- Ethnomedizin
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Ethnomedizin beschäftigt sich mit der Definition und Interpretation von Gesundheit und Krankheit in unterschiedlichen Kulturen sowie mit den daraus resultierenden kulturspezifischen Heil- und Behandlungsweisen.
Von einigen Autoren wird Medizinethnologie als treffendere Bezeichnung für dieses Wissenschaftsgebiet angesehen, da diese in der Systematik bleibt, die im ersten Wortteil den Gegenstand benennt, im zweiten die damit befasste Disziplin (vgl. Wirtschaftsethnologie, Architekturethnologie, Rechtsethnologie). Der in der aktuellen Literatur sehr verbreitete Begriff der „Ethnomedizin“ betont die Besonderheit innerhalb der Medizin (mit ethnologischen Methoden) zu forschen und zu handeln.
Die Ethnomedizin stellt ein interdisziplinäres Arbeitsfeld dar, das die Medizin und angrenzende Naturwissenschaften sowie Sozial- und Gesellschaftswissenschaften wie die Ethnologie, Medizinsoziologie und Psychologie verbindet. Sie beschäftigt sich mit traditionellen medizinischen Systemen im Kulturvergleich sowie mit der medizinischen Entwicklungshilfe. Ziel ist es, medizinische Kenntnisse und Praktiken in den verschiedenen Kulturen zu erfassen, kulturübergreifende und -vergleichende Studien anzustellen und das kulturelle Erbe der Volksmedizin in vielen Ländern der Welt zu bewahren. Ergebnisse der ethnomedizinischen Forschung können z.B. im Umgang mit Patienten aus anderen Kulturen und bei der Durchführung von medizinischen Projekten in Ländern der Dritten Welt Anwendung finden. Die Ethnomedizin kann auch als Hintergrund zur Reflexion des eigenen Medizinverständnisses dienen.
Während an den Universitäten im englischen und französischen Sprachraum die „Medical Anthropology“ oder „Anthropologie medicale“ schon seit Jahrzehnten etabliert ist, wurde erst 1993 mit der Einrichtung einer Abteilung für Ethnomedizin im Institut für Geschichte der Medizin an der Universität Wien ein erster Vorstoß im deutschsprachigen Raum unternommen.
In Deutschland haben sich Wissenschaftler der verschiedenen Disziplinen auf Initiative des Ethnologen Joachim Sterly 1970 in Hamburg in der Arbeitsgemeinschaft Ethnomedizin (AGEM e.V.) zur Förderung des Fachgebietes, zur Herausgabe einer wissenschaftlichen Zeitschrift (früher Ethnomedizin, seit 1978 curare) und zur Öffentlichkeitsarbeit mittels Tagungen zusammengeschlossen.
Im Jahr 1997 gründete sich zudem die Arbeitsgruppe Medical Anthropology in der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde, die seitdem mit dem Auf- und Ausbau medizinethnologischer Forschung und Lehre im deutschsprachigen Raum befasst ist. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe untersuchen Gesundheits- und Medizin-bezogene Phänomene auf der Basis ethnologischer Theorien und Methoden und haben ihre Forschungen in einer Reihe von Tagungen und Sammelbänden vorgestellt.
Literatur
- Arthur Kleinman: Patients and healers in the context of culture. An Exploration of the Borderland Between Anthropology, Medicine, and Psychiatry (Comparative Studies of Health Systems and Medical Care); University of California Press, 1981 , ISBN 0520045114
- Ritual und Heilung: Eine Einführung in die Medizinethnologie , hrg. von Katarina Greifeld, Berlin: Reimer, 3. überarbeitete Auflage 2003, ISBN 9783496027515
- Kulturelle Dimensionen der Medizin. Ethnomedizin - Medizinethnologie - Medical Anthropology, hrg. von Thomas Lux, Berlin: Reimer, 2003
- A Reader in Medical Anthropology: Theoretical Trajectories, Emergent Realities (Blackwell Anthologies in Social & Cultural Anthropology) [Taschenbuch], hrg. von Byron J. Good, Michael M. J. Fischer, Sarah S. Willen und Mary-Jo DelVecchio Good, John Wiley & Sons 2010, ISBN 9781405183147
Siehe auch
Weblinks
- Literatur zum Schlagwort Ethnomedizin im Katalog der DNB und in den Bibliotheksverbünden GBV und SWB
- Portal der Arbeitsgemeinschaft Ethnomedizin
- Definitionen zum Begriff „Ethnomedizin“ im deutschen Sprachraum
Kategorien:- Ethnologie
- Medizinisches Gebiet
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