Friedrich Emil Hans Steffen

Friedrich Emil Hans Steffen
Expeditionsmannschaft Rio Aisén 1897 (Steffen in der Mitte)

Friedrich Emil Hans Steffen (* 20. Juli 1865 in Fürstenwerder; † 7. April 1936 Davos) war ein deutscher Geograph der West-Patagonien erforschte.


Dr. Hans Steffen wurde am 20.Juli 1865 als Sohn eines Arztes hier in Fürstenwerder geboren. Sein Geburtshaus stand gegenüber der Kirche und wurde während der letzten Kriegstage 1945 zerstört. Nach dem Besuch regionaler Schulen und einer humanistischen Ausbildung an einem Berliner Gymnasium begann er im Alter von 18 Jahren sein Studium der Geschichte an der königlichen Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin (heute Humboldt-Universität). Ab 1884 studierte er außerdem Geographie an der Universität Halle und promovierte im Jahre 1886.

Im Alter von 24 Jahren wurde er als Dozent für Geschichte und Geographie an das Pädagogische Institut der Chilenischen Staatsuniversität in Santiago berufen. Chile befand sich um 1890 im kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung und gewann sowohl regional als auch international an Bedeutung. Gleichzeitig wurde sich der chilenische Staat seiner erzieherischen Rolle bewusst. Zu diesem Zweck wurde das „Instituto Pedagógico“ gegründet und zahlreiche ausländische Dozenten, darunter 180 deutsche Lehrer, unter Vertrag genommen – so auch Dr. Hans Steffen.

Er integrierte sich auffallend schnell in den neuen Kulturkreis und erlernte die spanische Sprache in erstaunlich kurzer Zeit. Mit Enthusiasmus begann er seine Lehrtätigkeit an der Staatsuniversität.

Der chilenisch-argentinische Grenzkonflikt

Chile und Argentinien waren im 19. Jahrhundert Teil der Spanischen Kolonie und somit wurde die Grenze zwischen den beiden Staaten von der Spanischen Krone nie genau bestimmt. Dies wurde jedoch nach den Unabhängigkeitsdeklarationen beider Länder notwendig. 1881 unterzeichneten beide Staaten einen Vertrag, welcher den Grenzverlauf anhand folgender Kriterien bestimmte: Bis zum 52. Breitengrad sollte die Grenze entlang der höchsten Kordillerengipfel und zusätzlich entlang der Wasserscheiden1 verlaufen. Allerdings konnten diese beiden Bedingungen in Patagonien nicht gleichzeitig erfüllt werden, denn südlich des 41. Breitengrades wichen die höchsten Andengipfel von dem divortium aquarum stark ab. Etwa 1.500 km Grenze mussten genau bestimmt werden. 1896 übergab man die Entscheidungshoheit über den Grenzverlauf dem britischen Schiedsgericht. Chile und Argentinien entsandten daraufhin Sachverständige ihrer Grenzkommissionen in das umstrittene und unerforschte Gebiet.

1 Eine Wasserscheide, lat. divortium aquarum, ist die Linie, welche die zwei Einzugsgebiete jener Flüsse voneinander trennt, die in verschiedene Ozeane fließen.

Welche Rolle spielte Dr. Hans Steffen aus Fürstenwerder in diesem Konflikt (1898-1902)?

Bereits kurz nach der Aufnahme seiner pädagogischen Tätigkeit in Santiago ließen die hohe Qualität seines Unterrichts und die schnelle Anpassung an das fremde Land die chilenische Regierung auf ihn aufmerksam werden. Dank dieser Eigenschaften wurde er zum wissenschaftlichen Sachverständigen im Grenzstreit mit Argentinien. In einem Zeitraum von sieben Jahren leitete Dr. Hans Steffen eine Vielzahl von Expeditionen in Patagonien. Seine Erkenntnisse und Beobachtungen aus den geographischen Untersuchungen trugen elementar zum Wissen über die Region bei.

Im Oktober 1899 wurde Dr. Hans Steffen schließlich zum wissenschaftlichen Beirat der chilenischen Delegation in London ernannt. Aufgabe dieser Delegation war das Verfassen von Gutachten, die dem englischen Schiedsgericht einen möglichst objektiven Eindruck von der geographischen Beschaffenheit Patagoniens ermöglichen sollten.

Der Schiedsspruch des Britischen Königs fiel schließlich im November 1902. Er wies Chile 54.225 km² und Argentinien 39.915 km² zu.

In den folgenden Jahren widmete sich Dr. Hans Steffen weiterhin den bestimmenden Themen seines Forscherlebens und es erschienen zahlreiche Veröffentlichungen über Patagonien und den Grenzfindungsprozess, in den er involviert war. Aufgrund einer Lungenkrankheit war er gezwungen, Chile im Jahr 1913 zu verlassen. Er lebte fortan in der Nähe von Davos in der Schweiz, wo er am 7. April 1937 verstarb.

Dr. Hans Steffen ist es zu verdanken, dass der chilenisch-argentinische Grenzkonflikt zu keinem Zeitpunkt gewalttätig eskalierte. Der Streit um eine der abgelegensten und gleichzeitig wertvollsten Regionen Südamerikas konnte durch wissenschaftliche Rationalität und Besonnenheit friedlich beigelegt werden. Der Kampf um die Breitengrade wurde nicht auf dem Schlachtfeld, sondern am Schreibtisch ausgetragen. Das chilenische Volk ist Dr. Hans Steffen auf ewig zu Dank verpflichtet und behält ihn in liebevoller Erinnerung. Davon zeugen auch die zahlreichen Brücken, Straßen, Schluchten, Berge und Gletscher, die nach dem Forscher aus Fürstenwerder benannt sind.



Der Pädagoge Dr. Hans Steffen aus Sicht seines chilenischen Schülers und späteren Historikers Luis Galdames

„Doktor Steffen ist groß, dünn, gelenkig und hat ein hageres, abgehärtetes rötliches Gesicht. Seine Haare sind braun und dick, aber er trägt sie kurz, die Stirn ist breit und unterstreicht seinen Ausdruck durch Falten, die goldene Brille verlängert die Nase und verschleiert den forschenden Blick der kleinen dunklen Augen. [….] Er spricht schnell, in korrektem Spanisch, aber mit starkem deutschen Akzent und seine Gestik ist von unveränderlichem Ernst. Er ist niemals anbiedernd, noch lächelt er, er hält lediglich seine Vorträge. Er kommt immer in den Saal mit der Angewohnheit seinen Hut aufzuhängen, sich zu setzen um sein Thema mit Hilfe eines kleinen gedruckten Büchleins anzukündigen. […] Der Professor vergaß das Buch (während des Geographieunterrichts), und an der Tafel stehend unterstrich er seinen Vortrag mit bunten Bildern, und erklärte detailliert jedes geographische Merkmal, jedes klimatologische Gesetz, jeden meereskundlichen Lehrstoff, etc. Und dies alles mit Lebendigkeit und mit Leidenschaft am Unterrichten. Unbestreitbar hatten wir einen Geographen vor uns. Dies war sicherlich die Besonderheit des Doktor Steffen: seine eindeutige Berufung. Niemals haben wir ihm genügend seine Geographiestunden gedankt, wie auch das Land ihm nie genug seine patagonischen Forschungen gedankt hat.“

Vgl.: José Miguel Pozo Ruiz: “Hans Steffen: Maestro, geógrafo y pionero de la Patagonia Occidental”


Weblinks

Nachlass von Friedrich Emil Hans Steffen beim Ibero Amerikanisches Institut Preußischer Kulturbesitz - IAI


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