- Geschwindigkeitsweltrekorde für Schienenfahrzeuge
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Liste der schnellsten schienengebundenen Fahrzeuge.
Inhaltsverzeichnis
Definitionsproblem
Die Bestimmung des schnellsten Schienenfahrzeugs der Welt variiert nach den Kriterien, die dabei angelegt werden.
Zum einen gibt es verschiedene Schienensysteme wie das klassische Rad-Schiene-System, das Magnetschienensystem oder etwa die Hovercraft-Technologie. Daneben wurden mit unbemannten Fahrzeugen sehr hohe Beschleunigungswerte und Endgeschwindigkeiten erreicht. Auch Antriebsformen oder Zugtypen beeinflussen aufgrund unterschiedlicher technischer Parameter den Faktor Geschwindigkeit.
Bis heute gibt weder ein standardisiertes Verfahren noch Regularien, die diese Parameter festlegen, um Weltrekorde zu ermitteln – anders als etwa für Automobile durch die FIA oder für Flugzeuge durch die FAI, hat die UIC keine Bestimmungen in diese Richtung erlassen. So variieren bei den hier aufgeführten Weltrekorden unter anderem die Zuglängen, das Zuggewicht, die Streckenneigungen oder die Messstreckenlänge. Ebenso unterscheidet sich das verwendete Messinstrumentarium erheblich. Hinzu kommt das für etliche Geschwindigkeitsrekorde des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts keine offiziellen oder lückenhafte Dokumentationen vorliegen.
Rad-Schiene-System
Ein Geschwindigkeitsrekord wurde durch die erste wirklich gebrauchstüchtige Lokomotive, die Rocket von George Stephenson, 1830 mit 48 km/h gesetzt. 1890 erreichte dann eine französische Crampton 144 km/h.
Die 200 km/h-Marke wurde am 27. Oktober 1903 bei der Fahrt mit einem elektrisch betriebenen Triebwagen von AEG und Siemens & Halske überschritten, der auf der Militär–Eisenbahn Marienfelde–Zossen–Jüterbog 210,3 km/h erreichte. Schneller als 200 km/h sind auch Dampflokomotiven gefahren: Am 11. Mai 1936 erreichte die Schnellzuglokomotive 05 002 auf der Berlin-Hamburger Bahn 200,4 km/h, ein Rekord der nur zwei Jahre später von der britischen LNER Class A4 No. 4468 Mallard mit 202,6 km/h gebrochen wurde. Aber schon am 21. Juni 1931 hatte der Schienenzeppelin von Kruckenberg 230,2 km/h erreicht, ein Rekord, der 24 Jahre hielt.
Am 28. März 1955 durchbrach erstmals die französische Lokomotive CC 7107 mit 326 km/h und einen Tag später die BB 9004 mit 331 km/h die 300-km/h-Marke; ein Rekord, der 26 Jahre hielt. Gebrochen wurde er durch den TGV PSE 16, der am 26. Februar 1981 auf der Strecke Paris–Lyon 380 km/h erreichte[1].
Die 400-km/h-Marke wurde erstmals am 1. Mai 1988 auf der Schnellfahrstrecke Hannover-Würzburg mit 406,9 km/h mit dem ICE-V überschritten[2]. Am 18. Mai 1990 stellte der französische TGV einen neuen Rekord mit 515,3 km/h auf.[3] Noch höhere Geschwindigkeiten scheiterten an der Belastbarkeit der Oberleitung[1]. Nachdem diese Marke in mehreren Testläufen im Frühjahr 2007 schon überboten wurde, erreichte am 3. April 2007 beim offiziellen Rekordversuch der speziell präparierte TGV V150 eine Spitzengeschwindigkeit von 574,79 km/h[4][3]. Erzielt wurde dieser Rekord auf einem dafür präparierten Abschnitt der neuen LGV Est européenne; siehe Weltrekordfahrt vom 3. April 2007.
Elektrisch
Lokomotiven und Einzel-Triebwagen
km/h Fahrzeug Gesellschaft Datum Fahrzeugtyp Zustand Anmerkungen 210,2 Drehstrom-Triebwagen St.E.S. 27.10.1903 Triebwagen Marienfelde–Zossen 243 CC 7121 SNCF 21.02.1954 Lokomotive 326 CC 7107 SNCF 28.03.1955 Lokomotive modifiziert siehe Weltrekordfahrten '55 330,9 BB 9004 SNCF 29.03.1955 Lokomotive modifiziert siehe Weltrekordfahrten '55 357,0 Siemens ES 64 U4 Siemens
(damaliger Eigentümer)02.09.2006 Lokomotive serienmäßig NBS Nürnberg–Ingolstadt[5] Triebzüge
km/h Fahrzeug Gesellschaft Datum Fahrzeugtyp Zustand Anmerkungen 256 Shinkansen 30.03.1963 286 Shinkansen 24.02.1972 319 Shinkansen 07.12.1979 380 TGV SNCF 26.02.1981 Triebzug (Triebköpfe) serienmäßig LGV Sud-Est 403,7 Siemens Velaro AVE 17.07.2006 Triebzug (Triebköpfe) serienmäßig SFS Madrid–Barcelona 406,9 InterCityExperimental DB 01.05.1988 Triebzug (Triebköpfe) experimentell NBS Hannover–Würzburg
siehe Weltrekordfahrt '88515,3 TGV SNCF 18.05.1990 Triebzug (Triebköpfe) modifiziert LGV Atlantique bei Vendôme[6]
siehe Weltrekordfahrten '89/90554,3 V150 SNCF 13.02.2007 Triebzug (Triebköpfe) modifiziert LGV Est européenne [7] (inoffiziell) 574,79 V150 SNCF 03.04.2007 Triebzug (Triebköpfe) modifiziert LGV Est européenne[4][8] Darüber hinaus stellte die TGV Réseau-Einheit 531 am 26. Mai 2001 bei der so genannten Opération Sardine einen Langstreckenweltrekord auf.
Verbrennungs-Kolbenmotor
km/h Fahrzeug Antrieb Land Datum Kommentar 230,2 Schienenzeppelin Benzin-Flugmotor Deutschland 21. Juni 1931 Propellergetriebenes Experimental-Einzelfahrzeug;
absoluter Schienen-Weltrekord für 20 Jahre205,0 SVT 137, Triebzug Diesel Deutschland 17. Februar 1936 Schnellster Dieselzug 230,4 HST, Triebzug Diesel Großbritannien 12. Juni 1973 238 HST, Triebzug Diesel Großbritannien 1. November 1987 anerkannter Weltrekord für dieselgetriebene Schienenfahrzeuge 256,38 Talgo XXI, Triebzug Diesel Spanien 12. Juni 2002 von Talgo beanspruchter Weltrekord 271 TEP-80, Lokomotive Diesel Russland Dezember 1992 von russischem Hersteller beanspruchter Weltrekord Gasturbinen-elektrisch
km/h Zug Antrieb Land Datum Kommentar 318 TGV 001 Gasturbine Frankreich 8. Dezember 1972 Gasturbine mit nachgeschaltetem Generator und elektrischen Fahrmotoren Dampf
km/h Lok Land Datum Kommentar 8 Richard Trevithicks erste Dampflokomotive der Welt Großbritannien 21. Februar 1804 24 Locomotion No. 1, Stockton and Darlington Railway Großbritannien 1825 48 The Rocket Großbritannien 1830 100+ Lokomotive von Sharp & Roberts Großbritannien 1835 144 Crampton No. 604 Frankreich 1890 140 Lokomotive von Praga Österreich-Ungarn 1890 181 New York Central No. 999 USA 10. Mai 1893 beanspruchte erstes radgetriebenes Fahrzeug über 100 mph zu sein. 164 GWR 3700 Class 3440 City of Truro Großbritannien 9. Mai 1904 beanspruchte erste Dampflokomotive in Europa zu sein, die über 100 mph erreichte 154,5 K.Bay.Sts.B. S 2/6 Deutschland 2. Juli 1907 beanspruchte den Weltrekord für sich. 166,6 Milwaukee Road Klasse F6 #6402 USA 20. Juli 1934 erste sicher nachweisbare Fahrt über 100 mph 168,5 LNER-Klasse A3 No. 2750 Papyrus Großbritannien 5. März 1935 erste Fahrt über 100 mph mit komplett erhaltener Dokumentation 174 3.1174 Frankreich 1935 181,1 Milwaukee Road Klasse A #2 USA 15. Mai 1935 200,4 DRG-Baureihe 05 Deutschland 11. Mai 1936 Nach mehrfachen Versuchsfahrten mit Geschwindigkeiten um 190 km/h 201,2 LNER Class A4 No.4468 Mallard Großbritannien 3. Juli 1938 Auf einem leichten Gefälle wurden kurzzeitig 202,6 km/h, und über eine halbe Meile weit 201,2 km/h erreicht. Einschienen-Systeme
Neben dem klassischen Rad-Schiene-System mit zwei Schienen, wurden verschiedene Einschienen-Systeme entwickelt, welche auf Magnetschwebetechnologie oder auf Hovercraft-Technologien basieren. Diese Technologien erlauben durch geringere Reibung zwischen Fahrweg und Fahrzeug deutlich höhere Geschwindigkeiten.
km/h Zug Fahrzeugsystem Land Datum Kommentar 430 Aérotrain Luftkissenschwebebahn, Rückstoßantrieb Frankreich 5. März 1974 Höchstgeschwindigkeit: 430 km/h, Durchschnittsgeschwindigkeit: 417,6 km/h 517 JR-Maglev ML500 Magnetschwebebahn Japan 21. Dezember 1979 unbemannte Versuchsfahrt 412,6 Transrapid 06 Magnetschwebebahn Deutschland 1988 450 Transrapid 07 Magnetschwebebahn Deutschland 17. Juni 1993 501,5 Transrapid 08 Magnetschwebebahn China 12. November 2003 550 JR-Maglev MLX01 Magnetschwebebahn Japan 24. Dezember 1997 552 JR-Maglev MLX01 Magnetschwebebahn Japan 14. April 1999 581 JR-Maglev MLX01 Magnetschwebebahn Japan 2. Dezember 2003 Raketenschlitten
km/h Land Datum Kommentar 4972 New Mexico (USA) 1959 auf dem SNORT („Supersonic Naval Ordnance Track“) 9845 Holloman Air Force Base (USA) Oktober 1982 unbemannt; trieb eine 25 Pfund schwere Ladung auf eine Geschwindigkeit von 6119 mph 10430 Holloman Air Force Base (USA) 30. April 2003 unbemannt; letzte Stufe eines 4-teiligen Raketenschlittens Reguläre Züge
Ausgewählte Durchschnittsgeschwindigkeiten
Durchschnitts-
geschwindigkeit (km/h)Höchstgeschwin-
digkeit (km/h)Zug Antrieb Land von nach Entfernung (km) Datum 124 160 Fliegender Hamburger diesel-elektrisch Deutschland Berlin Hamburg 286 1933 132,1 160 Mistral elektrisch Frankreich Paris Dijon 315 1964 162,8 210 Hikari Shinkansen elektrisch Japan Tokyo Shin-Osaka 515,4 1965 189,8 230 ICE T elektrisch Deutschland Berlin Hamburg 284,7 2006 232,4 300 ICE 3 elektrisch Deutschland Frankfurt Flughafen Siegburg/Bonn 143,3 2006 261,8 300 Nozomi Shinkansen elektrisch Japan Hiroshima Kokura 192,0 1997 308,8 320 TGV elektrisch Frankreich Lille Marseille 964 2001 279,4 320 TGV und ICE 3 elektrisch Frankreich Lorraine TGV Champagne-Ardenne 167,7 2007 Höchstgeschwindigkeit
Spitzengeschwin-
digkeit (km/h)Durchschnitts-
geschwindigkeit (km/h)Zug Antrieb Land von nach Entfernung (km) Datum 210 162,8 Hikari Shinkansen elektrisch Japan Tokyo Shin-Osaka 515,4 1965 260 159,4 TGV elektrisch Frankreich Paris Lyon-Part-Dieu 425 1981 270 212,5 TGV elektrisch Frankreich Paris Lyon-Part-Dieu 425 1983 300 222,9 TGV elektrisch Frankreich Paris Le Mans 208 1989 300 232,9 TGV elektrisch Frankreich Paris Tours 217,4 1991 300 261,8 Nozomi Shinkansen elektrisch Japan Hiroshima Kokura 192,0 1997 320 263,3 TGV elektrisch Frankreich Lyon St Exupéry Aix-en-Provence 289,6 2001 Aktueller Rekord
Am 3. April 2007 stellte die modifizierte TGV POS-Einheit 4402 einen neuen Weltrekord auf. Auf einem speziell ausgebauten Stück der Neubaustrecke LGV Est européenne (Paris–Straßburg) erreichte der Versuchszug eine Geschwindigkeit von 574,79 km/h und überbot damit den bisherigen offiziellen Weltrekord von 515,3 km/h aus dem Jahr 1990. Die Höchstgeschwindigkeit wurde in der Nähe der Ortschaft Passavant-en-Argonne erreicht, etwa bei Kilometer 191 der Neubaustrecke. Die Weltrekordfahrt erfolgte in Ost-West-Richtung. In einer ausführlichen Testreihe im Vorfeld der offiziellen Weltrekordfahrt hatte der Zug bereits mehrfach die alte Rekordmarke überschritten. Der V150 genannte Zug (für 150 Meter in der Sekunde, was einer Geschwindigkeit von 540 km/h entspricht) bestand aus zwei Triebköpfen der POS-Serie sowie zwei End- und einem Mittelwagen eines TGV Duplex. Die Jakobsdrehgestelle des Mittelwagens waren angetrieben, so dass der Versuchszug insgesamt eine Leistung von 19,6 MW entwickelte. Gegenüber einem Standardzug waren drei der vier Stromabnehmer demontiert und die Wagenübergänge modifiziert worden. Außerdem wiesen die Laufräder einen Durchmesser von 1092 Millimetern [9] gegenüber den üblichen Laufrädern mit einer Größe von 920 Millimetern auf.[10] Die Versuchsreihe mit sehr hohen Geschwindigkeiten war ein Kooperationsprojekt der SNCF, der Schieneninfrastrukturbehörde RFF sowie des Alstom-Konzerns.
Einzelnachweise
- ↑ a b New world record – 574.8 km/h. In: Today’s railways Europe. Mai 2007, Ausgabe 137, ISSN 1457-9713, S. 6 f.
- ↑ Jürgen Hörstel, Marcus Niedt: ICE – Neue Züge für neue Strecken. Orell-Füssli-Verlag, Zürich/Wiesbaden 1991, S. 105, ISBN 3-280-01994-X
- ↑ a b TGV fährt Weltrekord Presseinformation auf den Webseiten von Alstom vom 3. April 2007
- ↑ a b For the record…. In: Today’s railways Europe. August 2007, Ausgabe 140, ISSN 1354-2753, S. 7.
- ↑ Jörg Schurig: Europalok ES64U4 fährt Weltrekord mit 357 km/h. In: Hamburger Blätter der Eisenbahnfreunde Hamburg, Ausgabe 3/2007
- ↑ Bild der Rekordfahrt
- ↑ Bild der Rekordfahrt am 13. Februar 2007
- ↑ Bild der Rekordfahrt am 3. April 2007
- ↑ railpictures.net
- ↑ dailymotion.com
Siehe auch
Weblinks
- Fotos des Rekordzuges vom 3. April 2007
- PDF-Datei mit den schnellsten Zügen der Welt (Stand 2007)
- Rainer Kratochwille: Zum Nutzen schaltbarer Schlingerdämpfer in Trassierungselementen mit veränderlicher Gleiskrümmung. Dissertation, Universität Hannover, 2004 Einführung in die physikalischen und technischen Probleme der Beherrschung hoher Geschwindigkeiten im Rad/Schiene-System
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