- Genotec Wohnbaugenossenschaft eG
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Die Genotec Wohnbaugenossenschaft eG ist eine 2002 gegründete Wohnbaugenossenschaft mit Sitz in Leinfelden-Echterdingen, deren Haupt-Geschäftszweig ein Mietkaufmodell für Immobilien ist. Alleinvertrieb für das Mietkauf-Produkt ist die Firma Genotrade. Das von Genotec und Genotrade selbst als revolutionär bezeichnete Modell ist bei Verbraucherschützern höchst umstritten[1][2], weil u. a. befürchtet werden muss, dass der Kunde schlimmstenfalls weder Wohnraumnutzung noch Eigentum erhält, sondern stattdessen seine Kapitaleinlage teilweise oder ganz verliert[3]. Darüber hinaus bietet Genotrade Beteiligungen an einem geschlossenen Immobilienfonds an, der sowohl wirtschaftlich [4] als auch hinsichtlich seiner angeblich ethischen Ausrichtung[5] umstritten ist. Seit 2005 erstmal Verbraucherschützer vor Genotec warnten, steht die Firma und ihr Modell in der öffentlichen Diskussion, es erschienen äußerst kritische Artikel in Zeitschriften wie Stern[6], Finanztest[3] und Focus[7].
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Die Genotec Wohnbaugenossenschaft eG hat ihren Firmensitz in der Gutenbergstrasse 19 in Leinfelden-Echterdingen. Die beiden Vorstände sind Manfred Carle und Sascha Treml; Carle ist Vorstandsvorsitzender. Der Aufsichtsratsvorsitzende ist Marcus Weiße. Zweck der Genossenschaft gemäß Satzung ist „die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder. Die Genossenschaft hat insbesondere das Ziel, Wohnungen für Mitglieder zu errichten und zu erwerben, die eine Förderung nach § 17 EigZulG erhalten …“. Beaufsichtigendes Kontrollorgan ist der Prüfungsverband Baden-Württembergischer Wohnungsunternehmen e.V.. Der Geschäftsanteil (für die Mitgliedschaft in der Genossenschaft notwendige Voraussetzung) beträgt 100 Euro. Die 51 Paragraphen umfassende Satzung[8] wird ergänzt durch Allgemeine Bestimmungen zur Mitgliedschaft und zum Mietkaufkonzept und durch Besondere Bestimmungen zur Mitgliedschaft und zum Mietkaufkonzept.
Mietkauf-Modell
Beim Genotec-Mietkauf-Modell muss jeder interessierte Kunde zunächst durch eine Kapitaleinlage von 10.000 Euro bis 40.000 Euro (also durch den Kauf von 100 bis 400 Anteilen) Genossenschaftsmitglied werden. Nach einer mit ein bis sieben Jahren prognostizierten Wartezeit, deren Ende allerdings nicht garantiert wird, soll ihm dann von Genotec die gewünschte Immobilie gebaut bzw. gekauft werden. Die Immobilie bleibt im Eigentum von Genotec und wird an das Genossenschaftmitglied für 25 Jahre vermietet. Innerhalb dieser Zeit soll der Kunde nun genügend Geld ansparen, um die Immobilie zum vorab festgelegten Preis zuzüglich der Kaufnebenkosten zu erwerben. Schafft es der Kunde nicht, genügend anzusparen, verfällt die Kaufoption und dem Kunden kann der Mietvertrag gekündigt werden. Die Differenz zwischen der vom Kunden geleisteten Einlage und dem notwendigen Kapital, um ihm die gewünschte Immobilie tatsächlich vorzufinanzieren, will Genotec ohne die Aufnahme eigener Kredite, sondern nur durch das permanente Anwerben neuer Genossenschaftsmitglieder in wachsendem Tempo aufbringen. Nach eigenen Angaben plant Genotec bis 2012 46.000 Genossenschaftsmitglieder zu gewinnen, bis 2021 sollen es mindestens 180.000 sein und Genotec damit binnen kurzem zu einer der mitgliederstärksten deutschen Genossenschaften werden.
Kritik
Angesichts dessen, dass andere Genossenschaften Jahrzehnte benötigten, um derartige Mitgliederzahlen zu erreichen, schätzt die Stiftung Warentest die Planungen als unrealistisches Schneeballsystem ein [9]. Ein solches Engagement sei eine Wette, bei der der Kunde im Falle des Scheiterns den Teil- oder schlimmstenfalls Totalverlust seines Kapitals riskiert, ohne zu den eigenen vier Wänden zu kommen.[3] Entgegen der Ankündigung, vier Jahre nach Gründung im August 2006 die ersten Immobilien zuzuteilen, wurde die erste Immobilie für einen Kunden erst am 24. Februar 2007 zur Verfügung gestellt.[10] Im Gegensatz zu der Musterrechnung von Genotec sieht etwa die Zeitschrift Finanztest die Kosten des Genotecmodells höher als die einer Bankenfinanzierung [3](„Mietkauf teurer als Bankkredit“).[11]
Auseinandersetzungen mit Verbraucherschützern und Presse
Seitens staatlich geförderter Verbraucherschützer (Verbraucherzentralen, Stiftung Warentest) sowie in einigen großen Wochenmagazinen wurden das Genotec-Modell harsch kritisiert und Verbraucher explizit gewarnt: Am 15. November 2005 veröffentlichte die Verbraucherzentrale Sachsen eine Warnung vor Genotec[1]. Am 15. Dezember 2005 erschien ein kritischer Bericht im STERN[6]. Am 5. Februar 2008 erschien ein sehr kritischer FOCUS-Artikel[7]. Am 16. Juni 2006 sprach die Verbraucherzentrale Sachsen eine erneute Warnung aus[2]. 2008 veröffentlichte das deutsche Institut für Anlegerschutz (DIAS) eine Studie, die sich kritisch mit weiteren Produkten von Genotec und deren zweifelhafter Zertifizierung befasste. Genotec steht auf der „grauen Liste“ von Börse Online, auf der vor Anbietern des grauen Kapitalmarktes gewarnt wird. Genotec wehrte sich gegen diese Kritik mit heftigen Vorwürfen gegen Verbraucherschützer und berichtende Journalisten, hat aber gerichtlich keine Gegendarstellung oder Unterlassung durchgesetzt.
Einzelnachweise
- ↑ a b Verbraucherzentrale Sachsen, Pressemeldung vom 15. November 2005
- ↑ a b Verbraucherzentrale Sachsen, Pressemeldung vom 16. Juni 2006
- ↑ a b c d Genossen auf der Wartebank, in: Finanztest „Bauen und Wohnen“, Zeitschrift der Stiftung Warentest, Ausgabe 2006/3, Seite 65/66
- ↑ „TÜV-Siegel für Geschlossene Fonds“, Studie des deutschen Instituts für Anlegerschutz (DIAS), 2008, Seite 8ff
- ↑ „Sozial ist das ganz und gar nicht“ in: Börse Online, Ausgabe 34/2008
- ↑ a b Hauserwerb mit Haken - Jetzt mieten, später kaufen - Immobilienbesitzer per Kombi-Angebot zu werden dauert lange und kostet viel. in: Stern, Heft 51/2005
- ↑ a b Mit nichts ins Eigenheim? - Von dem Modell profitieren viele, nur die Kunden nicht in: Focus-Online, 5. Februar 2008
- ↑ Satzung der Genotec Wohnbaugenossenschaft eG als PDF-Dokument.
- ↑ „Die Genossen der Genotec sollen ihr Traumhaus erst mieten und später kaufen, ganz ohne Kredit. Das Modell klappt aber nur, wenn ständig neue Genossen Geld einzahlen“ in: Test-Online 03/2006
- ↑ Daniel Shahin: Langsam, aber sicher… Eine Idee wird zum Erfolg, Artikel in Der freie Berater vom 3. Quartal 2007.
- ↑ „Mietkauf bei Genotec vs. Bankfinanzierung“ auf: www.test.de Vergleichstabelle der Stiftung Warentest 2006/03
Weblinks
Presse
- Warnung der Verbraucherzentrale Sachsen (Pressemitteilung vom 15. November 2005)
- Kritischer STERN-Artikel vom 15. Dezember 2005
- Warnung der Stiftung Warentest (Zeitschrift Test 02/2006)
- Artikel der Stiftung Warentest (Test-Online 03/2006)
- Kritischer Artikel der Zeitschrift Finanztest 2006/3
- Warnung der Verbraucherzentrale Sachsen (Pressemitteilung vom 16. Juni 2006)
- Kritischer FOCUS-Artikel vom 5. Februar 2008
- Kritische Bewertung von Börse Online des angeblich sozialen Investments (Artikel vom 16. Juli 2008)
- Warnung von Graumarktinfo.de vom 14. August 2008
- „Sozial ist das ganz und gar nicht“ in: Börse Online, Ausgabe 34/2008
- Studie des deutschen Instituts für Anlegerschutz (DIAS) aus 2008
- Warnung von Börse Online (Listeneintrag grauer Kapitalmarkt)
Allgemeine Informationen
- http://www.genotec-eg.de – Website von Genotec eG
- http://www.geno-trade.de– Website der Firma Genotrade eK ( Verwaltung Vertrieb Marketing)
- http://www.genotec-vertriebsag.de – Website der GenotecVertriebs AG i.G. (Inhousevertrieb)
- http://www.dias-ev.de – Deutsches Institut für Anlegerschutz
- http://www.graumarktinfo.de – Informationen von Börse Online zum grauen Kapitalmarkt
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