Etzlaub

Etzlaub
Datei:Rompilger-Karte (Erhard Etzlaub).jpg
Kolorierte Erstausgabe der Romwegkarte, 1500. Nach Süden orientiert, wie alle Karten Etzlaubs.
Miniatur-Karte (93 x 65 mm) außen auf dem Deckel der Taschen-Sonnenuhr von 1511. Diese und eine ähnliche von 1513 wurden seit 1917 irrtümlich als Vorläufer der Mercatorprojektion angesehen.

Erhard Etzlaub (* um 1460 in Erfurt; † Januar 1532 in Nürnberg) war Astronom, Kartograf, „Kompassbauer“ und Doktor der Medizin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

„Erhart Etzlauber“ erlangte 1484 das Bürgerrecht von Nürnberg, das Bürgerbuch verzeichnet dabei jedoch weder Herkunft noch Beruf. Unter der Annahme, dass Etzlaub identisch ist mit dem 1468 an der Erfurter Hochschule immatrikulierten „Eberhardus Eczleiben“, wird sein Geburtsjahr mit 1455-1460 angenähert. Nürnberger Verträge ab 1503 über einen Hauskauf auf Leibrente belegen, dass er damals mit einer Ursula verheiratet war. Brieflich wird er 1500 und 1507 als bedeutender Kompassmacher und 1507 auch als „geschworener Feldmesser“ bezeichnet. 1511 wurde er zum Hauptmann im Viertel am Heumarkt ernannt, bekleidete also eine höchst ehrbare öffentliche Funktion. Durch einen anderen Brief aus dem Jahr 1517 gilt als nachgewiesen, dass er aus Erfurt stammt und spätestens 1513 auch als Arzt tätig war. 1515 bezeichnete er sich im von ihm geschaffenen „Almanach“ (Wandkalender) als „Astronom und Leibarzt der Hohen Schule zu Erfurt“.

Etzlaub starb kinderlos und hinterließ eine Witwe.

Der Kartograf

Romweg-Karte

Anlässlich des Heiligen Jahres 1500, das einen starken Zustrom von Pilgern nach Rom versprach, erstellte er die als Holzschnitt ausgeführte Romweg-Karte im Maßstab von ca. 1:5,6 Mio. (41 x 29 cm) mit dem Titel Das ist der Rom-Weg von meylen zu meylen mit puncten verzeichnet von eyner stat zu der andern durch deutzsche landt., die früheste Straßenkarte Mitteleuropas. Die Karte ist wie alle Karten Etzlaubs gesüdet (Süden liegt oben), drei Himmelsrichtungen sind mit Aufgang, Mittag und Undergang beschriftet. Der Straßenverlauf ist wiedergegeben, Entfernungen zwischen den Städten sind durch Punkte im Abstand je einer Deutschen Meile (7,4 km) messbar, politische Grenzen sind durch unterschiedliche Farbgebung angemerkt, soweit die Blätter (nach Vorgaben des Autors) koloriert wurden (1)). Zeichner, Holzschneider und Drucker werden nicht genannt. Die Karte verzeichnet das Gebiet zwischen dem 58. Breitengrad (Viborg, Dänemark) und dem 41. (Neapel). Die Daten hierfür hatte Etzlaub wohl aus Informationen reisender Kaufleute gesammelt und teilweise wohl auch der nicht erhaltenen Klosterneuburger Fridericuskarte von etwa 1421 entnommen.

Landstraßen-Karte „durch das Romisch reych“

Die zweite verbesserte und erweiterte Ausgabe dieser Pilgerkarte im Format 54,5 x 39,7 cm erschien 1501 unter dem Titel Das sein dy lantstrassen durch das Romisch reych ...; es wurde von Georg Glogkendon gedruckt, dessen Sohn Albrecht 1533 (also nach Etzlaubs Tod) noch eine unveränderte dritte Auflage herausgab. Die Karte deckt das Gebiet zwischen dem 58. Breitengrad und dem 40. (s-lich Salerno) ab, im Westen ist sie gegenüber der früheren um 74 km erweitert und auch in den Randgebieten detaillierter ausgeführt.

Insgesamt (aus allen drei Auflagen) sind mindestens sechs erhaltene Exemplare bekannt, darunter je eines in SUB (Göttingen), Germanisches Nationalmuseum (Nürnberg), Bibliothèque Nationale (Paris), British Library (London) und in der Staatsbibliothek (Berlin, SBB). Die von Etzlaub gesammelte Datenbasis wurde in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts von bedeutenden Kartografen wie Martin Waldseemüller (um 1470–1521 [?]) und Sebastian Münster (1488–1552) übernommen, häufig auch die Südung seiner Arbeit.

Weitere Karten

Neben dieser bekanntesten kartografischen Leistung Etzlaubs sind nur zwei weitere Karten mit Sicherheit nachgewiesen:

  1. Die Nürnberger Umgebungskarte von 1492 (Holzschnitt, 39 x 27 cm, gedruckt bei Jorg Glogkendon): Älteste gedruckte Spezialkarte und älteste politische Karte, zeigt 100 Orte im Radius von 120 km von Nürnberg. Städte werden durch Kreissymbole anstelle damals üblicher stilisierter Stadtansichten dargestellt, wofür nur ein noch früheres Beispiel existiert (die Koblenzer Fragmente).
  2. Eine Karte des Territoriums der Reichsstadt Nürnberg von 1519, die von Etzlaub entworfen und vom Nürnberger Michel Graf auf Pergament gemalt wurde (Maßstab ca. 1:30.000, 94 x 84 cm).
  • Eine bereits 1516 von Etzlaub gezeichnete Karte ist nicht im Original erhalten, aber aus einer Kopie von 1600.
  • Verschollen ist eine Karte der Grundbesitzungen der von Nürnberg angekauften Herrschaft Hauseck, die Etzlaub 1507 gezeichnet hatte.
  • Mit einiger Wahrscheinlichkeit ist (wegen Ähnlichkeiten mit der Karte von 1519) die Karte „Nürnberg im Reichswald“ (Pergament, 60 x 69 cm. 1516) Etzlaubs Entwurf.
  • Ein Zusammenhang zwischen der ersten Landkarte Böhmens des Apothekers Mikuláš Klaudyán (Nikolaus Klaudian oder Claudianus), die 1518 in Nürnberg bei Hieronymus Höltzel gedruckt wurde, und Etzlaubs Arbeiten ist insofern plausibel, als sich Klaudian zuvor mehrmals in Nürnberg aufgehalten hatte und Etzlaub wenigstens 1517 einen seiner Kalender in tschechischer Sprache herausbrachte, die er selbst aber höchstwahrscheinlich nicht beherrschte. Klaudians Karte ist ebenfalls gesüdet, zeigt ähnliche Umrandung Böhmens wie Etzlaubs Romwegkarte, ähnliche Farbgebung und stellt Entfernungen durch Punkte im Abstand von je einer Böhmischen Meile (ca. 9000 m) dar.

Der Kompassbauer

Etzlaubs Sonnenuhr von 1513

Kompass hießen die klappbaren Reise-Sonnenuhren, die in Nürnberg seit den Tagen des Regiomontanus hergestellt wurden und die auch einen Kompass enthielten. Sie wurden auch in der Schifffahrt verwendet. Zwei derartige Stücke Etzlaubs sind erhalten, eines von 1511 befindet sich im Germanischen Nationalmuseum, das andere aus dem Jahr 1513 in den USA.

Die Deckel der Instrumente haben Miniaturkarten im Format von etwa 100 x 80 mm eingraviert, die den Bereich vom Äquator bis zum 67. Breitengrad abdecken und zur Justierung dienen. Gebrauchsanweisungen, die Etzlaub gab, sind im derzeit nicht auffindbaren Codex ad Compastum Norembergensem festgehalten (Staatsbibliothek München).

1507 stellt Michael Beheim, Bruder des Globusherstellers Martin Behaim, seinem Bruder Wolfgang brieflich in Aussicht, ihm mehrere solche Stücke nach Lissabon zu senden, sobald Etzlaub sie in einigen Wochen fertig gestellt habe. 1512 lobt Johannes Cochlaeus in seiner Brevis Germaniae Descriptio die handwerkliche Qualität der vor Etzlaub gebauten Sonnenuhren, „die sogar in Rom begehrt seien“.

Dass Etzlaubs Arbeiten mitunter als Vorläufer der Mercatorprojektion kolportiert wurden, beruht auf fehlerhaften Untersuchungen, die Josef Drecker 1917 an den Miniaturkarten durchgeführt hatte. 2004 kommt Krücken zum Schluss: Erhard Etzlaub als einen ‚Vorläufer‘ Gerhard Mercators anzusehen, bleibt weiter ohne ‚fundamantum in re‘.

Die Almanache

Wappen, mit dem Etzlaub ab 1517 viele, jedoch nicht alle seiner Arbeiten signierte.

Wandkalender, die neben Festtagen, Voll- und Neumonden und Planetenkonstellationen auch in eher esoterischer Art Gesundheitsempfehlungen und Aderlasszeiten angeben, sind ab 1515 belegt, jedoch nicht fortlaufend erhalten, obwohl angenommen werden darf, dass sie danach jährlich erschienen. Sie waren, je nach beabsichtigtem Verbreitungsgebiet, unterschiedlich ausgeführt. Vom Jahr 1520 etwa sind vier Versionen erhalten, nämlich für Hochstift Eichstätt, Stadt Regensburg, Pfalzbayern und Österreich.

Etliche seiner Almanache führen ab 1517 auch Etzlaubs Wappen, das jedoch den großen deutschen Wappensammlungen unbekannt scheint: Es zeigt in Gold einen aus zwei schrägen und schräglinken roten Leisten gebildeten Schragen, in der Mitte und in den vier Winkeln je eine rote Blüte. Die hier dargestellte Form mit den beiden Versalbuchstaben E am oberen Schildrand findet sich erst nach 1517.

Literatur

  • Brigitte Englisch, Erhard Etzlaub's Projection and Methods of Mapping, in: Imago Mundi, 48 (1996), S.103-123 [nicht eingesehen].
  • Nine Miedema, Erhard Etzlaubs Karten. Ein Beitrag zur Geschichte der mittelalterlichen Kartographie und des Einblattdrucks, in: Gutenberg-Jahrbuch 71 (1996), S.99-125 [nicht eingesehen].
  • Frider Schanze, Zu Erhard Etzlaubs Romweg-Karte, dem Drucker Kaspar Hochfeder in Nürnberg und einem unbekannten Nürnberger Drucker in der Nachfolge Hochfeders, Gutenberg-Jahrbuch 71 (1996), S.126-140 [nicht eingesehen].
  • Manfred H. Grieb: Nürnberger Künstlerlexikon, München 2007

Weblinks


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