Europäischer Sozialfonds

Europäischer Sozialfonds
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Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist das wichtigste Finanzierungsinstrument der Europäischen Union zur Unterstützung von Beschäftigungsmaßnahmen in den Mitgliedstaaten sowie zur Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion. Die Ausgaben des ESF belaufen sich auf rund 10 % des Gesamthaushaltes der EU.

Der ESF gehört zu den Strukturfonds der EU, die zur Verbesserung des sozialen Zusammenhalts und der wirtschaftlichen Entwicklung in den Regionen der Union eingesetzt werden. Die Strukturfonds sind Instrumente zur Umverteilung von Finanzmitteln, die insbesondere in den weniger entwickelten Regionen eingesetzt werden, um den Zusammenhalt innerhalb Europas zu fördern. Das Ziel der ESF-Finanzierung ist die Schaffung neuer und qualitativ besserer Arbeitsplätze in der EU, was durch die Kofinanzierung nationaler, regionaler und lokaler Projekte erfolgt, die auf die Erhöhung der Beschäftigungsquote, die Verbesserung der Qualität der Arbeitsplätze und eine stärkere Integration auf dem Arbeitsmarkt in den Mitgliedstaaten und ihren Regionen abzielen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Europäische Sozialfonds wurde 1957 mit dem Gründungsvertrag von Rom geschaffen und ist damit der älteste Strukturfonds. Der ESF hat als grundsätzliches Ziel die Erhöhung der Beschäftigungsquote, jedoch wurde seine konkrete Ausrichtung im Laufe der Jahre an die jeweiligen Erfordernisse angepasst. In den frühen Nachkriegsjahren standen Fragen der Migration der Arbeitnehmer innerhalb Europas im Mittelpunkt, später richtete sich das Augenmerk verstärkt auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit unter jungen und schlecht ausgebildeten Arbeitskräften. Im laufenden Finanzierungszeitraum 2007-2013 richtet sich die Finanzierung des ESF neben der Unterstützung von Frauen, Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern, Behinderten und anderen Menschen, die auf besondere Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche stoßen, auch auf die Unterstützung von Unternehmen und Arbeitnehmern bei der Anpassung an Strukturveränderungen. Dies erfolgt durch Förderung von Innovation am Arbeitsplatz, lebenslangem Lernen und der Mobilität der Arbeitnehmer.

Die Rolle des ESF in der politischen und strategischen Ausrichtung der EU

Die übergreifende Strategie der Europäischen Union ist die Lissabon-Agenda, die darauf abzielt, in Europa bis 2010 die dynamischste und wettbewerbsfähigste wissensbasierte Wirtschaft der Welt zu schaffen, die ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum mit mehr und qualitativ besseren Arbeitsplätzen sowie einem stärkeren sozialen Zusammenhalt bei gleichzeitiger Achtung der Umwelt ermöglicht. Aus den Zielen der Lissabon-Agenda ergeben sich die Prioritäten des ESF.

Zur Unterstützung der Lissabon-Agenda werden mehrere finanzpolitische Instrumente genutzt. Dazu gehört die Kohäsionspolitik, die auf die Verringerung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheiten zwischen den Ländern und Regionen der EU gerichtet ist. Zu diesem Zweck werden Finanzmittel (Strukturfonds) aus dem EU-Haushalt – einschließlich des ESF – zur Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der schwächer entwickelten Regionen eingesetzt.

Zur Unterstützung der vor dem Hintergrund der Globalisierung und der Alterung der Bevölkerung notwendigen Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigung bietet die Europäische Beschäftigungsstrategie[1] den EU-Mitgliedstaaten einen Koordinationsrahmen zur Abstimmung der gemeinsamen Prioritäten und Ziele im Bereich der Beschäftigung. Diese gemeinsamen Prioritäten werden dann in den Beschäftigungsleitlinien[2] festgehalten und in den Nationalen Reformprogrammen[3] der einzelnen Mitgliedstaaten aufgegriffen. Die ESF-Finanzierung wird von den Mitgliedstaaten zur Förderung ihrer Nationalen Reformprogramme sowie ihrer Nationalen Strategischen Rahmenpläne (NSRP) eingesetzt, in denen die wichtigsten Einsatzbereiche für die Strukturfonds der EU in den Mitgliedstaaten festgelegt sind.

Bei der Festlegung der wichtigsten Einsatzbereiche der ESF-Mittel ist auch die Europäische Sozialagenda[4] von Bedeutung. Mit der Sozialagenda soll das „europäische Sozialmodell“ durch eine Modernisierung des Arbeitsmarktes und der Sozialsysteme so gestaltet werden, dass sowohl die Arbeitnehmer als auch die Unternehmen die Chancen des internationalen Wettbewerbs, des technologischen Fortschritts und der sich verändernden Bevölkerungsstrukturen nutzen können und gleichzeitig die schwächsten Glieder der Gesellschaft geschützt werden. Auch das Konzept der „Flexicurity“ (Flexibilität und Sicherheit) ist Bestandteil der aktuellen ESF-Initiativen. „Flexicurity“ lässt sich als eine politische Strategie zur Erhöhung der Flexibilität des Arbeitsmarktes, der Arbeitsorganisation und der Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern einerseits und zur Schaffung von Beschäftigungs- und Einkommenssicherheit andererseits definieren[5]. Der Begriff „Flexicurity“ steht für einen neuen Ansatz in der Beschäftigungspolitik, bei dem es eher um „Arbeit fürs Leben“ anstatt wie früher um „den Arbeitsplatz fürs Leben“ geht. Die Arbeitnehmer werden angespornt, ihr Arbeitsleben durch lebenslanges Lernen, Flexibilität und Mobilität eigenverantwortlich zu gestalten.

Der ESF: Festlegung der Strategie

Der ESF wird über siebenjährige Programmzyklen verwaltet. Strategie und Haushalt des ESF werden zwischen den EU-Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und der EU-Kommission ausgehandelt. In der Strategie werden die Ziele der ESF-Finanzierung festgelegt, die teilweise oder vollständig mit denen der anderen Strukturfinanzierungsmittel übereinstimmen. Der gegenwärtige ESF-Finanzierungszyklus hat folgende Ziele:

Das Ziel der regionalen Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigung dient der Stärkung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Investitionsstandorte.
Das Ziel der Konvergenz dient der Förderung von Wachstum und Beschäftigung in den am wenigsten entwickelten Regionen. Für dieses Ziel werden mehr als 80 % der Finanzierungsmittel des ESF eingesetzt.

Die Strategie enthält auch breiter gefasste „Prioritätsachsen“, in denen die zur Erreichung der Ziele notwendigen und förderfähigen Maßnahmen enthalten sind.

Zuweisung der Finanzierungsmittel des ESF

Der Umfang der ESF-Finanzierungsmittel ist von Region zu Region unterschiedlich und hängt von deren relativem Wohlstand ab. Die EU-Regionen werden auf der Grundlage ihres regionalen BIP pro Kopf im Vergleich zum EU-Durchschnitt (EU mit 25 bzw. 15 Mitgliedstaaten) in vier Förderkategorien untergliedert und zwischen den beiden Zielen aufgeteilt.

Zum Ziel der Konvergenz gehören:

  • Konvergenzregionen mit einem BIP pro Kopf von weniger als 75 % des Durchschnitts der EU-25
  • Phasing-out-Regionen mit einem BIP pro Kopf von mehr als 75 % des Durchschnitts der EU-25, jedoch weniger als 75 % des Durchschnitts der EU-15

Zum Ziel der regionalen Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigung gehören:

  • Phasing-in-Regionen mit einem BIP pro Kopf von weniger als 75 % des Durchschnitts der EU-15 (im Zeitraum 2000-2006), jedoch mehr als 75 % des Durchschnitts der EU-15 (im Zeitraum 2007-2013)
  • Wettbewerbs- und Beschäftigungsregionen, was sich auf alle anderen EU-Regionen bezieht

In Konvergenzregionen kann die Kofinanzierung von Projekten über den ESF bis zu 85 % der Gesamtkosten betragen. In Regionen der regionalen Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung beträgt die Kofinanzierung in der Regel 50 %. In den wohlhabenderen Mitgliedstaaten und Regionen ergänzt die ESF-Finanzierung bestehende nationale Beschäftigungsinitiativen, wogegen sie in den weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten die Hauptfinanzierungsquelle für Beschäftigungsinitiativen darstellen kann. Auf der Karte sind die Förderregionen der gegenwärtigen ESF-Programmauflage (2007-2013) verzeichnet.

Umsetzung des ESF

Während die Strategie auf EU-Ebene festgelegt wird, liegt die Umsetzung der ESF-Finanzierung in der Verantwortung der Mitgliedstaaten und der Regionen der EU. Nach der Vereinbarung der Strategie und der Mittelzuweisungen erfolgt die Programmplanung nach einem gemeinsamen Grundprinzip. Die Mitgliedstaaten und ihre Regionen planen gemeinsam mit der Europäischen Kommission die siebenjährigen operationellen Programme. In den operationellen Programmen werden die geförderten Tätigkeitsfelder, die geographisch oder thematisch bestimmt sein können, beschrieben.

Die Mitgliedstaaten ernennen nationale ESF-Verwaltungsbehörden, die für die Auswahl der Projekte, die Auszahlung der Finanzmittel und die Evaluierung des Fortschritts sowie der Ergebnisse der Projekte verantwortlich sind. Zusätzlich werden Zertifizierungs- und Prüfungsbehörden ernannt, die die Einhaltung der Bestimmungen für den Einsatz der ESF-Mittel kontrollieren und sicherstellen.

ESF-Projekte

Die Umsetzung der ESF-Maßnahmen vor Ort erfolgt über Projekte, die von verschiedenen öffentlichen und privatwirtschaftlichen Trägern beantragt und durchgeführt werden. Dazu gehören nationale, regionale und lokale Behörden, Bildungs- und Weiterbildungseinrichtungen, Nichtregierungsorganisationen (NRO) und Freiwilligenverbände sowie Sozialpartner, beispielsweise Gewerkschaften, Betriebsräte, Gewerbe- und Berufsvereinigungen oder einzelne Unternehmen.

Wer profitiert vom ESF?

Die Begünstigten aus den ESF-Projekten können ganz unterschiedlich sein, zum Beispiel einzelne Arbeitnehmer, Personengruppen, Industriezweige, Gewerkschaften, öffentliche Verwaltungen oder einzelne Firmen. Personen, die bei der Arbeitssuche oder in der beruflichen Weiterentwicklung besonders häufig auf Schwierigkeiten stoßen, wie Langzeitarbeitslose und Frauen, sind eine spezielle Zielgruppe. Es wird grob geschätzt, dass jährlich mehr als 9 Millionen Menschen aus den betroffenen Gruppen durch die Teilnahme an ESF-Projekten unterstützt werden, siehe Tabelle 1.

Der Europäische Sozialfonds 2007-2013

Der gegenwärtige Programmzyklus des ESF läuft von 2007 bis 2013 unter dem Motto „In Menschen investieren“. Über diesen Zeitraum werden rund 75 Milliarden Euro – fast 10 % des EU-Haushaltes – für Projekte zur Beschäftigungsförderung eingesetzt. Die Finanzierung wird für sechs spezifische prioritäre Bereiche bewilligt:

ESF-Zuschüsse pro Land.
  • Förderung des Humankapitals (34 % der Gesamtfinanzierung)
  • Verbesserter Zugang zu Beschäftigung und Nachhaltigkeit (30 %)
  • Verbesserung der Anpassungsfähigkeit von Arbeitnehmern und Firmen, Unternehmen und Unternehmern (18 %)
  • Bessere soziale Eingliederung benachteiligter Personen (14 %)
  • Stärkung der institutionellen Kapazitäten auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene (3 %)
  • Mobilisierung für Reformen in den Bereichen Beschäftigung und Eingliederung (1 %)

In den jeweiligen Regionen variiert die tatsächliche Verteilung der Mittel je nach den lokalen und regionalen Prioritäten. Alle sechs Prioritäten gelten sowohl für die Ziele Konvergenz und regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung. Bei den Konvergenzregionen liegt der Schwerpunkt jedoch meist auf der „Förderung des Humankapitals“.

Die Verwendung der ESF-Mittel durch die Mitgliedstaaten für 2007-2013 ist in Tabelle 2 dargestellt.

Weiterführende Literatur

  • ESF-Broschüre ESF-Broschüre: Die 2007 veröffentlichte Broschüre enthält grundlegende Informationen zu den Zielen, Grundprinzipien und Funktionsmechanismen des Europäischen Sozialfonds. Sie ist in 23 EU-Sprachen erhältlich. (PDF-Datei; 944 kB)
  • Statistisches Datenblatt Statistisches Datenblatt: Bietet einen Überblick über die Aktivitäten des Europäischen Sozialfonds im Zeitraum 2007-2013 und enthält wichtige Daten und Zahlen zum Programm.
  • Buch zum 50. Jubiläum Buch zum 50. Jubiläum: Anlässlich des 50. Jubiläums des Europäischen Sozialfonds hat die Kommission ein illustriertes Buch herausgegeben, in dem die ESF-Aktivitäten der letzten fünf Jahrzehnte dargestellt werden.
  • Karte der ESF-Förderregionen 2007-2013 Karte der ESF-Förderregionen 2007-2013: Diese Karte zeigt die Förderregionen des Europäischen Sozialfonds für den Programmzeitraum 2007-2013.
  • ESF-Erfolgsgeschichten ESF-Erfolgsgeschichten: In über 70 Erfolgsgeschichten werden ESF-Projekte vorgestellt, die zur Verbesserung des Arbeitslebens von Menschen in Europa beigetragen haben.
  • EU-Rechtstext zum ESF EU-Rechtstext zum ESF: Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Sozialfonds. (PDF-Datei; 125 kB)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Europäische Beschäftigungsstrategie vom 14. Oktober 2008
  2. Beschäftigungsleitlinien vom 12. Oktober 2008
  3. Nationalen Reformprogrammen vom 17. Oktober 2008
  4. Sozialagenda vom 12. Oktober 2008
  5. Flexicurity vom 16. Oktober 2008

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