- Flintenmunition
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Bei Flintenmunition handelt es sich um Patronenmunition für Flinten. Sie ist speziell für den flintentypischen schnellen Schuss auf kurze Distanzen ausgelegt. Die Ladung besteht aus Schrotkugeln, deren Anzahl und Größe entsprechend dem Einsatzzweck ausgelegt sind. Sie wird als Garbe mit flächendeckender Wirkung verschossen. Große Schrote werden als Posten bezeichnet. Für spezielle Anwendungen wird das Flintenlaufgeschoss, eine Ladung aus einem Stück verwendet. Die wirksame Einsatzreichweite der Flintenmunition liegt im Bereich von kurzen bis mittleren Distanzen, da die Treffgenauigkeit, Flächenwirkung und Geschossenergie mit steigender Entfernung abnehmen. Der Gefährdungsbereich beträgt jedoch ladungsabhängig mehrere hundert Meter.
Für den überwiegend sportlichen und jagdlichen Einsatz wird Blei als Material für die Ladung verwendet. Wegen der hohen Umweltbelastung durch Blei kommen zunehmend alternative Materialien wie Weicheisen zur Anwendung obwohl deren geringeres spezifisches Gewicht die Geschosswirkung verringert. Für den paramilitärischen Einsatz werden Gummi und ähnliche Materialien wegen ihrer nicht letalen Wirkung zu Geschossen verarbeitet.
Inhaltsverzeichnis
Aufbau
Die äußere Hülle der Patrone besteht aus einer Bodenkappe mit Zündhütchen, die mit einer Hülse aus Pappe oder Kunststoff verbunden ist. Bei Schrot und bei Posten als Geschossladung ist die Hülse an der Stirnseite sternförmig zusammengefaltet oder aber über einer Papp- oder Kunststoffscheibe umgebördelt, damit die Ladung nicht herausfällt. Die Bodenkappe wird in der Regel aus vermessingtem Blech gefertigt. Der Rand der Bodenkappe verhindert, dass die Patrone zu weit in das Patronenlager rutscht. Bei Flintenmunition werden offensive (schnell abbrennende) Nitrozellulosepulver verwendet. Zwischen der Pulverladung und der Geschossladung (der Vorlage) befindet sich ein Zwischenmittel wie etwa ein Filzpropfen. Durch das Zwischenmittel wird eine Vermischung von Pulver und Vorlage vermieden und beim Schuss die vollständige Kraftübertragung von der abbrennenden Treibladung auf die Geschossladung erreicht. Als Geschossladung werden Kugelschrot, Posten und Flintenlaufgeschosse verwendet. Bei allen drei Arten wird Blei wegen seiner hohen Dichte bei günstigem Preis bevorzugt. Aus Gründen des Umweltschutzes werden jedoch auch Eisenschrote und Schrote aus anderen Materialien verwendet. Schrotladungen werden bei modernen Patronen meist in einen Kunststoffbecher mit eingeschnittenen Seiten eingesetzt. Der Becher unterbindet den direkten Kontakt der Schrotladung mit dem Lauf. Das schont den Lauf vor Abrieb und Ablagerungen durch die Schrotkugeln.
Kaliber
Flintenmunition wird durch das Kaliber, die Hülsenlänge und die Angaben zur Ladung gekennzeichnet.
Die Kaliberangabe ist nicht metrisch. Angegeben wird die zum Laufdurchmesser passende Anzahl gleichgroßer Rundkugeln, die aus einem englischen Pfund (453,6 g) Blei gegossen werden können. Beim Kaliber 12 sind dies 12 gleichgroße Kugeln. Dementsprechend ist das Flinten-Kaliber 20 kleiner als das Kaliber 12. Verbreitetste Kaliber sind 12, 16, 20 und 36. Kaliber 10 wird seltener verwendet, für die Großwildjagd wurden auch Flinten in den Kalibern 8 und 4 gefertigt, zum Teil als exklusive Sonderanfertigungen. Die Kalibermaße entsprechen folgenden Laufbohrungen, wobei Fertigungstoleranzen von einigen zehntel Millimetern möglich sind:
Kaliber: 4 8 10 12 16 20 24 28 32 36 (.410) Bohrung in mm: 26,77 21,25 19,69 18,35 16,84 15,63 14,71 13,97 13,37 10,2 Die Kaliberangabe wird in den Patronenboden geprägt.
Zur vollständigen Kaliberangabe gehört auch die Angabe über die Hülsenlänge für die das Patronenlager ausgelegt ist. Die Angabe erfolgt meist in Millimeter, jedoch auch in Zoll. Die üblichen Patronenlager sind für Hülsen mit Längen von 70 mm (2¾″) oder 76 mm (3″) ausgelegt, früher auch 65 mm (2½″). Somit bedeutet beispielsweise die Kaliberangabe 12/70 auf einer Waffe, dass es sich um eine Flinte im Kaliber 12 mit einem Patronenlager für Hülsen mit 70 mm Länge handelt. Die Hülsenlänge ist in der Regel auf die Hülse aufgedruckt. Die Angabe bezeichnet die Länge der unverschlossenen Patrone bzw. die Hülsenlänge nach dem Schuss. Schrotpatronen mit Bördelverschluss oder mit Sternverschluss sind verschlossen 6mm bis 11mm kürzer. Beim Schuss öffnen sie sich und erreichen wieder die ursprüngliche Länge. Die gängigen Hülsenlängen sind 65 mm, 67,5 mm, 70 mm und 76 mm. Die geöffnete Hülse darf nicht länger als die Patronenkammer sein, damit die Hülse sich beim Schuss vollständig öffnet. Andernfalls kann sich die Hülse beim Schuss nicht vollständig öffnen und der dadurch erhöhte Gasdruck kann zur Beschädigung der Waffe mit Gefährdung von Personen führen. Eine Ausnahme sind Hülsen mit einer Länge von 67,5 mm, die auch aus Waffen mit einem Patronenlager für Hülsen mit einer Länge von 65 mm verschossen werden dürfen. Patronen mit kürzerer Hülse als für das Patronenlager vorgesehen können verschossen werden, wobei aber die Schussleistung beeinträchtigt werden kann. Eine Ausnahme sind auch hier Hülsen mit einer Länge von 67,5 mm, die aus Waffen mit einem Patronenlager für Hülsen mit einer Länge von 70 mm ohne Leistungseinbußen verschossen werden können.
Bei Schrotpatronen und Posten wird zusätzlich noch der Schrotdurchmesser durch Aufdruck auf die Patronenhülse angegeben. Neben der Angabe des Durchmessers in Millimeter werden teilweise auch Kennziffern verwendet, die sich jedoch international stark unterscheiden.
Bei Magnumpatronen (besonders hohe Geschossenergie, Gasdruck bis 1050 bar) muss der Zusatz "Magnum" auf der Hülse angegeben sein. Diese dürfen nur aus dafür vorgesehene Flinten verschossen werden. Andernfalls kann es zu Beschädigung der Waffe mit Gefährdung von Personen kommen. Weitere Kenndaten der Munition werden auf der Packung oder in Datenblättern angegeben. Dies sind u.a. Ladungsgewicht, Ladungsmaterial (Blei, Weicheisen etc), Streueigenschaft der Schrotgarbe, Durchschnittliche Anzahl Schrotkugeln, Abgangsgeschwindigkeit.
Schrotpatrone
Schrotpatronen dienen dem Verschießen einer Anzahl von Projektilen mit einem Schuss. Diese Schrote bestehen aus ein bis acht Millimeter großen Metallkugeln, die meist aus Blei oder Weicheisen bestehen. Sie werden beim Schuss durch den Pfropfen bzw. Abschussbecher zusammen aus dem Lauf getrieben, wobei der Pfropfen die Schrotladung in Richtung der Treibladung abdichtet.
Verwendung finden Schrotpatronen bei der Jagd auf Kleinwild, im militärischen und polizeilichen Bereich sowie beim sportlichen Schießen. Der militärische Einsatz ist nur auf kurze Distanzen sinnvoll, wie etwa beim Häuser- oder Straßenkampf. Um die Reichweite zu erhöhen, wurden vor allem für den militärischen Einsatz mit Flechetes geladene Patronen verwendet. Diese Patronen enthalten statt der runden Schrotkugeln ein Bündel Stahlpfeile, die durch kleine Stabilisierungsflossen aerodynamisch stabilisiert werden. Die Hälfte der Pfeile verlässt mit den Flossen nach vorn den Lauf, was zu einem sofortigen Umdrehen führt, wodurch die Geschossgarbe auseinandergetrieben und schnell eine ausreichende Flächenabdeckung mit Geschossen erreicht wird.
Beim Wurfscheibenschießen ist die Bleischrotmenge bei einigen Disziplinen auf 24 g bzw. 28 g, unter anderem aus Gründen des Umweltschutzes, aber auch zur Vereinheitlichung der Wettkampfbedingungen und zur Entlastung der Schützen durch den geringeren Rückstoß begrenzt; die Bleischrote haben hier einen Durchmesser von 2,0 mm (Skeet) bis 2,5 mm (Trap). Bei jagdlichen Patronen liegt die Bleischrotmenge üblicherweise bei 32 g bis 40 g und die jagdlich genutzten Durchmesser der Schrote reichen von 2,0 mm (Kaninchen) bis 4,0 mm (Dachs). Gröbere Schrote, so genannte Posten (z. B. Sauposten), sind in Deutschland zur Jagd auf Schalenwild verboten. Sie wurden früher zur Jagd auf Rehwild und Wildschweinfrischlinge verwendet. Für den Schuss auf geringe Entfernungen werden spezielle Streupatronen verwendet, die in der Schrotladung ein Streukreuz enthalten. Dieses Streukreuz bewirkt eine schnellere Ausdehnung der Schrotgarbe und somit eine bessere Deckung im Ziel bei geringer Schussentfernung. Übliche Schrotkugeldurchmesser in Streupatronen sind 2,75 mm für den jagdlichen Einsatz und 2,0 mm vornehmlich für das jagdliche Skeetschießen.
Bei der Aufruhrbekämpfung werden häufig statt der üblichen Metallschrote auch Gummikugeln bzw. Schrote in kleinen vernähten Säckchen (sogenannte Beanbags) verschossen, die nicht tödlich wirken sollen und die Wirkung von Faustschlägen aufweisen.
Für die Bekämpfung etwa von Ernteschädlingen oder für die Selbstverteidigung werden auch verschiedene andere Materialien als Vorlage verwendet, die aus selbst geladenen Patronen verschossen werden. Die verbreitetste alternative Vorlage ist grobes Steinsalz. Wegen der unregelmäßigen Form und Größe der Salzkörner streuen diese Ladungen stark und können bis auf einige Meter Entfernung zu erheblichen Verletzungen führen. Es können auch andere Materialien verwendet werden wie Pfefferkörner, Chili oder lange Tierborsten, wobei Chili und Tierborsten kaum noch zielballistische Wirkung zeigen.[1]
Die maximale Reichweite lässt sich über eine einfache Faustformel leicht berechnen: Schrotgröße in mm × 100 = Reichweite in Metern. Folglich liegt die maximale Reichweite für die Schrote einer Trap-Patrone mit einem Schrotkugeldurchmesser von 2,5 mm bei 250 Metern. Diese Faustformel ist als Näherungswert anzusehen, der Sicherheitsreserven beinhaltet.
Flintenlaufgeschosse
Für Flinten werden auch massive Geschosse verwendet, deren Kaliber dem Laufdurchmesser entspricht. Diese Flintenlaufgeschosse werden auch englisch als "Slugs" bezeichnet. Zur eindeutigen Kennzeichnung unterscheiden sich deren Hülsen eindeutig von denen der Schrotmunition.
Aus Flinten werden sowohl Schrotladungen als auch Einzelkugeln verschossen. Je nach Einsatzzweck wurden auch kleinere Schrotkugeln mit einer großen Kugel kombiniert, womit sowohl kleineres als auch größeres Wild gejagt werden konnte. Diese Kombinationen werden in den USA als buck-and-balls-Patronen bis heute angeboten. Mit Entwicklung des Chokes für Flintenläufe wurde der Einsatz vollkalibriger Kugeln problematisch, da diese im Choke gestaucht wurden. Zunächst wurden daher Kugeln mit Längsrillen versehen, die sich der Verengung an der Laufmündung leichter anpassen konnten. Nachdem verschiedene Versuche unternommen wurden, das Verschießen großer Einzelgeschosse aus Flinten zu ermöglichen, wurde 1898 von Wilhelm Brenneke das Brenneke-Geschoss eingeführt. Dieses Geschoss war ein Bleizylinder mit Längsrillen, an dessen Heck ein Filzpfropfen angeschraubt war, der das Geschoss aerodynamisch im Flug stabilisierte. Die Längsrillen erleichterten die Verformung im Choke, wobei die Rillen auch schräg verlaufen können. Ein Drall wird durch solche schrägen Rillen allerdings nicht erzeugt. Bei modernen Brenneke-Geschossen wird anstelle von Filz Kunststoff verwendet. Heute sind verschiedenste Geschossformen von Flintenlaufgeschossen in Gebrauch. Verbreitet sind Blei- und Messinggeschosse, aber auch Materialkombinationen mit Stahl oder Aluminium sind möglich. Unterkalibrige Geschosse, so genannte Sabot Slugs, werden mit Hilfe von Treibspiegeln verschossen und besitzen wegen ihrer geringeren Masse in der Regel eine höhere Mündungsgeschwindigkeit. Die Formen von Flintenlaufgeschossen sind zylinderförmig mit runder oder spitzer Geschossspitze, aber auch Geschosse mit Hohlspitzen oder Geschosse, deren Form Diabolos ähnlich ist, werden angeboten.[2]
Flintenlaufgeschosse, deren Masse im Kaliber 12 bis etwa 39 g beträgt, haben trotz der relativ geringen Geschossgeschwindigkeit eine hohe kinetische Energie, die sie wegen des hohen Querschnitts und durch Verformung schnell an das Ziel abgeben. Jagdlich werden Flintenlaufgeschosse auf Entfernungen von 30 bis 50 m verwendet, wobei mit einem Streukreis von etwa 10 cm zu rechnen ist. Verstärkt (Magnum) geladene Flintenlaufgeschosse, meist mit 76 mm Hülsenlänge, erreichen auf eine Entfernung bis 100 m noch hinreichende Treffgenauigkeit und auch durch das Geschossgewicht hinreichende Geschosswirkung. In Deutschland wird der jagdliche Einsatz teilweise auf Gesellschaftsjagden aus vermeindlichen Sicherheitsgründen abgelehnt, teilweise aber auch wegen der hohen Wildbretzerstörung.[3] Die Gefahr von Querschlägern ist nicht höher als bei anderen Geschossen auch. Durch die langsame Geschwindigkeit und das hohe Geschossgewicht werden Gras oder dünne Ästchen ohne Ablenkung durchschossen und das Ziel punktgenau getroffen. Aus Sicherheitsgründen ist in Frankreich, Italien, Spanien die jagdliche Verwendung üblicher als der von Büchsen, in den USA sogar vorgeschrieben und der Einsatz von Büchsen in einigen Bundesstaaten durch die höhere Gefahrenreichweite verboten.
Es gibt für die Verwendung von Flintenlaufgeschossen optimierte Gewehre, deren Zylinderbohrung an der Mündung in ein leicht verengtes Teilstück mit Zügen übergeht - so genannte Paradox-Choke wurden ab etwa 1880 für die Jagd auf großes Wild eingesetzt[4], da das Geschoss im polierten Teil des Laufes eine höhere Anfangsgeschwindigkeit erreicht und durch die Züge eine höhere Präzision als bei zugloser Bohrung möglich ist. Heute werden häufig Läufe mit Zügen über die ganze Länge speziell für den Einsatz von Flintenlaufgeschossen benutzt. Diese weisen allerdings eine geringere Tiefe als bei üblichen Büchsenläufen auf.
Flintenlaufgeschosse werden auch von Sicherheitskräften eingesetzt, da diese auch gegen Personen mit Schutzwesten eine relativ hohe Wirkung aufweisen. Zwar durchschlagen sie diese in der Regel nicht, aber beim Auftreffen wird die Weste so weit eingedrückt, dass genügend Energie übertragen wird, um Verletzungen hervorzurufen. Repetierflinten mit gezogenen Läufen und Flintenlaufgeschossen werden als Sicherungswaffen von Forstdiensten in den USA und Kanada gegen Bären benutzt. Eine kaum bekannte Sonderform von Flintenlaufgeschossen ist das Wireless eXtended Range Electronic Projectile, das wie eine Elektroimpulswaffe wirken soll.
Im Jahre 2011 wurde von Brenneke eine Flintenpatrone speziell für den Behördeneinsatz unter der Bezeichnung EDP auf den Markt gebracht. Es handelt sich hierbei um ein gehärtetes Flintenlaufgeschoß mit mehr als 4.000 Joule im Kaliber 12/76 (3“) um Motorblöcke und Windschutzscheiben ohne Ablenkung zu durchschlagen und so Fahrzeuge mit einem gezielten Schuss zu stoppen[5].
Literatur
- Henning Hoffmann: Die Flinte – Waffe, Werkzeug, Sportgerät, DWJ Verlag, 2005, ISBN 3-936632-51-0
- Visier Monatsheft 8/2009 (Informationen und Ladedaten zu Flintenlaufgeschossen)
- Walter Biertümpel / Hanns Joachim Köhler:Eduard-Kettner-Jagdwaffenkunde, Verlag Okahandja, 1984, ISBN 3-923270-02-X
- Alexander Eisnecker, "Slug Fertig - Wiederladen von Flintenlaufgeschossen", Visier, Das internationale Waffenmagazin, 08/2009 S. 46 ff
Einzelnachweise
- ↑ Christopher Hocke, Matthias Recktenwald, "Alles in Deckung", Visier, Das internationale Waffenmagazin, 09/2008 S. 44 bis 49
- ↑ Alexander Eisnecker, "Dick ist Chic", Visier, Das internationale Waffenmagazin, 06/2008 S. 18 ff
- ↑ http://www.brenneke-munition.de/cms/fileadmin/user_upload/Dokumente/pirsch.pdf
- ↑ Visier Special 47, Magnum Kurz- und Langwaffen, Vogt-Schild Deutschland 2007, S. 39
- ↑ http://www.google.de/search?hl=de&source=hp&q=Brenneke+EDP&btnG=Google-Suche&aq=f&aqi=&aql=&oq= IWA News No. 1 - 18. Januar 2011, Seite 2 - www.iwa.info
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