Fehlerfreundlichkeit

Fehlerfreundlichkeit

Fehlerfreundlichkeit ist ein von Christine von Weizsäcker im Jahre 1977 in die wissenschaftliche Diskussion um die Fehleroffenheit eingeführter Begriff,[1] der 1984 von ihr und ihrem Mann Ernst Ulrich von Weizsäcker in einem Forschungsbeitrag[2] zu evolutionären Vorgängen in der Natur und deren Umgang mit Störungen präzisiert wurde. Der Begriff wird häufig in vereinfachender Weise mit dem Begriff der Fehlertoleranz, im Sinne von einer geplanten Akzeptanz von unerwünschten aber doch eintretenden Ereignissen, gleichgesetzt. Der Begriff Fehlerfreundlichkeit wurde ebenfalls in den technischen und wirtschaftlichen Bereich sowie in den Bereich der Mathematikdidaktik aufgenommen.[3][4]

Inhaltsverzeichnis

Definition

Der Begriff Fehlerfreundlichkeit beschreibt demzufolge normativ, dass Fehler tendenziell positiv aufzufassen seien, ebenso wie die Natur mit vordergründig als Fehler auftauchenden Störungen "freundlich" umgehe.[5]

„Fehlerfreundlichkeit bedeutet zunächst einmal eine besonders intensive Hinwendung zu und Beschäftigung mit Abweichungen vom erwarteten Lauf der Dinge. Dies ist eine in der belebten Natur überall anzutreffende Art des Umgangs mit der Wirklichkeit und ihren angenehmen und unangenehmen Überraschungen

Christine Weizsäcker; Ernst Ulrich von Weizsäcker[2]

Wird Risikobereitschaft als verantwortliches Handeln verstanden, dann ist Fehlerfreundlichkeit eine notwendige Voraussetzung. Nur in fehlerfreundlichen Systemen führen die Auswirkungen risikofreudigen Entscheidens nicht zu unkalkulierbaren Risiken. Dies gilt besonders für Technologien und Tätigkeiten mit besonderen Risiken, zum Beispiel bei großtechnologischen Anlagen und im Arbeitsschutz.

Einzelnachweise

  1. Ernst Ulrich von Weizsäcker: Error Friendly Technologies, Bulletin of Science Technology Society, 1984; 4: p. 337-339
  2. a b Christine Weizsäcker; Ernst Ulrich von Weizsäcker: Fehlerfreundlichkeit. In: Kornwachs, Klaus (Hrsg.): Offenheit – Zeitlichkeit – Komplexität. Zur Theorie der Offenen Systeme. Frankfurt/New York: Campus., 1984, S. 167 - 201.
  3. B. Guggenberger: Das Recht auf Irrtum - Anleitung zur Unvollkommenheit, Wien, 1987, S. 145
  4. Stüttgen, M. (1999): Strategien der Komplexitätsbewältigung in Unternehmen: ein transdisziplinärer Bezugsrahmen, Bern, Haupt, 1999, S. 213
  5. Martin Weingardt: Fehler zeichnen uns aus!, Ggp Media, 2004, S. 263f., ISBN 3781512762

Literatur

  • Gartmeier, M. (2010). Fehlerfreundlichkeit im Arbeitskontext: Positive Einstellungen gegenüber Fehlern und negatives Wissen als Ressourcen professionellen Handelns. Saarbrücken: SVH:
  • Bleckwedel, J. (2008). Experimentierfreude und Fehlerfreundlichkeit, S. 74-83. In: Systemische Therapie in Aktion. Göttingen: Vandenhoeck&Ruprecht.
  • Schüttelkopf, Elke M.: Erfolgsstrategie Fehlerkultur. Wie Organisationen durch einen professionellen Umgang mit Fehlern Ihre Performance steigern, Wien 2008. In: Gabriele Ebner, Peter Heimerl, Elke M. Schüttelkopf: Fehler.Lernen.Unternehmen. Wie Sie die Fehlerkultur und Lernreife Ihrer Organisation wahrnehmen und gestalten, Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2008. 314 S., ISBN 978-3-631-57744-8
  • Wehner, T., Nowack, J., und Mehl, K. (1992). Über die Enttrivialisierung von Fehlern: Automation und ihre Auswirkungen als Gefährdungspotentiale. In T. Wehner (Hg.), Sicherheit als Fehlerfreundlichkeit: arbeits- und sozialpsychologische Befunde für eine kritische Technikbewertung (Sozialverträgliche Technikgestaltung; Bd. 31) (S. 36-56). Opladen: Westdeutscher Verlag.
  • Mehl, K. (1993). Aus Fehlern lernt mann! Was lernt man wie aus Fehlern? In E. Rümmele (Hg.), Kognitive Repräsentationen über Unfälle und Sicherheitsunterweisungen im Sport (S. 129-140). Köln.

Weblinks


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