, Journalist und Schriftsteller". In: Österreichisches biographisches Lexikon 1815-1950, Hg. Österreichische Akademie der Wissenschaften, 59. Lieferung, Wien 2007, S. 35f.
  • Andreas Hutter und Klaus Kamolz. Billie Wilder. Eine europäische Karriere. Wien, Köln, Weimar: Böhlau Verlag, 1998. 253 Seiten. ISBN 3-205-98868-X
  • Armin Thurnher: "Hinaus aus Wien mit dem Schuft!" Fall Békessy. Auszug aus dem Vortrag Medien, lokal und global, "Karl-Kraus-Vorlesung" der "Wiener Vorlesungen", 11. April 2008, Rathaus. In: Falter, Nr. 16/2008 (16. April 2008), S. 21/22.

Einzelnachweise

  1. Website des Mandelbaumverlages, Eintragung 2006
  2. ORF-Webseite zu Ö1-Sendung vom 2. August 2006
  3. David Axmann, Buchbesprechung vom 1. April 2006, Website der Wiener Zeitung
  4. ORF, a.a.O.

Weblinks


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