Geertruida Wijsmuller-Meyer

Geertruida Wijsmuller-Meyer
Bronzebüste von Tante Truus an der Bachplein in Amsterdam

Geertruida Wijsmuller-Meyer, bekannt geworden als Tante Truus (* 1896 in Baarn, Provinz Utrecht, Niederlande; † 1978) rettete während der Zeit des Dritten Reichs mit ihren Kindertransporten tausende von jüdischen und „nicht-arischen“ Kindern.

Über die Privatperson der Geertruida Wijsmuller ist wenig überliefert. Sie entstammte der niederländischen Reeder-Dynastie Wijsmuller, der Nachfahren des Seefahrers Johannes Franciscus Wijsmuller, wurde in Baarn bei Utrecht geboren und wuchs mit ihren fünf Brüdern als einzige Tochter auf dem Familienlandgut Bloemendaal in der niederländischen Provinz Nord-Holland auf. Ihr Vater war Jan Wijsmuller, der 1906 die Reederei N.V. Bureau Wijsmuller gründete und damit die Seefahrts-Tradition der Familie weiterführte.

Geertruida, die kurz Truus gerufen wurde, soll mit einem Bankier namens Meyer (oder Meijer) verheiratet gewesen sein, was ihren späteren Doppelnamen Wijsmuller-Meyer erklärt. Die Ehe soll kinderlos geblieben sein.

Berichtet wird von ihr, dass sie eine resolute und nicht auf den Mund gefallene, dabei bescheidene und unprätentiöse Frau gewesen sei, die nichts und niemand fürchtete und unter ihrer rauhen Schale ein besonders weiches Herz für Kinder trug. So verpasste man ihr auch gleich zwei Beinamen: Tante Truus und Die Dampfwalze.

In den 1930er-Jahren begann Wijsmuller für das Niederländische Komitee für jüdische Belange (Comité voor Bijzondere Joodse Belangen) zu arbeiten und beschäftigte sich zunächst mit Lebensmittel- und Medikamententransporten in verschiedene notleidende Gebiete Europas.

Nachdem sich die Situation der jüdischen und nicht-arischen Bevölkerung in Nazi-Deutschland immer mehr zuspitzte, reiste sie ab November 1938 mehrfach nach Wien und ließ nicht locker, bis sie von Adolf Eichmann empfangen wurde, der zu dieser Zeit die Zentralstelle für jüdische Auswanderung leitete und von dem sie schließlich Anfang Dezember die Zusage erhielt, dass innerhalb von fünf Tagen 600 Kinder nach England ausreisen dürften, wenn sie den Transport in dieser Zeitspanne würde organisieren können. Als ihr dies erstaunlicherweise gelang und am 11. Dezember 1938 der erste Kindertransport über die Niederlande nach Großbritannien stattfinden konnte, folgten weitere, und schließlich waren mehr als 10.000 Kinder aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei nach England gebracht, bis die Aktion am 1. September 1939 - dem Beginn des Zweiten Weltkriegs - ihr Ende fand.

Aber auch während des Krieges fuhr sie fort, Juden und anderen Verfolgten zu helfen. Sie unternahm Reisen nach Skandinavien, Belgien und Frankreich, organisierte Ausreisen, schützte Verfolgte und betätigte sich an Hilfsaktionen.

Nach dem Krieg wurde sie Mitglied in der niederländischen Volkspartei für Freiheit und Demokratie VVD (Volkspartij voor Vrijheid en Democratie) und war von 1945 bis 1966 Mitglied im Gemeinderat von Amsterdam. Dabei engagierte sie sich vorrangig im Bereich der Behindertenarbeit und machte sich insbesondere für die Einrichtung von Arbeitsplätzen für Behinderte stark.

1950 erschien ihr Buch „Geen tijd voor tranen“ (Keine Zeit für Tränen – nicht auf deutsch erschienen), das die Geschichte der Kindertransporte und ihrer Hilfstätigkeit im Krieg schildert.

Sowohl für ihre unerschrockene Rettungstätigkeit während des Zweiten Weltkriegs als auch ihre politischen Aktivitäten in der Nachkriegszeit erhielt sie verschiedene Auszeichnungen, wurde „Officier in de Orde von Oranje-Nassau“ und Ehrenbürgerin von Amsterdam; von der französischen Regierung empfing sie den Reconnaissance.

Als Andenken an ihr Werk wurde 1980 in Almere die Vereinigung Truus Wijsmuller gegründet, eine Stiftung für geistig behinderte Kinder und Jugendliche.

1965 wurde in der Amsterdamer Bachplein ihre Bronzebüste aufgestellt. In vielen niederländischen Orten sind Straßen, Plätze und Wege nach ihr benannt.

Werk

  • T. Wijsmuller-Meijer: Geen tijd voor tranen („Keine Zeit für Tränen“), Van Kampen & Zoon, Amsterdam, 1964. Vergriffen.

Literatur

  • B. van der Weijde/H.M. van der Weijde-Oudenaarden: Vrouwen op een bordje („Frauennamen auf Straßenschildern“), 1993. Vergriffen.
  • Mies Bouhuys, Boris Klatser: Om nooit te vergeten - Amsterdamse monumenten en gedenktekens ter herinnering aan de Tweede Wereldoorlog („Gegen das Vergessen - Amsterdammer Gedenksteine und -tafeln zur Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg“), Produktie Uitgeverij Thoth, 1995. ISBN 90-6868-124-9

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