Fernkälte

Fernkälte

Neben der Versorgung von Verbrauchern mit Fernwärme werden auch Verbraucher mit Fernkälte beliefert. Hierbei gibt es zwei unterschiedliche Herangehensweisen.

Inhaltsverzeichnis

Lieferung von kaltem Wasser

Hierbei wird in einer Kältezentrale die erforderliche Kälte erzeugt und über wärmegedämmte Kältenetze an die Verbraucher geliefert. Physikalisch ist hier die Bezeichnung Kältelieferung irreführend. Technisch richtig ist, dass bei der Kältelieferung dem Kunden überschüssige Wärme abgenommen wird. Dazu wird eine Vorlauftemperatur im Netz von etwa 6 °C zur Verfügung gestellt. Beim Verbraucher wird dessen überschüssige Wärme, zum Beispiel bei Klimatisierung, in das Netz direkt oder indirekt übernommen. Die Rücklauftemperatur ist demnach höher als die Vorlauftemperatur, etwa 12 °C und mehr. Über Kälteanlagen wird diese überschüssige Wärme in der Kältezentrale dem Kältenetz wieder entzogen. Hauptbestandteil der Kälteanlagen sind Kältemaschinen.

Nutzung von Fernwärme

In vielen mit Fernwärme versorgten Gebieten werden in Einrichtungen mit hohem Kältebedarf Absorptionskältemaschinen mit Hilfe von Fernwärme betrieben. Hierbei wird dem Kunden wie im Winter heißes Wasser geliefert und erst vor Ort Kälte erzeugt. Dies ist sinnvoll, da elektrisch betriebene Klimaanlagen gerade zu Spitzenlastzeiten große Leistungen benötigen. Durch den Einsatz von Absorptionskältemaschinen können Fernwärmenetze in der wärmeren Jahreszeit somit stärker ausgelastet werden. Zugleich kann das Stromnetz an diesen warmen Tagen entlastet werden, da weniger strombetriebene Kältemaschinen benötigt werden.

Anwendungsbeispiele

In der schwedischen Stadt Sundsvall wird das Krankenhaus im Sommer mit Fernkälte versorgt. Dort wird Schnee in einem 50.000 Kubikmeter großen Bassin gelagert, welches mit Baumrinde abgedeckt wird. Das Schmelzwasser kühlt über einen Wärmewechsler die Fernwärmeanlage des Krankenhauses. Dieses System arbeitet so aber nicht kostengünstiger als eine Klimaanlage.[1]

Das Deep Lake Water Cooling System ist ein Projekt, das die im Wasser des Ontariosees gespeicherte Kälte dazu benutzt, verschiedene Gebäude in Toronto mit umweltfreundlich erzeugter Kälte für die Kühlung zu versorgen.

Seit 1973 besitzt Chemnitz (damals Karl-Marx-Stadt) als zweite deutsche Stadt ein Fernkältenetz.[2] Das etwa vier Kilometer lange von den Stadtwerken Chemnitz betriebene Netz versorgt Technische Universität, Opernhaus, Stadthalle, Amtsgericht sowie mehrere große Einkaufszentren. Anfangs wurde die Kälte mittels Kompressionskältemaschinen erzeugt. Mit Beginn der neunziger Jahre folgte die Modernisierung durch Einbau von Absorptionskältemaschinen. Seit Ende Juni 2007 sorgt ein 3500 m³ Wasser fassender Kältespeicher für den optimalen Betrieb der Kälteerzeuger sowie die Spitzenlastdeckung an Hochsommertagen. Damit ist es möglich, auf die mit Elektroenergie angetriebenen Kältemaschinen weitgehend zu verzichten. Die Absorptionskältemaschinen werden mit der Abwärme des Heizkraftwerkes betrieben, die sonst ungenutzt über Kühltürme an die Umwelt abgegeben würde.

1998 startete das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Gera ein Pilotprojekt, bei dem eine Dampfstrahlkältemaschine, die durch den Dampf des örtlichen Fernwärmenetzes angetrieben wird, in der Innenstadt ein Fernkältenetz mit 6° C kaltem Wasser versorgt.[3] Derartige Kältemaschinen fanden bislang nur in der industriellen Fertigung Anwendung. Zu Spitzenlastzeiten kann eine Kompressionskältemaschine zugeschaltet werden. Beide Maschinen stellen jeweils 600 kW, also zusammen 1,2 MW Kälteleistung zur Verfügung.

In Wien wird Kälte aus der Abwärme einiger Kraftwerke sowie einer Müllverbrennungsanlage erzeugt und über ein Fernkältenetz verteilt.[4]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. taz 22./23. Juli 2006
  2. Kältespeicher in Chemnitz
  3. Fernkälte in Gera
  4. Fernkälte in Wien

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