Formlose Ehe

Formlose Ehe

Formlose Ehe, lat. matrimonium clandestinum, war die heimliche Ehe. Dazu zählten solche Ehen, die vor einem Geistlichen und unter wenigen Zeugen in Heimlichkeit geschlossen wurden, aber auch die sogenannte Winkelehe, die ohne jegliche kirchliche Mitwirkung eingegangen wurde.

Die Eheschließung im zweiten Fall, in der Winkelehe also, ging sehr einfach und ohne Feierlichkeiten vonstatten: Oft in einem Winkel des Hauses wurde die zukünftige Ehefrau vom Bräutigam gefragt, ob sie ihn zum Ehemann haben wolle. Bei einer positiven Antwort wurde die Ehe gültig. Diese Ehe konnte wie alle Ehen im Mittelalter nicht geschieden werden. Da es aber keine Zeugen gab, hatte die Frau, die verlassen wurde, es schwer nachzuweisen, dass sie wirklich eine Ehe mit demjenigen eingegangen war, der das Gegenteil behauptete.

Mittelalter

Diese Eheform wurde von der Kirche und den Stadträten bekämpft und mit hohen Strafen belegt. So wurde wohl 1327 ein Nürnberger Badersohn namens Konrad zu 10 Jahren Haft verurteilt, weil er eine Winkelehe eingegangen war. 1410 wurde aus selbigem Grund ein anderer Bürger für 5 Jahre aus der Stadt verbannt.

Doch erst auf dem Konzil von Trient (1545–1563) wurde die kirchliche Ehe als einzig gültige Eheform gesetzlich vorgeschrieben und der priesterliche Segen vorgeschrieben.

Der Franziskaner Berthold von Regensburg († 1272) sagte folgendes über die Winkelehe: "Man soll auch in den Winkeln keine Ehe haben oder machen. Darum, ihr Frauen, durch den allmächtigen Gott, so hütet euch vor der Winkelehe. Wer euch vor den Leuten die Ehe nicht geloben will, dessen Gelübde sollt ihr in dem Winkel nimmer annehmen... denn er will euch betrügen." (aus: Georg Denzler, S. 110)

Die heimlichen Eheschließungen mit einem Priester und Zeugen waren dagegen besonders im hohen und niederen Adel vom Spätmittelalter bis ins 19. Jahrhundert hinein sehr beliebt. Häufig wählten verwitwete Herrscherinnen nach ihrer ersten Ehe, zu der sie von ihrem Vater, Onkel oder Bruder gezwungen worden waren, ihren zweiten Gatten, der unter ihrem Stande war, selbst aus. Diese Liebesheiraten blieben als heimliche Ehen den zeitgenössischen Historikern oft unbekannt.

Zu den bekanntesten heimlichen Eheschließungen gehört die Ehe zwischen Maria Tudor, der jüngeren Schwester des englischen Königs Heinrich VIII., und ihrer großen Liebe, Charles Brandon, 1. Herzog von Suffolk. In ihrem Fall wurde ihre heimliche Eheschließung nämlich aufgedeckt, weil ihr königlicher Bruder sie ein weiteres Mal für politische Zwecke als Braut verwenden wollte. Maria hatte daher gestehen müssen, dass sie ohne die Erlaubnis ihres Bruders bereits eine heimliche Ehe eingegangen war und dadurch als Braut nicht mehr zur Verfügung stand.

Ein weiteres Beispiel für eine heimliche Ehe ist die Verbindung von Maria Fitzherbert und König Georg IV.

Heimliche Ehe (Il matrimonio segreto) ist auch der Titel einer Oper von Domenico Cimarosa.

Weblinks

Literatur

  • Hans Erich Troje: Gestohlene Liebe. Zur Archäologie der Ehe – Ein Rettungsversuch. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1992, ISBN (dtv 35052 Dialog und Praxis).
  • Hans Erich Troje: Das matrimonium clandestinum in Humanismus und Reformation. In: Glossae. Revista de Historia de Derecho Europeo. 4, 1992, ISSN 0214-669X, S. 191–214.

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