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Belnaps vierwertige Logik (kurz: FOUR) ist ein logisches System mit vier Wahrheitswerten, welches parakonsistentes Schlussfolgern ermöglicht. Sie wurde 1977 von Nuel Belnap entwickelt. Belnaps vierwertige Logik verwendet im Gegensatz zur klassischen Logik vier Wahrheitswerte:
,
,
und
. In diesem System lassen sich auch aus klassisch logisch inkonsistenten Mengen Schlussfolgerungen ziehen.
Inhaltsverzeichnis
Parakonsistentes Schlussfolgern
Eine Konsequenzoperation wird parakonsist genannt, wenn aus einer inkonsistenten Menge aussagenlogischer Formeln nicht ausschließlich die gesamte logische Sprache gefolgert werden kann. Es sind also sinnvolle, logische Schlussfolgerungen aus inkonsistenten Formelmengen möglich.
Sei
eine aussagenlogische Sprache mit Signatur
eine Menge von Formeln dieser Sprache. Eine Konsequenzrelation
heißt parakonsistent, wenn es eine Formelmenge
aus
gibt, so dass nicht
gilt.
Wahrheitswerte
Belnaps vierwertige Logik legt im Gegensatz zur klassischen Logik, welche nur die Wahrheitswerte t und f kennt, zwei weitere Wahrheitswerte
und
zugrunde.
drückt dabei Inkonsistenz aus, also einen Überschuss an Wissen.
hingegen beschreibt den Mangel an Wissen, auch als unvollständig bezeichnet.
Wahrheitswert Repräsentation (1, 0) (0, 1) (1, 1) (0, 0) Analog zur klassischen Logik werden diese Werte mit Hilfe von Zahlen repräsentiert.
Auf Basis der vier Wahrheitswerte werden zwei Vergleichsrelationen definiert.
vergleicht zwei Werte bezüglich Ihres Wahrheitsgehaltes,
vergleicht den Wissensgehalt.
Vergleiche zweier Wahrheitswerte mittels dieser Relationen sind definiert durch:
gdw.
und
.
gdw.
und
.
Somit ist
und
. Die Werte
und
sind bezüglich
unvergleichbar, analog sind
und
bezüglich
unvergleichbar.
Auswertung
Die Auswertungsfunktion I ist definiert durch
und liefert Interpretationen für atomare logische Formeln.
Junktoren
Neben Interpretationen für atomare Formeln werden Auswertungen der logischen Junktoren
,
und
, sowie für
(starke Implikation) rekursiv festgelegt.
Seien A und B Formeln.
und
.
Daneben werden abgeleitete Junktoren definiert, ähnlich der aussagenlogischen materiellen Implikation:
Mit Hilfe der Interpretationsfunktion
können logische Ausdrücke in Belnaps vierwertiger Logik ausgewertet werden indem jeder atomaren Formel ein Wahrheitswert zugeordnet und die Formeln rekursiv interpretiert wird.
Wahrheitstafeln
Negation
Konjunktion
Disjunktion
Starke Implikation
Materielle Implikation
Erfüllung
Zwei Werte aus FOUR werden als wahr interpretiert und zu einer Menge von designierten Werten zusammengefasst:
Eine Interpretation
erfüllt eine Formel
,
,
wenn gilt
.
Man sagt auch
ist ein Modell von
. Die Menge aller FOUR-Modelle einer Menge aussagenlogischer Formeln
wird als
bezeichnet.
Inferenz
Wie in der klassischen Aussagenlogik wird für FOUR eine Inferenzrelation definiert, mittels derer aus vorliegendem Wissen auf neues Wissen geschlossen werden kann.
Seien
,
eine Menge von FOUR-Formlen, bzw. ein FOUR-Formel.
gilt, wenn jedes FOUR-Model von
auch ein FOUR-Model von
ist, also wenn
.
Die Konsequenzrelation
ist monoton, kompakt und parakonsistent.
Eigenschaften
Das logische System FOUR hat ähnliche Eigenschaften wie die klassische Aussagenlogik.
De Morgan'sche Regel
Schnitt
Wie in der Aussagenlogik gilt:
Tautologien
In FOUR existieren keine Tautologien. Insbesondere ist
keine Tautologie.
Materielle Implikation
Wie in der Aussagenlogik definiert kann auch in FOUR die materielle Implikation
verwendet werden. Allerdings verliert sie ihre Stärke und die Formelmenge
kann designiert (wahr) sein auch wenn B nicht designiert ist. Das Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten gilt in FOUR also nicht. Die starke Implikation wurde in FOUR eingeführt um diesem Missstand abzuhelfen.
Starke Implikation
Zwischen der starken Implikation
und der Inferenzrelation
existiert ein ähnlicher Zusammenhang wie in der Aussagenlogik zwischen
und
.
Sei
eine Menge von FOUR-Formeln; A, B FOUR-Formeln. Es gilt:
gdw.
Beispiele
Im Folgenden werden die 3 Atome F, P und V verwendet, welche mit folgenden Bedeutungen interpretiert werden können:
Atom Bedeutung F kann fliegen P Pinguin V Vogel Parakonsistenz
Die Formel
ist klassisch logisch inkonsistent.
In FOUR allerdings existieren FOUR-Interpretationen, mit denen
designiert ist, also
Beispiele für solche Belegungen sind:
Starke Implikation
Mit Hilfe der materiellen und starken Implikation lassen sich verschiedene Arten von Folgerungen modellieren. Die materielle Implikation modelliert dabei Folgerungen mit Ausnahmen, die starke Implikation hingegen ausnahmsloses Wissen.
Die Formelmenge hat 6 FOUR-Modelle:
Modell F P V M1 M2 M3 M4 M5 M6 Literatur
- S. Weber, Dissertation „Investigations in Belnap's Logic of Inconsistent and Unknown Information“, Fakultät für Mathematik und Informatik Universität Leipzig, 1998
Weblinks
- Gabriele Kern-Isberner: Parakonsistenz in Comonsense Reasoning 2008
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