Faktorpreisverhältnis

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Das Lohn-Zins-Verhältnis (auch Faktorpreisverhältnis genannt) ist ein Begriff aus der Volkswirtschaftslehre. Er beschreibt das Verhältnis des Preises für den Produktionsfaktor Arbeit zu dem Preis für den Produktionsfaktor Kapital.

Inhaltsverzeichnis

Mathematische Darstellung

v = w / r

w - wage (englisch) = Lohn
r - rate (englisch) = Zins

Begriffserläuterung

Arbeit

Ein Unternehmen benötigt für seine Produktion Arbeitskräfte, die entsprechend ihrer Arbeitsleistung entlohnt werden müssen. Lohn ist also der Preis für Arbeit.

Zinsen

Das Unternehmen benötigt für die Produktion weiterhin Grund/Boden, Werkshallen und Maschinen. Um diese Güter kaufen zu können, muss Kapital aufgenommen werden. Für die Aufnahme von Kapital müssen wiederum Zinsen gezahlt werden. Zinsen sind also der Preis für Kapital.

Lohn-Zins-Verhältnis und Faktorreichlichkeit

Der Preis eines Produktionsfaktors wird als Indiz seiner Reichlichkeit interpretiert. Wenn ein Faktor billig ist, spricht man von einem reichlich vorhandenen Faktor. Dagegen spricht man von einem knappen Faktor, wenn wenn dieser teuer ist. Übertragen auf die relative Faktorausstattung läßt ein hohes Lohn-Zins-Verhältnis auf einen reichlich vorhandenen Faktor Kapital schließen. Ein niedriges Lohn-Zins-Verhältnis deutet auf die Reichlichkeit des Faktors Arbeit hin. [1]

Ursachen für eine Änderung des Lohn-Zins-Verhältnis

  • Erhöht sich (sinkt) der Lohn bei gleichbleibenden Zinsen, so steigt (sinkt) das Lohn-Zins-Verhältnis.
  • Erhöhen sich (sinken) die Zinsen bei gleichbleibendem Lohn, so sinkt (steigt) das Lohn-Zins-Verhältnis.

Der Preis für die Produktionsfaktoren ist abhängig von Angebot und Nachfrage. Steigt (sinkt) die Nachfrage nach einem Gut, so erhöht (senkt) sich der Preis.

Auswirkung einer Änderung des Lohn-Zins-Verhältnis

Ein-Güter-Modell

Zur Herstellung eines Gutes (z.B. Lebensmittel) werden zwei Produktionsfaktoren benötigt (Arbeit, Kapital). Durch den Einsatz verschiedener Kombinationen an Arbeit und Kapital (Input) kann eine bestimmt Menge an Lebensmitteln (Output) produziert werden.

Arbeitskräfteeinsatz
Kapitaleinsatz
1 2 3 4 5
1 20 40 55 65 75
2 40 60 75 85 90
3 55 75 90 100 105
4 65 85 100 110 115
5 75 90 105 115 120

in Anlehnung an Pindyck/Rubinfeld, Mikroökonomie


Eine Outputmenge von 75 Einheiten Lebensmitteln kann also durch folgende Inputkombinationen erzielt werden:

  • 1 Einheit Arbeit und 5 Einheiten Kapital
  • 2 Einheiten Arbeit und 3 Einheiten Kapital
  • 3 Einheiten Arbeit und 2 Einheiten Kapital
  • 5 Einheiten Arbeit und 1 Einheit Kapital

Dieser Sachverhalt kann mit Hilfe von Isoquanten auch grafisch dargestellt werden.

Die rote Kurve q1 (Isoquante) stellt alle Inputkombinationen dar, mit denen der gleiche Output erzielt wird.

Für welche Produktionsvariante (Kombination von Arbeit und Kapital) sich das Unternehmen entscheidet, hängt nun von den Preisen für Arbeit und Kapital ab.
Wird Arbeit im Verhältnis zu Kapital teurer, d.h. steigt der Lohn bei gleichbleibendem Zins (v wird größer), wird das Unternehmen die Produktionsvariante wählen, bei der mehr Kapital und weniger Arbeitskräfte eingesetzt werden.

Wird Kapital im Verhältnis zu Arbeit teurer, d.h. steigt der Zins bei gleichbleibendem Lohn (v wird kleiner), wird das Unternehmen die Produktionsvariante wählen, bei der mehr Arbeitskräfte und weniger Kapital eingesetzt werden.

Der Einsatz der Produktionsfaktoren im Produktionsprozess hängt also vom jeweiligen Lohn-Zins-Verhältnis ab.

Auch dieser Sachverhalt ist aus der Grafik ersichtlich.

Die graue Gerade C1 (Isokostengerade) beschreibt die Inputkombinationen, durch die dem Unternehmen bei einem bestimmten Lohn-Zins-Verhältnis im Produktionsprozess die gleichen Kosten entstehen. Die Steigung der Isokostengeraden entspricht dabei dem negativen Lohn-Zins-Verhältnis ( w / r).
Der Schnittpunkt von q1 und C1 (Punkt A) gibt die Inputkombination an, zu der der Output q1 kostenminimal produziert werden kann. Hier erfolgt eine kostenminimale Produktion zu L1-Einheiten Arbeit und K2-Einheiten Kapital. Steigt der Preis für Arbeit wird was Lohn-Zins-Verhältnis größer. Dementsprechend wird der Anstieg der Isokostengeraden größer; die Isokostengerade wird steiler (dargestellt durch die Gerade C2). Es ergibt sich nun ein neuer Schnittpunkt (Punkt B) mit den Koordinaten (L2,K1), d.h. eine neue Kombination von Arbeit und Kapital ist kostenminimal.[2]

Zwei-Güter-Modell

Annahmen

Ein Land produziert 2 verschiedene Güter (Äpfel und Butan). Die Produktion erfolgt durch den Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital. Bei jedem beliebigen Lohn-Zins-Verhältnis ist der Quotient aus Kapital- und Arbeitseinsatz in der Apfelindustrie (siehe Grafik Kurve AA) größer als in der Butanindustrie (siehe Grafik Kurve BB), das heißt in der Apfelindustrie wird im Vergleich zur Butanindustrie mehr Kapital eingesetzt. Die Apfelproduktion wird deshalb auch als kapitalintensiv bezeichnet. [3] Die Butanindustrie produziert im Vergleich zur Apfelindustrie relativ arbeitsintensiver, da die Butanindustrie zu identischen Löhnen und Zinsen mehr Arbeit pro Kapitaleinheit einsetzt als die Apfelindustrie. [4]

Erklärung

Die Löhne und die Zinsen bestimmen die gesamten Produktionskosten der beiden Güter in einem Land. Durch einen Anstieg der Löhne bei gleichbleibendem Zins erhöhen sich die Produktionskosten für beide Industrien. Doch werden beide Industrien nicht auf die gleiche Art und Weise beeinflusst. Da die Butanindustrie arbeitsintensiver arbeitet, werden ihre Produktionskosten bedeutend stärker ansteigen, als in der Apfelindustrie, in der Arbeit nicht so wichtig ist. Ein Anstieg des Lohns relativ zum Zins erhöht die Kosten des arbeitsintensiveren Gutes (Butan) in Relation zu denen des kapitalintensiveren Gutes (Äpfel).[5]

Auswirkungen auf die Güterpreise

Infolge des Wettbewerbs zwischen den Produzenten ist der Preis jedes Gutes auf dem Absatzmarkt gleich dessen Produktionskosten. Ein Anstieg der Löhne wirkt sich also auf die Butanpreise stärker aus als auf die Apfelpreise. Die Verkaufspreise für Butan werden stärken ansteigen als die Verkaufspreise für Äpfel. [6]

Belege

  1. Gerhard Rübel: Grundlagen der Realen Außenwirtschaft. 2. Auflage. Oldenbourg, München 2008, S.53
  2. Robert S. Pindyck und Daniel L. Rubinfeld: Mikroökonomie. 6. Auflage. Pearson, München 2005, S.314
  3. Paul R. Krugman und Maurice Obstfeld: Internationale Wirtschaft: Theorie und Politik der Außenwirtschaft. 7. Auflage. Pearson, München 2006, S.108
  4. Wilfried J. Ethier: Moderne Außenwirtschaftstheorie. 2. Auflage. Oldenbourg, München 1991, S.143
  5. Wilfried J. Ethier: Moderne Außenwirtschaftstheorie. 2. Auflage. Oldenbourg, München 1991, S.144
  6. Paul R. Krugman und Maurice Obstfeld: Internationale Wirtschaft: Theorie und Politik der Außenwirtschaft. 7. Auflage. Pearson, München 2006, S.108/109

Literatur

  • Robert S. Pindyck und Daniel L. Rubinfeld: Mikroökonomie. 6. Auflage. Pearson, München 2005, ISBN 978-3-8273-7164-5
  • Wilfried J. Ethier: Moderne Außenwirtschaftstheorie. 2. Auflage. Oldenbourg, München 1991, ISBN 3-486-21777-1
  • Paul R. Krugman und Maurice Obstfeld: Internationale Wirtschaft: Theorie und Politik der Außenwirtschaft. 7. Auflage. Pearson, München 2006, ISBN 3-8273-7081-7
  • Gerhard Rübel: Grundlagen der Realen Außenwirtschaft. 2. Auflage. Oldenbourg, München 2008, ISBN 978-3-486-58770-8

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