Gewann

Gewann

Die Begriffe Gewann (süddeutsch auch Gewand), beziehungsweise Gewann(e)flur, (wahrscheinlich vom althochdeutschen wenden[1]) bezeichnen eine Flurform, die vor allem in Folge der zelgengebundenen Dreifelderwirtschaft und des Erbrechts entstand.

Im Zuge der Einführung der Dreifelderwirtschaft wurde die Feldflur einer Siedlung in schmale, streifenförmige Gewanne unterteilt, die im Flurzwang bewirtschaftet wurden, d. h. die Arbeiten auf allen Ackerstücken eines Gewanns wurden immer gleichzeitig ausgeführt. Typisch für Gewanne ist, dass ihre Länge mindestens das Zehnfache der Breite beträgt. Diese langgestreckte Form ist auf die Schwierigkeit des Wendens mit Pfluggespannen zurückzuführen. Schmalgestreckte Parzellen machten nur wenige Wenden notwendig.

Gewannfluren sind typisch für den Südwesten Deutschlands sowie Mitteldeutschland, sie finden sich etwa im Oberrheingraben, im Neckar- und Rheinland, Rheinland-Pfalz, Hessen, Unterfranken, in den Hellweg-, Hildesheimer und Magdeburger Börden sowie im Mittelgebirge. In allen diesen Teilen wurde Realerbteilung praktiziert. Die Realerbteilung erfolgte bei den Grundstücken immer in Längsrichtung.

Mit Einführung der Fruchtwechselwirtschaft und Aufhebung des Flurzwangs wurde die Einteilung in Gewanne überflüssig. In manchen Gegenden wie Südwestdeutschland blieben die Gewannnamen aber erhalten und sind auch in der Flurkarte eingetragen. Sie dienen als Lagebezeichnungen der leichteren Lokalisierung von Flurstücken, anders als die Flurnummer sind sie aber kein notwendiger Bestandteil der eindeutigen Bezeichnung eines Flurstücks. Die alten Gewannbezeichnungen lassen jedoch noch heute Rückschlüsse auf die frühere Nutzung, Lage oder Beschaffenheit des bezeichneten Gebietes zu (Beispiele: Am Galgenberg, Schöne Aussicht, Im Nassen Loch, Hirschwiese, etc.) und finden häufig noch Verwendung bei der Bezeichnung von Bebauungsplänen. Häufig werden Straßen in den Neubaugebieten nach den angrenzenden Gewannen benannt.

Gewannflure zeichnen sich mehrheitlich durch fruchtbare und gut zu bearbeitende Böden aus. Agrarökologische Sonderstandorte und die mit ihnen einhergehenden Grenzertragsflächen sind im Gegensatz zur Esch-, Block- und Hufenflur nur selten zu finden. Dementsprechend kommt hier auch eine extensive Landnutzung nur selten vor.

Sonstiges

Auf Friedhöfen wird die Fläche bisweilen ebenfalls in Gewanne aufgeteilt. So wird z. B. der Plan des Frankfurter Hauptfriedhofs in Gewanne geteilt.

Einzelnachweise

  1. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. De Gruyter, Berlin, New York 1975, S. 255

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  • Gewann — (Esch, Böhden, Zelge, Kampe, Wannen), die Flurabteilungen in der Gemarkung des altgermanischen Dorfes; auch soviel wie Forstort oder Distrikt (besonders benannter Waldteil mit gleichartigen Verhältnissen) …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Gewann — Gewann. Die Grundstücke einer Gemarkung bilden je nach Lage, Besitz und Anbauverhältnissen getrennte Gruppen, Gewanne mit besonderen Namen. Diele beziehen sich auf Bodenbeschaffenheit, wie »Ried«, »Sand«, »Letten«,… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Gewann(e) — Sf Teil der Gemarkung (häufig in Flurbezeichnungen) per. Wortschatz arch. (15. Jh.), mhd. gewande, mndl. gewande Ackergrenze, Ackerlänge Stammwort. Ursprünglich die Grenze des Ackers, an der beim Pflügen gewendet wurde. Dann über Grenze zu den… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • gewann — ge|wạnn → gewinnen * * * ge|wạnn: ↑ gewinnen. * * * Gewann   [mittelhochdeutsch gewande »Grenze«, »Acker( Länge)«], ursprünglich Ackergrenze, an der der Pflug gewendet wurde, später die durch die Pflugwenden bestimmte Fläche, also die… …   Universal-Lexikon

  • Gewann — Ge|wạnn 〈n. 11; früher〉 = Gewanneflur * * * ge|wạnn: ↑ gewinnen. * * * Gewann   [mittelhochdeutsch gewande »Grenze«, »Acker( Länge)«], ursprünglich Ackergrenze, an der der Pflug gewendet wurde, später die durch die Pflugwenden bestimmte Fläche …   Universal-Lexikon

  • Gewann — assolement Alsace. Var.: Gewende, Anwand …   Glossaire des noms topographiques en France

  • gewann — ge·wạnn Imperfekt, 1. und 3. Person Sg; ↑gewinnen …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

  • Gewann — Gemarkungsabschnitt …   Hunsrückisch-Hochdeutsch

  • gewann — ge|wạnn vgl. gewinnen …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Gewann — Ge|wạnn, das; [e]s, e, seltener Ge|wạn|ne, das; s, (besonders süddeutsch für in mehrere Streifen aufgeteiltes [Acker]gelände) …   Die deutsche Rechtschreibung

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