Arbeit (Volkswirtschaftslehre)

Arbeit (Volkswirtschaftslehre)

Der Begriff Arbeit im volkswirtschaftlichen Sinne umfasst alle menschlichen Tätigkeiten, die unmittelbar der Einkommenserzielung dienen, unabhängig ob es sich bei diesem Produktionsfaktor um eine manuelle oder geistige Beschäftigung handelt.[1] Arbeit kann aber auch als jede menschliche Tätigkeit definiert werden, die auf die Befriedigung der Bedürfnisse anderer Personen gerichtet ist.[2] In diesem Sinne erfasst die volkswirtschaftliche Definition beispielsweise nicht die von Hausfrauen kostenlos erbrachte Arbeit sowie gemeinnützige oder ehrenamtliche Tätigkeiten, sondern reduziert den Begriff Arbeit auf Erwerbsarbeit.

Arbeit stellt neben Boden, Kapital und Wissen einen der zentralen Produktionsfaktoren dar. Sie wird als homogene Größe in Arbeitsstunden gemessen. Der Lohnsatz stellt als Bewertungskriterium den Preis der Arbeit dar. Von zentraler Bedeutung ist der Begriff für Modelle der Mikroökonomie.

Inhaltsverzeichnis

Einordnung

Auf dem Gebiet der Volkswirtschaft ist der Begriff der Arbeit vor allem in die Mikroökonomie und dort in den Bereich der Produktionsfaktoren einzuordnen. Die Diskussion reicht über das Arbeitsangebot, den Arbeitsmarkt, die Lohnfindung bis hin zu Ursachen und Auswirkungen von Arbeitslosigkeit.

Arten der Arbeit

Die Arbeit wird in unselbständige und selbständige, körperliche und geistige, ungelernte, angelernte und gelernte bzw. ausführende, leitende und schöpferische Arbeit unterteilt. Unter der Einteilung selbständig und unselbständig wird der Grad der Abhängigkeit in Form von Weisungsgebundenheit betrachtet. Die Unterteilung in geistige und körperliche Arbeit umfasst die physische Muskelarbeit bzw. den Denkeinsatz bei Erbringung der Arbeitsleistung, aber auch Aspekte der gesundheitlichen Belastung und des Arbeitsschutzes. Meist treten körperliche und geistige Arbeit im Rahmen einer Tätigkeit in Kombination auf. Die weiteren Kriterien unterscheiden nach Qualifikations- bzw. Dispositionsgrad.

Entwicklung der Arbeit

Im Laufe der Jahrhunderte hat sich der Charakter der Arbeit im Hinblick auf eine immer weiter fortschreitende Spezialisierung verändert.[3] Es kam zu einer immer ausgeprägteren Arbeitsteilung und damit verbundenen Produktivitätssteigerungen. Gleichzeitig nahmen sowohl der Tausch von Gütern, um Waren zu erhalten, die der einzelne Haushalt nicht selber herstellt, als auch die Gesamtmenge der Güter immer weiter zu.

Durch die Industrialisierung und das Aufkommen von Fabrikarbeit wurde der Produktionsvorgang in immer kleinere Einzelschritte zerlegt. Im Gegensatz zur vorherigen Handarbeit musste nicht mehr jeder Arbeitsschritt von jedem Arbeiter beherrscht werden. Durch diese starke Spezialisierung der Arbeitskräfte konnten diese mehr Geschicklichkeit und Routine entwickeln. Effiziensgewinne stiegen durch verstärkte Erfahrungs- und Lerneffekte. Gerade zu Beginn des Industriezeitalters gab es bedingt durch Rationalisierungen in der Landwirtschaft und verstärktes Bevölkerungswachstum ein großes Arbeitskräftepotenzial und kaum soziale Absicherungen. Häufig bewegten sich Löhne damit am Existenzminimum. Mit dem späteren Erstarken von Gewerkschaften wurden Löhne vermehrt durch Tarifvereinbarungen festgelegt. Bei vorhandener Tarifbindung bilden Tariflöhne zunehmend eine unterste Grenze der Entlohnung, selbst wenn viele Arbeitslose bereit sind für ein geringeres Entgelt zu arbeiten.

Auch der Produktionsfaktor Arbeit bzw. die Arbeit an sich wandelte sich im Verlauf der Zeit. Während im vorindustriellen Zeitalter Arbeitsleistung vorwiegend in der Landwirtschaft erbracht wurde, traten mit Beginn der Industrialisierung vermehrt maschinengebundene Arbeitsformen auf. Dies steht nicht im Widerspruch zu der grundsätzlichen Einordnung des Begriffes Arbeit, wie oben beschrieben. Maschinen und Automaten sind [Werkzeuge] bzw. [Produktionsmittel] und tragen heute wesentlich zur Effizienz und Qualität, insbesondere bei monotonen und wiederkehrenden Arbeitsschritten bei. Sie können bisher nur durch den Einsatz menschlicher Arbeit hergestellt werden. Durch zunehmende Rationalisierung und Automatisierung in den modernen Industrienationen gewinnt heute die qualifizierte und wissensbasierte Arbeit immer mehr an Bedeutung.

Das Arbeitsangebot

Normale Arbeitsangebotskurve
Rückwärts geneigtes Arbeitsangebot
Anormaler Verlauf ohne Sozialsystem

Hauptbestimmungsfaktoren für das Angebot an Arbeit sind die Größe der Bevölkerung, der Prozentsatz der tatsächlich am Erwerbsleben teilnehmenden Personen, die durchschnittliche jährliche Anzahl der von Arbeitnehmern geleisteten Arbeitsstunden, Qualität und Quantität der erbrachten Arbeitsleistung und die Qualifikation der Arbeitskräfte[4]. Unter dem Gesichtspunkt der Bevölkerung hängt das Arbeitskräfteangebot von der Fertilität, Mortalität und dem Wanderungssaldo ab[5]. Die Zahl der Erwerbspersonen ist bedingt durch Einstellungen der Menschen zu Arbeit und Freizeit, Ansicht von Arbeit als Lebenssinn und Möglichkeit sich zu verwirklichen bzw. Arbeit als Mittel zum Zweck der Einkommenserzielung. Die Zahl der Erwerbspersonen kann z.B. durch den Eintritt geburtenstarker Jahrgänge ins Erwerbsleben oder die zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen steigen.

Die Angebotskurve des Gutes Arbeit hat, wie bei anderen Gütern auch, in der Regel einen steigenden Verlauf, da bei steigenden Preis mehr Arbeit auf dem Arbeitsmarkt angeboten wird. Für den Produktionsfaktor Arbeit kann die Angebotskurve, wie in den nebenstehenden Grafiken veranschaulicht, sowohl einen typischen ansteigenden Verlauf, als auch einen rückwärts geneigten Verlauf aufweisen. Dies ist begründet durch die Präferenzgewichtung des Arbeitnehmers für Freizeit einerseits und Arbeit zur Einkommenserzielung und Konsumverwirklichung andererseits[6]. Der Lohnsatz stellt dabei den Preis dar, mit dem der Arbeiter seine Freizeit bewertet, da er in Höhe des Lohnsatzes auf Geld verzichtet um mehr Freizeit zu erlangen. Mit steigendem Lohn kommt es nun auch zu einer Steigerung des Preises für Freizeit aus Sicht des Arbeitnehmers. Zum einen stellt der höhere Lohn für den Arbeitnehmer einen Anreiz dar, sein Arbeitsangebot zu erhöhen und dadurch auf Freizeit zu verzichten (Substitutionseffekt). Zum anderen erhöht sich durch den höheren Lohnsatz die Kaufkraft des Arbeitnehmers. Er kann jetzt mit weniger Arbeitsleistung die gleiche Menge wie vorher konsumieren (Einkommenseffekt). Übersteigt nun der Einkommenseffekt den Substitutionseffekt, so kommt es dazu, dass bei höherem Lohnsatz insgesamt weniger Arbeit angeboten wird. Daraus resultiert die rückwärts verlaufende Arbeitsangebotskurve. Das Modell unterstellt jedoch, dass die Arbeiternehmer den Anteil von Arbeit und Freizeit nach eigenen Vorstellungen gestalten können, was in der Praxis schon aufgrund von Vorgaben durch das Unternehmen nicht möglich ist.

Die Arbeitsangebotskurve kann auch einen anormalen, zum vorigen Beispiel spiegelverkehrten Verlauf wie in nebenstehender Grafik aufweisen. Dieser Verlauf kann in Volkswirtschaften ohne eine soziale Mindestabsicherung, wie z.B. in Entwicklungs- und Schwellenländern auftreten. Zunächst nimmt das Arbeitsangebot wie im normalen Verlauf bei sinkendem Lohnsatz ab. Wird der zu erzielende Lohn aber zu gering um damit überleben zu können, sind die betroffenen Arbeitnehmer gezwungen mehr zu arbeiten, um ihre Existenz sichern zu können[7]. Es kommt zu einer Ausweitung des Arbeitsangebots in diesem Bereich.

Arbeit und Investition/Technologie

Arbeitsangebotskurve nach Investitionsrückgang
Arbeitsangebotskurve bei technischen Fortschritt

Eine Veränderung der Investitionsausgaben führt zu einer Verschiebung der Nachfrage nach Arbeit. Bei einer Verringerung der Investitionen haben die Arbeitskräfte weniger bzw. ältere Maschinen zur Verfügung, wodurch die Arbeitsproduktivität sinkt. Die Arbeitsnachfragekurve verschiebt sich nach links, d.h. die Unternehmen fragen weniger Arbeitskräfte nach und die Reallöhne sinken.

Technischer Fortschritt führt ebenfalls zu einer Verschiebung der Arbeitsnachfrage. Die Arbeiter sind produktiver und die Nachfrage nach Arbeit seitens der Unternehmen steigt. Die Arbeitsnachfragekurve verschiebt sich nach rechts und die Reallöhne steigen. Bei der Erhöhung der Nachfrage nach Arbeit ist aber nach Qualifikation der Arbeiter zu unterscheiden. Ein Anstieg der Investitionen bzw. das Wirksamwerden von technischen Fortschritt erhöht in der Regel die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften und verringert die nach ungelernten[8].

Regulierung der Arbeit

Ist der Produktionsfaktor Arbeit praktisch als Ware frei handelbar, so spricht man von einem freien Arbeitsmarkt. Ein freier Arbeitsmarkt wird vor allem von Neoklassikern unter Verweis auf effiziente Arbeitsmärkte mit vergleichsweise geringer Arbeitslosigkeit wie in den USA und Großbritannien gefordert. In Kontinentaleuropa wird der Faktor Arbeit stärker reguliert. Hier werden verstärkt Mindestlöhne vorgegeben die über den Nominallöhnen liegen, Kündigungsschutzregelungen arbeitnehmerfreundlicher gestaltet und Arbeitsbedingungen und Entgelthöhen häufiger auch flächendeckend zwischen Tarifparteien ausgehandelt[9]. Auch gibt es hier weitergehende Mitbestimmungs- und Mitspracherechte der Arbeitnehmer wie z.B. in Deutschland durch das Betriebsverfassungsgesetz und das Mitbestimmungsgesetz. Insgesamt weist der Arbeitsmarkt hier eine höhere Regulierungsdichte auf.

Historische Auffassungen zur Arbeit

Adam Smith (1723-1790) prägte vor allem den Begriff der Arbeitsteilung. In seinem Werk "Wealth of Nations" stellte er eine arbeitsteilige Wirtschaft der sog. Robinson Crusoe-Wirtschaft gegenüber. Das entscheidende Ergebnis einer arbeitsteiligen Wirtschaft sind mögliche Produktivitätssteigerungen und stärkere Effizienzgewinne.

Vorteile der Arbeitsteilung:

  • Umstellzeiten entfallen, die bei wechselnden Produktionsvorgängen nötig wären
  • die Arbeiter können je nach Fähigkeiten und Qualifikationen eingesetzt werden
  • durch stärkere Arbeitsteilung steigen Lern- und Erfahrungskurve
  • Tätigkeit werden durch stärkere Unterteilung einfacher und Ausbildungszeiten sinken
  • es können immer mehr Maschinen in der Produktion eingesetzt werden

Nachteile der Arbeitsteilung:

  • schnellere Ermüdung der Arbeitskräfte bei schneller Fließbandarbeit
  • steigende Monotonie mit verringerter Arbeitslust
  • Beziehung zum fertigen Produkt geht verloren
  • Beschäftigungsrisiko für Arbeiter steigt, da nur noch spezieller einsetzbar ist


Karl Marx betrachtet die Arbeit sowohl im ökonomischen (Arbeit als Ware und Mehrwerttheorie) als auch im gesellschaftlichen (Arbeit als Stoffwechselprozess des Menschen mit der Natur) und im politischen Sinn (Entfremdung des Menschen von der Arbeit). Nützliche Arbeit ist bei Marx die Bildung von Gebrauchswerten und der Einsatz kreativer Schöpferkraft im Austauschverhältnis zwischen Mensch und Natur, die im Gegensatz zur klassischen Ökonomie nicht mit dem Tauschwert zu bemessen sei[10]. Marx spricht von einer Entfremdung des Menschen von der Arbeit. Der Arbeiter erlebe die Güter nicht mehr als seine eigenen, sondern als fremde zu deren Herstellung er nur noch stückhaft beiträgt. Im kapitalistischen Wirtschaftssystem diene die Arbeit allein der Erzielung von marktfähigen Warenwerten. Der Arbeiter müsse seine Arbeitskraft dem Kapitalisten zur Erhaltung seiner Existenz verkaufen und füge dem Gut zusätzlich zu der dem Existenzlohn entsprechenden Arbeit einen Mehrwert bei, den sich aber der Kapitalist aneigne[11]. Darauf aufbauend begründet Marx seine Vorstellung der Arbeitswertlehre und seine Ausbeutungstheorie.

Belege

  1. R. Fischbach; Volkswirtschaftslehre I, 12. Auflage, Oldenburg, 2003, S. 25
  2. H. Hanusch, T. Kuhn, U. Cantner; Volkswirtschaftslehre 1, 6. Auflage, Berlin, 2002, S. 12
  3. H. Hanusch, T. Kuhn, U. Cantner; Volkswirtschaftslehre 1, 6. Auflage, Berlin, 2002, S. 14
  4. H. Majer; Moderne Makroökonomik, 1. Auflage, Oldenbourg, 2001, S. 264
  5. P. Samuelson, W. Nordhaus; Volkswirtschaftslehre - Grundlagen der Makro- und Mikroökonomie, 8. Auflage, Köln, 1987, S. 302
  6. R. Pindyck, D. Rubinfeld; Mikroökonomie, 6. Auflage, München, 2005, S. 689
  7. E. Böventer, G. Illing; Einführung in die Mikroökonomie, 9. Auflage, Oldenbourg, 1997, S. 133
  8. J. Stiglitz; Volkswirtschaftslehre, 2. Auflage, Oldenbourg, 1999, S. 684
  9. H. Majer; Moderne Makroökonomik, 1. Auflage, Oldenbourg, 2001, S. 255
  10. K. Marx; Das Kapital -Kritik der politischen Ökonomie- Der Produktionsprozess des Kapitals, 4. Auflage, Köln, 2003, S.186
  11. K. Marx; Das Kapital -Kritik der politischen Ökonomie- Der Produktionsprozess des Kapitals, 4. Auflage, Köln, 2003, S.196

Literaturquellen

  • Robert S. Pindyck, Daniel L. Rubinfeld: Mikroökonomie, 6. Auflage, München 2005
  • Rainer Fischbach: Volkswirtschaftslehre I, 12. Auflage, Managementwissen für Studium und Praxis, Oldenburg, 2003
  • Horst Hanusch, Thomas Kuhn, Uwe Cantner: Volkswirtschaftslehre 1, Grundlegende Mikro- und Makroökonomik, 6. Auflage, Berlin, 2002
  • Edwin Böventer, Richard Illing: Einführung in die Mikroökonomie, 9. Auflage, Oldenbourg, 1997
  • Paul A. Samuelson, William D. Nordhaus: Volkswirtschaftslehre - Grundlagen der Makro- und Mikroökonomie, 8. Auflage, Köln, 1987
  • Helge Majer: Moderne Makroökonomik: 1. Auflage, Oldenbourg, 2001
  • Edwin von Böventer, Gerhard Illing: Einführung in die Mikroökonomie, 9. Auflage, Oldenbourg, 1997
  • Joseph Stiglitz: Volkswirtschaftslehre, 2. Auflage, Oldenbourg, 1999
  • Karl Marx: Das Kapital -Kritik der politischen Ökonomie- Der Produktionsprozess des Kapitals, 4. Auflage, Köln, 2003

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