- Franziskanische Orden
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Franziskanische Orden sind verschiedene vornehmlich römisch-katholische Ordensgemeinschaften, die sich an der von Franziskus von Assisi (1181/1182 bis 1226) für den von ihm gegründeten Bettelorden verfassten Ordensregel orientieren.
Zu den bedeutendsten franziskanischen Theologen und Philosophen des 13. und 14. Jahrhunderts gehörten Antonius von Padua, Alexander von Hales, Bonaventura von Bagnoregio, Roger Bacon, Johannes Duns Scotus und Wilhelm von Ockham. Der Franziskaner-Publizist Thomas Murner war Luthers wortgewandtester Gegner in der Reformationszeit.
Inhaltsverzeichnis
Die Orden
Die Gemeinschaften, die sich auf den heiligen Franziskus berufen, teilen sich in drei Gruppen.
- Der Erste Orden, der auf die von Franziskus gegründeten Minderbrüder-Orden zurückgeht, umfasst die Minoriten, die Franziskaner (OFM) und die Kapuziner.
- Der Zweite Orden besteht aus den verschiedenen Zweigen der Klarissen, deren Regel auf die heilige Klara von Assisi, eine enge Vertraute des heiligen Franziskus, zurückgeht.
- Der 1221 begründete Dritte Orden bestand ursprünglich aus Laien, die sich dem Werk des heiligen Franziskus zugehörig fühlten und die franziskanischen Ideale innerhalb ihrer Lebenswelt umsetzten, darunter etwa die heilige Elisabeth von Thüringen. In Deutschland ist der franziskanische Laienorden unter der Bezeichnung Franziskanische Gemeinschaft (FG) organisiert. Innerhalb des Dritten Ordens bildeten sich besonders im 19. Jahrhundert auch eine Vielzahl neuer Ordensgemeinschaften, die im so genannten Regulierten Dritten Orden zusammengefasst sind, darunter praktisch alle Gemeinschaften von Franziskanerinnen und Kapuzinerinnen sowie weitere männliche und weibliche Verbände wie die Amigonianer, Elisabethinen, Franziskanerbrüder vom Heiligen Kreuz, Franziskusbrüder, Liebfrauenschwestern oder das Seraphische Liebeswerk.
Heute betrachten sich alle diese Gemeinschaften als Äste der Franziskanischen Familie; im deutschsprachigen Raum haben sie sich in der INFAG (Interfranziskanische Arbeitsgemeinschaft) organisiert und treten seit 2005 unter dem logo clara.francesco (Ökumenisch-geschwisterliche Netzwerkinitiative Franziskanischer Orden) etwa bei Kirchentagen, beim Weltjugendtag oder bei der Europäischen Ökumenischen Versammlung auf.
Auch im außerkatholischen Raum gibt es franziskanische Gemeinschaften, so die Ökumenische Franziskanische Bruderschaft (OFB) im brandenburgischen Zehdenick, anglikanische Franziskaner und evangelische Tertiaren.
Gemeinsamer Ursprung
Ordensgründung
Franziskus von Assisi hatte zunächst nicht den Plan, einen Orden zu gründen; er wollte lediglich in vollständiger Nachfolge Christi leben gemäß dem Gebot des Evangeliums: Wer vollkommen sein will unter Euch, verlasse alles, und was er hat, gebe er den Armen, dann komme er und folge mir nach. Als charismatische Persönlichkeit fand er jedoch begeisterte Gefährten, vor allem unter seinen zahlreichen Freunden. Der schließlich von Franziskus gegründete Orden der Minderen Brüder wurde um 1210 von Papst Innozenz III. bestätigt. Die Gemeinschaft lebte auf dem Gelände der kleinen Kirche Portiunkula unterhalb von Assisi. 1212 gelobte hier Klara von Assisi, die 1216/1217 das Regelwerk des 2. Ordens schrieb, ein Leben nach den Evangelischen Räten.
Der Orden der Minderen Brüder entwickelte sich zu einem der vier großen Bettelorden des Mittelalters. Mit der Zeit stellte sich allerdings heraus, dass zu große Freiheit zu Verweltlichung und Auflösung führte. Deshalb wurden die Brüder nach und nach immer fester organisiert und die Ordensregeln stärker an den „klassischen“ benediktinischen Regeln ausgerichtet. 1212 wurde das erste Franziskanerkloster in der Toskana gegründet: der Convento di San Francesco bei Cetona, derzeit als Frateria di Padre Eligio in Verwendung. Schon zwischen 1215 und 1217 fasste der Orden auch außerhalb Italiens Fuß – frühe Chroniken berichten über die Ausbreitung nach Deutschland und England.[1] 1217 teilte man den Orden in Provinzen ein. Nun trafen sich die Brüder jährlich zu so genannten Ordenskapiteln, um miteinander zu diskutieren und Beschlüsse zu fassen.
Das Generalkapitel 1219 beschloss, auch heidnische Länder zu besuchen und die Heiden zu missionieren. Franziskus selbst zog in die Kustodie des Heiligen Landes, die damals den gesamten südöstlichen Mittelmeerraum umspannte. Er predigte und versuchte unter anderem, den Sultan zu bekehren. Diese Missionsversuche in Damiette und später in Jerusalem blieben aber ohne Erfolg. Nach seiner Rückkehr 1220 aufgrund von Nachrichten über Streitigkeiten bestimmte er Pietro Catanii zum Leiter des Ordens. 1221 starb Bruder Pietro, und Elias von Cortona übernahm die Ordensleitung.
Auf Anweisung der römischen Kurie verfasste Franziskus 1223 in der Einsiedelei Fonte Colombo eine dritte Fassung der Ordensregel. Sie wurde im Juni auf dem Generalkapitel behandelt und am 29. November von Papst Honorius III. mit der Bulle Solet annuere bestätigt (darum „Bullierte Regel“). 1226 starb der Ordensgründer.
Inquisition
Neben den Dominikanern beteiligten sich ab der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts unter anderem auch die Franziskaner an der Untersuchung und Verurteilung von Häretikern im Rahmen der Inquisition, vor allem in Italien, Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich. Da Dominikaner und Franziskaner aus christlichen Laienbewegungen hervorgegangen waren und sich ebenso wie die zeitgenössischen häretischen Bewegungen an persönlicher Armut orientierten, eigneten sie sich besonders gut, um inhaltliche Unterschiede zwischen rechtgläubigen und häretischen Standpunkten aufzuzeigen.
Armutsstreit
Die Zählung der franziskanischen Generalminister begann erst mit Franziskus’ Tod. Der dem Armutsideal anhängende Johannes Parenti wurde zum 1. Generalminister gewählt und hatte das Amt 1227–1232 inne. Sein Gegenspieler war Elias von Cortona, der den Orden bereits in den Jahren vor Franziskus’ Tod geleitet hatte. Er und Papst Gregor IX. trieben die Idee voran, über dem Grab des Ordensgründers in dessen Geburtsstadt Assisi eine Basilika mit Klosteranlage zu bauen. Am 16. Juli 1228, nur zwei Jahre nach seinem Tod, wurde Franziskus heiliggesprochen, und am 17. Juli legte der Papst den Grundstein zur Basilika San Francesco. Zahlreiche Brüder störten sich an der Pracht des Kirchenbaus und an der Größe des Sacro Convento, die im Widerspruch zu den Armutsidealen des Ordens standen. Dennoch löste Elias von Cortona 1232 Johannes Parenti als Generalminister ab und hielt sich bis 1239 in dieser Position. Um den heftig entbrannten so genannten Armutsstreit einzudämmen, verfügte Gregor IX., dass die gewählte Ordensverwaltung Gelder besitzen dürfe und der Bau von Klöstern den Absichten des Ordensgründers nicht widerspreche. Aber erst Bonaventura von Bagnoregio, Generalminister 1257–1274, gelang es, im Armutsstreit wirkungsvoll zu vermitteln und den Orden auf einen gemäßigten Kurs zu bringen.
Dennoch schwelte der Streit weiter und führte zu Konflikten mit den Päpsten, insbesondere unter Michael von Cesena, Generalminister 1316–1328. Die Minderen Brüder gaben ihre strenge Armut und ihre seelsorgerische Ausrichtung mehr und mehr auf zugunsten von Besitz und Gelehrsamkeit, zugunsten des Lebens in großen städtischen Konventen und des Wirkens an bedeutenden Universitäten.
Observanzbewegung und Ordensteilung
Gegen diese Tendenzen wandte sich eine Bewegung innerhalb des Ordens, die für eine Rückkehr zu einer strengeren Beachtung (Observanz) der ursprünglichen Ordensregel eintraten. Dazu gehörten eine radikale Befolgung des Armutsideals, eine Abwendung von den Städten und die Niederlassung in Einsiedeleien. Erste Gruppen entstanden etwa um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Italien, bald aber auch in Spanien und Frankreich. Diese Gruppen, denen im 15. Jahrhundert beispielsweise Bernhardin von Siena, Johannes von Capestrano, Albert von Sarteano (1385–1450) und Jakobus von der Mark (1394–1476) angehörten, erfreuten sich regen Zulaufs und bildeten schon bald die Mehrheit im Minderbrüderorden. Zur Schwächung des ursprünglichen Stammordens, der so genannten Konventualen, trugen auch äußere Einflüsse bei, etwa der Hundertjährige Krieg, die in den Städten wütende Pest und das Abendländische Schisma.
Im Jahr 1517 reagierte Papst Leo X., indem er die Teilung des Ordens in Konventualen und Observanten anerkannte. Wenig später spalteten sich auch die Observanten, sodass sich der franziskanische Männerorden (Erster Orden) heute in drei Untergruppen gliedert:
- Den Konventualen oder Minoriten ist gemeinschaftlicher Besitz erlaubt; sie sind an ihrem schwarzen Habit zu erkennen.
- Die Observanten oder Franziskaner (OFM) streben eine möglichst enge Befolgung der Franziskusregel an und tragen einen braunen Habit. Mit weltweit derzeit rund 18.000 Brüdern bilden sie die größte Gruppe.
- Ebenfalls braun gekleidet sind die von den Observanten abgespalteten Kapuziner.
Kirchen- und Klosterbauten
Italien
- Der Überlieferung nach vernahm Franziskus im Jahr 1205 vor der Kreuzikone der aufgegebenen Kapelle San Damiano bei Assisi die Worte „Franziskus, geh und baue mein Haus wieder auf, das, wie du siehst, ganz und gar in Verfall gerät“, worauf er mit der Wiedererrichtung begann.
- Das Kirchlein Portiuncula erhielt Franziskus 1208 von Benediktinern. Heute steht diese Kirche im Zentrum der 1569–1679 erbauten Basilika Santa Maria degli Angeli bei Assisi.
- Um 1215 erhielt Franziskus, wohl ebenfalls von Benediktinern, den kleinen Klosterbau Eremo delle Carceri bei Assisi. Um 1400 ließ hier Bernhardin von Siena die Kirche Santa Maria delle Carceri errichten.
- Ab 1227 entstand die Basilika Santa Chiara (Assisi). In der Kreuzeskapelle befindet sich die Kreuzikone aus San Damiano.
- 1228 begonnen wurde die bereits erwähnte Basilika San Francesco mit dem Grab des Heiligen und das zugehörige Sacro Convento (Assisi).
- Die franziskanische Basilika Santa Maria in Aracoeli (Rom) entstand ab 1250.
- Der Grundstein der franziskanischen Basilika Santa Croce (Florenz) wurde 1294 oder 1295 gelegt.
- 1318–1377 wurde innerhalb der Stadtmauern von Arezzo die Kirche San Francesco erbaut. Das Kreuz über dem Hochaltar, gestaltet vom so genannten Franziskusmeister, stammt noch aus einem Vorgängerbau außerhalb der Stadtmauern.
Deutschsprachiger Raum
- Die ersten Klostergründungen im deutschsprachigen Raum (Augsburg, Würzburg, Regensburg, Mainz, Worms und Speyer) erfolgten im Jahre 1221 durch Brüder, die vom Ordensgründer selbst entsandt worden waren.[2]
- Das Lübecker Katharinenkloster mit Katharinenkirche war von 1225 bis zur Reformation 1531 in Funktion. Der Gebäudekomplex gehört heute zum Weltkulturerbe.
- Das Franziskanerkloster in Fritzlar wurde 1244 geweiht. 1417 bekannten sich die Mönche zu den Minoriten, 1811 wurde das Kloster aufgehoben.
- Das Franziskanerkloster mit Bartholomäuskirche in Oppenheim wurde ab etwa 1250 erbaut.
- Das Franziskanerkloster in Dresden wurde 1272 erstmals urkundlich erwähnt, 1539 im Zuge der Reformation aufgehoben, im 17. bis 19. Jahrhundert abgerissen. Die zugehörige Kirche blieb noch bis 1945 als Sophienkirche erhalten.
- Das Franziskanerkloster in Pupping (Oberösterreich) wurde 1477 gegründet.
- Das Franziskanerkloster Saalfeld (Ostpreußen) wurde 1480 gegründet und spätestens 1527 aufgehoben.
- Heute befindet sich das älteste durchgehend bestehende Franziskanerkloster Deutschlands im westfälischen Dorsten. Es wurde 1488 gegründet.
Weitere Länder
- Das Kloster der Minderen Brüder in Paris wurde 1230 gegründet. Heute ist nur noch ein spätgotischer Bau erhalten.
- Das Franziskanerkloster in Esztergom wurde um 1230 gegründet; 1270 wurden der ungarische König Béla IV. und dessen Frau Maria Laskaris in der Klosterkirche beigesetzt. Das heutige Kloster ist eine Anlage aus der Barockzeit.
- Das Franziskanerkloster in Oslo wurde 1290 gegründet und beherbergt heute das Oslo Hospital. Bereits die Franziskaner hatten das Kloster zur Versorgung von Kranken genutzt.
Siehe auch
- Liste franziskanischer Generalminister
- Liste bedeutender Franziskaner
- Monte di Pietà
- Franziskaner in Bosnien
Literatur
- Thomas Ertl: Religion und Disziplin. Selbstdeutung und Weltordnung im frühen deutschen Franziskanertum. De Gruyter, Berlin 2006, ISBN 978-3-11-018544-7.
- Helmut Feld: Die Franziskaner. UTB, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8252-3011-1.
- Johannes-Baptist Freyer, Mystik in den franziskanischen Orden, Butzon und Bercker, Kevelaer 1993
- Anton Grabner-Haider: Die großen Ordensgründer. Marix, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-86539-921-2.
- Niklaus Kuster, Thomas Dienberg, Marianne Jungbluth (Hg.): Inspirierte Freiheit. 800 Jahre Franziskus und seine Bewegung. Herder, Freiburg i. Br. 2009, ISBN 978-3-451-31053-9.
- Justin Lang, Helmuth Nils Loose, Toni Schneiders: Die großen Ordensgründer. Benedikt – Dominikus – Franziskus – Ignatius. Hohe, Erftstadt 2007, ISBN 978-3-86756-042-9.
- Achim Todenhöfer: Apostolisches Ideal im sozialen Kontext. Zur Genese der europäischen Bettelordensarchitektur im 13. Jahrhundert. In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft, Bd. 34 (2007), S. 43–75.
Weblinks
Commons: Franziskanische Orden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Ökumenisch-geschwisterliche Netzwerkinitiative franziskanischer Orden clara.francesco
- Heiligenlexikon | Franziskaner
- Bert Roest und Maarten van der Heijden: Franciscan Authors, Katalog zu franziskanischen Autoren des 13.-18. Jh. mit Informationen zu Biographie, Editionen und Forschungsliteratur
Einzelnachweise
- ↑ Chronica fratris Iordani a Iano – deutsch: Nach Deutschland und England. Die Chroniken der Minderbrüder Jordan von Giano und Thomas von Eccleston. Franziskanische Quellenschriften Band 6, Werl 1957.
- ↑ Historischer Abriss auf www.franziskanerkloster-wuerzburg.de, Stand 2. Februar 2010. Ein Ansiedlungsversuch in Salzburg scheiterte zunächst, vgl. Vortragstext auf franziskaner.members.cablelink.at, Stand 2. Februar 2010.
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