Eventualmaxime

Eventualmaxime

Die Eventualmaxime (auch Häufungsgrundsatz) ist die Bezeichnung für die zivilprozessuale Maxime, nach der alle gleichartigen Angriffs- und Verteidigungsmittel in einem bestimmten Prozessstadium vorzubringen sind.

Reinform

In der reinen Form beschreibt die Eventualmaxime, dass eine an einem Prozess teilnehmende Partei ihr gesamtes Vorbringen bzw. Einreden wie z. B. Verteidigungsmittel innerhalb eines bestimmten Verfahrensabschnittes vornehmen soll. Nach diesem Grundsatz sind Prozesshandlungen auf bestimmte Verfahrensstadien beschränkt.

Dies ist eine sogenannte Präklusionsvorschrift, die den Sinn hat, das Verfahren zu beschleunigen, ökonomischer zu gestalten und auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Das bedeutet auch, dass beim Vorbringen von Argumenten usw. von vornherein auf alle Eventualitäten eingegangen werden sollte. So müssen auch Tatsachen und Beweismittel, die im Widerspruch zum sogenannten Hauptvorbringen stehen können, bereits zu diesem vorgeschriebenen Zeitpunkt genannt werden. Ein solcher Widerspruch kann auftreten, wenn die Angriffs- oder Verteidigungsmittel als eventualiter gelten sollen, was bedeutet, dass geplant ist, sie hilfsweise als Ersatzargumentation anzuführen, falls man mit dem Hauptbegehren keinen Erfolg haben sollte.

Aus Vorsichtsgründen, nichts zu übersehen, was später nicht ergänzt werden darf, ist ein Vorbringen deshalb viel umfangreicher, als es unter anderen Umständen der Fall wäre. Auch können Parteien aufgrund dieser Zusammenhänge durch einander widersprechende Eventualvorbringen, wie man diese Mehrfachversionen von Verteidigungsstrategien nennt, unglaubwürdig erscheinen.

Die Eventualmaxime in ihrer reinen Form gilt in den verschiedenen Rechtsordnungen deshalb nur noch in manchen Rechtsgebieten, z.B. im Rechtsmittelverfahren, im mietrechtlichen Kündigungsverfahren, bei Gegenklagen bzw. Bekämpfungsklagen im Exekutionsrecht etc.

Gelockerte Form

Die hingegen öfter angewandte gelockerte Eventualmaxime, verpflichtet zwar grundsätzlich Parteien bis zu einem bestimmten Verfahrensabschnitt alles vorzubringen, lässt es aber unter gewissen Umständen zu (wichtiger Grund, Verhinderung etc.) neue Vorbringen später nachzutragen.

Das Prinzip der Eventualmaxime gilt aufgrund des Gebots der Waffengleichheit oft für beide Prozessparteien - ein gründliches Studium der aktuellen Judikatur der obersten Gerichtshöfe und der Lehre gilt als Voraussetzung für eine Beurteilung im jeweilig betreffenden Fall. Die in juristischen Belangen berechtigt oft verwendete Redewendung "Es kommt darauf an" findet auch hier ihre Anwendung.

Rechtslage in Deutschland

Die deutsche Zivilprozessordnung folgt niemals der reinen Eventualmaxime; es gilt vielmehr der dazu in Widerspruch stehende Grundsatz der Einheit der mündlichen Verhandlung, aus dem grundsätzlich folgt, dass neues Parteivorbringen bis zuletzt, also bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen werden kann. Allerdings enthält die ZPO auch Bestimmungen, die eine Präklusion vorsehen. Sie sieht etwa § 296 ZPO eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens vor.


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