Faversham

Faversham

Faversham ist eine Stadt in der Grafschaft Kent im Distrikt von Swale mit etwa 18.000 Einwohnern. Sie liegt etwa 70 km von London entfernt, zwischen Sittingbourne und Canterbury. Die Straße von London nach Dover (A2) führt an der Marktstadt vorbei, die in früheren Zeiten einen bedeutenden Hafen hatte.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Sehenswürdigkeiten

Bereits vor der römischen Eroberung Britanniens wird von Siedlungen am heutigen Ort berichtet. Die nächste geschichtliche Erwähnung findet die Ansiedlung als königlicher Landbesitz im Jahre 811 und ist weiterhin in einer von König Kenulf von Mercia unterzeichneten Urkunde genannt. Im Domesday Book wird der Ort als „Favreshant“ bezeichnet.

Im Jahre 1148 gründete König Stephan von England Faversham Abbey, wo er später mit seiner Gemahlin Mathilde von Boulogne und seinem Sohn Eustach IV. von Boulogne begraben wurde.

König Heinrich VIII. übertrug die Abtei 1536, während der Auflösung der englischen Klöster an Sir Thomas Culpeper. Direkt nach ihrer Auflösung wurde die Abtei zerstört und ein Großteil des Mauerwerks nach Calais geschafft, um dort die Befestigungen der Stadt zu verstärken. 1539 gingen die Ländereien der ehemaligen Abtei auf Sir Thomas Cheney, den Lord Warden of the Cinque Ports, über und die Quenn Elizabeth’s Grammar School wurde dort gegründet. Obwohl Heinrich VIII. die Abtei aufgelöst hatte, blieb die St. Mary of Charity Kirche erhalten. Sie hat einen ungewöhnlichen kronenförmigen Kirchturm aus dem 19. Jahrhundert, der schon weithin sichtbar ist. Der Innenraum wurde 1874 durch Sir George Gilbert Scott umgestaltet und wiederhergestellt. Scott wurde durch die Architektur der Londoner St. Pancras Station, des Außenministeriums und vieler Schulen und Kathedralen bekannt. (Sein Sohn ist der Designer der bekannten klassischen roten Telefonzellen aus den 1930er Jahren. Einer der ersten Telefonzellen befindet sich heute noch im Fleur de Lis Heritage Centre in Faversham.) In der Kirche befindet sich das sehenswerte Grabmal von König Stephan. Damit ist die Kirche eine der wenigen außerhalb Londos, die ein Königsgrab enthält. Landesweit einzigartig sind auch die Miserikordien im Chorgestühl, eine seltene mittelalterliche bemalte Säule und ein kürzlich restaurierter Altar, der den Heiligen Crispinus und Crispinianus geweiht ist.

Die Gemeinde ist als Markt- und Hafenstadt bekannt, sowie als Zentrum der Brauindustrie der Grafschaft. Sie beherbergt auch Großbritanniens älteste Brauerei „Shepherd Neame“. Früher gab es dort auch Brauereien der Marken „Fremlin“ und „Whitbread“. Im Stadtzentrum findet man noch ein bemerkenswerte Anzahl mittelalterlicher Gebäude. Viele dieser Gebäude sollten in den 1960er Jahren abgerissen werden, doch es entstand Widerstand in der Bevölkerung, die den Wert dieser historischen Gebäude erkannt hatte und sie erhalten wollte. Gerade der historische Stadtkern zieht viele Besucher an, die an vielen Orten Stadtgeschichte erleben können. Das Fleur-de-Lis Center befindet sich ebenfalls dort und beherbergt ein Museum und die Touristeninformation. An mehreren Tagen in der Woche findet an der Guildhall ein Wochenmarkt statt.

In der Stadt gibt es ein Kino, das noch aus den Frühzeiten des Films stammt und bis heute in Betrieb und fast unverändert ist. Auch ein Theater gibt es in der Stadt. Das Arden-Theater ist nach einem Elisabethanischen Theaterstück benannt, dem „Arden of Faversham“, das in der Abbey Street spielt.

Im Bereich des Flusses werden in den kleinen Werften Themsebarkassen repariert und gebaut und abgedichtet. Dort haben sich auch verschiedene Künstler angesiedelt, die insbesondere zu Zeiten des Canterbury Festivals im Herbst ihre Ateliers öffnen.

Während des Ersten Weltkriegs gerieten die Brauereien in eine Krise. Einerseits stagnierte der Absatz und andererseits verließen die Arbeiter die Brauerei um in der besser bezahlten Sprengstoffindustrie zu arbeiten.

Die Sprengstoffindustrie

Schießpulver

Faversham wird als die Wiege der Sprengstoffindustrie Großbritanniens bezeichnet. Die erste Schwarzpulverfabrik wurde bereits im 16. Jahrhundert eröffnet. Es gibt Hinweise, dass sogar die Mönche von Faversham Abbey Betreiber dieser Fabrik waren. Durch ihre Ländereien und finanziellen Möglichkeiten war das Kloster in der Lage in zukunftsträchtige Technologien zu investieren.

Die Stadt lag ideal für eine derartige Industrie. Sie lag an einem Fluss, der aufgestaut werden konnte, wenn Wasser für die Fabrikanlagen gebraucht wurde. Das Umland der Stadt war flach und eignete sich so gut für die Anpflanzung von Erlen und weiden, die zur Herstellung von Holzkohle gebraucht wurden, einem der drei wichtigsten Bestandteile des Schwarzpulvers. Über den Fluss konnte eine weitere wichtige Zutat, der Schwefel importiert werden und das fertige Schwarzpulver konnte darüber in die Pulvermagazine an der Themse transportiert werden. Auch die Nähe zum europäischen Festland war vorteilhaft, so dass in Kriegszeiten der Nachschubtransport einfach war. Die ersten Fabriken waren klein und lagen in Stadtnähe am Fluss. Im frühen 18. Jahrhundert hatten sich die kleinen Fabriken zu einer einzigen großen zusammengeschlossen, die später als Home Works bekannt wurden. 1759 wurde die Fabrik verstaatlicht und modernisierte in diesem Zusammenhang alle Maschinen. Aus dieser Zeit stammt auch die Chart Gunpowder Mill, die heutzutage nicht mehr in Betrieb ist und 1966 in ein Museum umgewandelt wurde.

Eine weitere Fabrik wurde von eingewanderten Hugenotten gegen Ende des 17. Jahrhunderts gegründet, die Oare Works. Diese Fabrik wurde Hauptlieferant für die Britische Ostindien-Kompanie.

Die dritte und letzte Sprengstofffabrik waren die Marsh Works, die von der britischen Regierung 1787 nordwestlich der Stadt am Oare Creek gegründet wurden, da die Home Works nicht genug produzieren konnten. 1934 schlossen alle drei Fabriken, da ein Krieg mit Deutschland drohte und der Standort bei Faversham Luftangriffen und Invasionen zu schutzlos ausgeliefert gewesen wäre. Die Produktion wurde daraufhin nach Ardeer in Schottland verlegt.

Schießbaumwolle

Nachdem Dr. Christian Friedrich Schönbein 1846 die Schießbaumwolle entdeckt hatte, wurde sie von den Marsh Works unter Lizenz ab 1847 hergestellt. Da man noch unerfahren im Umgang damit war, kam es bereits im gleichen Jahr zu einer Explosion, bei der 18 Personen starben. Daraufhin wurde die Fabrik wieder geschlossen. Bis 1873 ruhte die Produktion, bis die Cotton Powder Company in Uplees, 4km nordwestlich der Stadt erneut eine Fabrik errichtete. Die Fabrik wuchs schnell und kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs bedeckte sie ein Areal von 2 km² mit eigenem Kraftwerk, hydraulischen Anlagen, interner Telefonanlage und Bahnsystem. Das Gelände war in etwa so groß wie die City von London.

Bei Beginn des Krieges wurden die Fabriken unter die Verwaltung der Admiralität gestellt und bewaffnete Posten bewachten das Gelände. Die Produktion wurde weiter erhöht und die Anzahl der Arbeiter stieg. Längst konnten die erforderlichen Arbeiter nicht mehr nur in Faversham angeworben werden, sondern kamen aus der gesamten Grafschaft. Um diese Arbeiter zu transportieren baute die Admiralität eine Schmalspurbahn zwischen Davington und Uplees.

Am Sonntag, den 2. April 1916 kam es zu einer folgenschweren Explosion, als ein Lager mit TNT explodierte. Es kam zu Folgeexplosionen und insgesamt starben mehr als 100 Personen.

Nach dem Krieg schloss die Fabrik und die Schmalspurbahn wurde abgebaut. Die Lokomotiven wurden nach Südamerika verkauft, wo eine noch heute Dienst tun soll.

1924 wurden auf dem Gelände der ehemaligen Abtei von der Mining Explosives Company die Abbey Works errichtet. Auch hier kam es 1939 zu einer Explosion, woraufhin die Betreiber die Produktion von Sprengstoff auf Kohlesäurekartuschen umstellten. Bis heute gibt es diese Fabrik, die unter dem Namen Long Airdox firmiert.

Auf den übrigen Fabrikbrachen werden bis heute verschiedene Bodenschätze abgebaut. Die Fabrikgebäude wurden bis auf Chart Mill abgerissen.

Das Gelände der Oare Works wurde als Landschaftspark ausgebaut.

Heißeste Temperatur

Faversham hält mit 38.5 Grad Celsius den Rekord der heißesten Temperatur, die jemals in Großbritannien gemessen wurde. Die Temperatur wurde am 10. August 2003 im Vorort Brogdale gemessen.

Regierung und Verwaltung

Faversham liegt im Parlamentswahlbezirk „Faversham and Mid-Kent“. Seit 2001 wird dieser Wahlbezirk durch den konservativen Abgeordneten Hugh Robertson vertreten.[1]

Faversham liegt im Distrikt von Swale. Für die Wahlen zum Borough Council ist Faversham in vier Wahlkreise (Abbey, Davington Priory, St. Ann’s und Watling) aufgeteilt. Die vier Wahlkreise schicken sieben Abgeordnete in den Council. Bei den Wahlen 2007 wurden alle sieben Abgeordnete von der konservativen Partei gestellt.[2]

Beschäftigung

In der Stadt sind eine überdurchschnittlich hohe Anzahl der Einwohner in der Landwirtschaft und im Baugewerbe beschäftigt, während vergleichsweise wenige im Finanzwesen, der Verwaltung und im Gastronomiegewerbe beschäftigt sind.

Die Arbeitslosenquote liegt bei 2,7%, im Gegensatz zum nationalen Durchschnitt von 3,4%.

Verkehr

Von Faversham fahren Züge nach London Victoria Station. In umgekehrter Richtung führen Linien über Canterbury Eastern nach Dover Priory sowie nach Ramsgate und Margate.[3]

Ab 2009 soll eine neue Linie Faversham mit dem Kanaltunnel, London-Stratford und St. Pancras verbinden.

Quellen

  1. Hugh Robertson. HughRobertson.org.uk. Abgerufen am 29. März 2007.
  2. List Councillors By Ward. Swale Borough Council. Abgerufen am 29. März 2007.
  3. Liniennetz Southeatern Railway.
  • The Great Explosion at Faversham by Arthur Percival: also reprinted in Archaeologia Cantiana Vol. C. (1985).
  • The Faversham Gunpowder Industry and its Development, by Arthur Percival (Faversham Papers No 4)
  • Oare Gunpowder Works, by Wayne Cocroft (Faversham Papers No 39)
  • Gunpowder Manufacture at Faversham: Oare and Marsh Factories, by Edward Patterson (Faversham Papers No 42)
  • Faversham Gunpowder Personnel Register 1573-1840, by Raymond Godfrey & Arthur Percival (Faversham Papers No 84)
  • Faversham Explosives Personnel Register 1841-1934, by John Breeze (2008)
  • Paul Wilkinson: The Historical Development of the Port of Faversham 1580-1780. A comprehensive historical and archaeological investigation into the maritime organization of the port (2006) ISBN 1-84171-946-3

Weblinks


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