Gallo-römischer Umgangstempel

Gallo-römischer Umgangstempel
Rekonstruierter Plan eines Gallo-römischer Umgangstempels und Tempelbezirks in der Colonia Ulpia Traiana

Gallo-römischer Umgangstempel ist die moderne Bezeichnung eines spezifischen Tempeltyps, der vor allem in den gallischen, germanischen und britischen Provinzen des römischen Reiches vorkam. Es sind weitestgehend die Regionen, die vorher von Kelten bewohnt waren.

Dieser Tempeltyp besteht meist nur aus einem Raum (Cella) mit einer Tür. Um diesen Raum befindet sich ein Umgang. Wegen der schlechten Erhaltung vieler Tempel ist die Rekonstruktion des Umganges nicht immer gesichert. In vielen Fällen werden Säulenreihen angenommen, in Einzelfällen könnte es sich aber auch um einen geschlossenen Gang handeln. Nach archäologischen Funden in der Abtei Saint-Georges-de-Boscherville konnte ein gallo-römischer Steinumgangstempel auf einen gallischen Holzumgangstempel folgen.

Der Umgang und die Cella waren nach mediterranen Vorbild mit Dachziegeln bedeckt. Die Cella war dabei wahrscheinlich höher als der Umgang. Die Tempel sind mit 15 bis 20 Meter Seitenlänge relativ klein. Sie sind meist aus Stein erbaut, wobei es aber auch Beispiele aus Holz gibt. Als Ursprung werden die keltischen Viereckschanzen vermutet, nicht zuletzt, da an einigen Orten, etwa in Gournay-sur-Aronde, gallo-römische Umgangstempel direkte Nachfolgebauten von Viereckschanzen waren.

In den Umgangstempeln wurden hauptsächlich keltische Gottheiten verehrt, aber nur wenige der Gottheiten sind bekannt. Manchmal können Standorte von Gallo-römischen Umgangstempeln durch ein Epitheton im Ortsnamen erkannt werden, wie bei Oisseau-le-Petit (Département Sarthe, wo es ein Fanum [Anm. 1] gab. Im 9. Jahrhundert wurde die Ortschaft urkundlich als Oxellum erwähnt.[1] Oxellum ist vom keltischen Wort uksello-, „der Hohe“, abgeleitet, und weist auf eine Gottheit und somit auf den Standort eines Tempels hin.[2]

Inhaltsverzeichnis

Literatur

  • Friedrich Schlette: Kelten zwischen Alesia und Pergamon. Eine Kulturgeschichte der Kelten, Urania, Leipzig - Jena - Berlin 1976, S. 134-139.
  • Michael Altjohann: Bemerkungen zum Ursprung des gallo-römischen Umgangstempels. In: Provinzalrömische Forschungen. Festschrift für Günter Ulbert zum 65. Geburtstag. 1995. S. 169 ff.
  • Michael Altjohann: Gallorömische Umgangstempel und Bauten in Viereckschanzen. In: G. Wieland (Hrsg.): Keltische Viereckschanzen. Einem Rätsel auf der Spur. 1999. S. 105ff.
  • Thomas Lobüscher: Tempel- und Theaterbau in den Tres Galliae und den germanischen Provinzen. 2001.
  • G. Argoud (Hrsg.): Archéologie des sanctuaires en Gaule romaine. 2000.
  • L. Fauduet: Les temples de tradition celtique en Gaule romaine. 1993.
  • Alfred Haffner (Hrsg.): Heiligtümer und Opferkulte der Kelten. Archäologie in Deutschland, Sonderheft 1995. Konrad Theiss, Stuttgart. ISBN 3-8062-1147-7, S. 55 ff.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ernest Nègre: Toponymie générale de la France. 1, Librairie Droz, 1990, ISBN 9782600028844, S. 162 (in Google Books, abgerufen am 7. April 2010). (französisch)
  2. François de Beaurepaire: Les noms des communes et anciennes paroisses de la Seine-Maritime. Editions Picard, 1979, ISBN 2-70840040-1, S. 119.

Anmerkungen

  1. In Frankreich werden gallo-römische Umgangstempel fanum genannt.

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