- Expletivum
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Ein Expletivum (auch Expletiv, abgeleitet von lat. expleo, d.h. ergänzen, vervollständigen) ist ein Pronomen − im Deutschen das Pronomen es −, das ausschließlich aus Gründen des korrekten Satzbaus verwendet wird, jedoch keinen inhaltlichen Bezug zu einem Gegenstand oder einer Person aufweist. Diese Expletive treten immer als Subjekt auf. Unter Expletiven wird auch der Gebrauch eines Wortes als Füllwort ohne eine spezifische Bedeutung verstanden, z.B. in der Frage: Ob er „wohl” Wikipedia nutzt?
Inhaltsverzeichnis
Satzposition
In vielen Sprachen (unter anderem Deutsch, Englisch und Französisch) ist es zwingend erforderlich, dass ein Wort die Position des Subjekts einnimmt. Dies gilt auch dann, wenn die beschriebene Handlung keine Akteure vorsieht, die dafür in Frage kämen. Solche Probleme findet man typischerweise bei folgenden Verbkategorien:
- Wahrnehmung eines inneren oder äußeren Zustands („es graut mir“; „es stinkt“)
- Verben wie „scheinen“ oder „wundern“ („es scheint, dass ...“; engl.: „it seems that“)
- Existenzaussagen („es gibt“; frz.: „il y a“)
- Verben für Witterungsphänomene („es schneit“; „es regnet“)
Expletive im Deutschen
Neben der Verwendung des expletiven „es“ bei obengenannten Verben erfüllen Expletive im Deutschen eine Reihe weiterer Funktionen. So tritt zum Beispiel ein ähnliches Problem des fehlenden Subjekts bei der Passivierung intransitiver Verben auf. Aus rhetorischen Gründen kann hier mit Hilfe eines Expletivs ein unpersönliches Passiv gebildet werden („es wird getanzt“). Ebenfalls rhetorisch motiviert ist die Verwendung des Expletivs bei Sätzen wie „Es zogen zwei Burschen ins Felde“. Zur Fokussierung auf das eigentliche Subjekt („zwei Burschen“) wurde dieser Satzteil verschoben und durch ein Expletivum ersetzt.
Alternativ zum „es“ kann im Deutschen in manchen Fällen auch die Partikel „da“ verwendet werden.
Nun kann man zusätzlich unterscheiden, ob das es auftreten muss, kann, oder getilgt wird (bei Umstellung der Sätze, d.h. wenn man versucht, das es nicht in satzeinleitende Position zu stellen)
- Schneit es? – „es“ muss stehen
- Graut es mir vor der Schule? – „es“ kann stehen
- *Darf es getanzt werden? – „es“ darf nicht stehen
- Wundert es dich, dass... – „es“ kann stehen
- *Zogen es zwei Burschen ins Feld? – „es“ darf nicht stehen
Expletiva in Konstituententests
Bei Konstituententests treten bei der Verwendung von Expletiva Probleme auf. Das Expletivum "es" kann im Deutschen am Satzanfang sowie nach dem Verb stehen, oder durch ein Adverb vom Verb getrennt sein.
- Es regnet.
- Regnet es?
- Weil es jetzt regnet.
Es scheint eine Konstituente, also eine eigenständige Satzeinheit zu sein. Dagegen spricht, dass es nicht uneingeschränkt umstellbar ist:
- Weil es jetzt regnet.
- *Weil jetzt es regnet.
- Er sah es regnen.
- *Es sah er regnen.
Auch Substitutions-, Frage- und Koordinationstest schlagen fehl:
- *Der Mann regnet.
- *Wer/was regnet?
- *Es und der Mann regnet/regnen.
Daraus folgt, dass nicht alle Tests positiv ausfallen müssen, damit eine Wortfolge als Konstituente gilt. Die Tests stellen keine notwendige Bedingung dar.
Literatur
- Jürgen Lenerz: Zur Theorie des syntaktischen Wandels: das expletive es in der Geschichte des Deutschen. In: Werner Abraham (Hrsg.): Erklärende Syntax des Deutschen. Narr., Tübingen 1985, S. 99-136.
- Stefan Müller: Head-Driven Phrase Structure Grammar: Eine Einführung. Stauffenberg Verlag, Tübingen, 2007, S. 5-6.; http://hpsg.fu-berlin.de/~stefan/PS/hpsg-lehrbuch-.pdf
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