Glyndebourne Festival

Glyndebourne Festival
Die neue Glyndebourne Festival Opera im Jahr 2007

Die Oper von Glyndebourne [ˈglaɪndbɔːn] (Glyndebourne Festival Opera) wurde 1934 von John Christie (1882 - 1962) gegründet und auf dem Grundstück eines ehemaligen Landhauses in Sussex (England) etabliert.

Der Gründer des Festivals, John Christie, war ein wohlhabender Landbesitzer und Musikfreund, der schon vorher in seinem aus dem 16.Jahrhundert stammenden Landhaus private musikalische Abende gegeben hatte. 1931 heiratete er die kanadische Sopranistin Audrey Mildmay, mit der er die Festspiele in Salzburg und Bayreuth besuchte, wo der Plan für ein eigenes Festival auf dem Landsitz mit Schwerpunkt im Mozart-Repertoire reifte. Schon 1920 hatte er sein Haus um einen großen Orgelraum erweitert, den er nun um ein kleines Opernhaus mit 300 Sitzplätzen erweiterte. Das erste Festival wurde am 28. Mai 1934 mit Mozarts Hochzeit des Figaro, gefolgt von Cosi fan tutte eröffnet. Es dauerte sechs Wochen. Die künstlerische Leitung hatten Emigranten aus Hitler-Deutschland: Fritz Busch als Dirigent, Carl Ebert hatte die dramaturgische Leitung (er war ehemaliger Intendant der Städtischen Oper in Berlin) und Rudolf Bing die General-Intendanz, die er bis 1949 behielt. Mozart blieb auch weiterhin das bevorzugte Repertoire in Glyndebourne. Ab den 1960er Jahren war einer der Schwerpunkte die Barockoper (Raymond Leppard).

Während des Zweiten Weltkriegs wurde nicht gespielt, das Haus beherbergte damals aus London evakuierte Kinder. 1952 wurde die Glyndebourne Festival Society gegründet, die das Management von John Christie übernahm. Nach dessen Tod 1962 übernahm sein Sohn, der spätere Sir George Christie, und ab 2000 dessen Sohn Gus Christie die Leitung.

Glyndebourne liegt zwei Autostunden von London östlich von Brighton.

Im Sommer ist das Festival ein beliebter Anziehungspunkt für Opernfreunde, die die langen Aufführungspausen (die längste anderthalb Stunden) traditionell dazu nutzen, ein Picknick im Park zu veranstalten. Gepicknickt wird allerdings auf hohem Niveau in Abendgarderobe (Smoking/Dinner-Jacket) und ausgesuchtem Menu.

Architektonische Umgestaltung in den 1990er Jahren

Im Laufe der Jahre wurde das Gebäude-Ensemble immer wieder provisorisch erweitert (1936 433 Sitzplätze, 1952 ca. 600, 1977 850). In einem Gutachten aus dem Jahr 1989 mit dem Titel "Glyndebourne: Building an independent future" wurde der Neubau eines größeren Opernhauses gefordert, mit der Begründung, dass hierdurch die Zukunft der Oper gesichert und neue Einnahmequellen erschlossen werden würden.

Die Aufgabe des Architekten Michael Hopkins war es, die Sitzkapazität um 50 Prozent zu erhöhen (auf 1200), eine größere Bühne und Hinterbühne zu bauen, ohne dass die intime Atmosphäre durch ein großes Volumen zerstört wird. Zudem sollte sich das Gebäude an den Kontext des neo-elisabethanischen Herrenhauses anfügen.

Hopkins and Partners sahen eine tiefgreifende Umgestaltung der Anlage vor, wobei die bestehenden Gebäude so weit wie möglich erhalten bleiben sollten. Das Opernhaus sollte jedoch abgerissen und durch ein völlig neues Gebäude ersetzt werden. Bei genauerer Untersuchung wurde festgestellt, dass die bisherige Raumaufteilung eher verwirrend war, insbesondere der Vorplatz und das Bühnenhaus. Als Lösung wurde vorgeschlagen, das gesamte Gebäude um 180° zu drehen.

Daraus ergaben sich mehrere entscheidende Vorteile. Erstens konnte der Neubau den Konturen des hier leicht ansteigenden Geländes angepasst und damit besser in die Landschaft integriert werden. Zweitens konnte der massive Bühnenturm zurückversetzt werden, so dass er das ursprüngliche Landhaus nicht mehr optisch erdrückte. Drittens war es möglich, das neue Foyer so zu konzipieren, dass es nicht mehr an der Straße liegt, sondern sich zum Garten hin öffnet, in dem traditionell die Picknicks stattfinden. Und schließlich konnte das Kulissenmagazin in eine deutlich markierte "Gewerbezone" abseits der Publikumsbereiche integriert werden.

Der Entwurf für den Neubau sieht einen geschlossenen dreigeschossigen Baukörper mit ovalem Grundriss und flachem Satteldach vor. Der traditionelle hufeisenförmige Zuschauerraum befindet sich in einer kreisrunden Trommel, die über das Hauptdach hinausragt und mit dem Bühnenturm verbunden ist. Die Eingangsseite des Gebäudes wird mit ebenerdig von Kolonnaden eingefasst, die sich entlang der Hauptachse sternförmig erweitern und ein neues glasüberdachtes Foyer bilden, welches den Neubau mit dem im ehemaligen Bühnenhaus eingerichteten Restaurant verbindet. Am anderen Ende des Opernhauses stehen in einem halbrunden Raum hinter der Bühne und dem Bühnenturm rund 700 m² Werkstatt- und Lagerräume zur Verfügung, die wiederum sternförmig mit dem Kulissentor und einem selbständigen schallgedämmten Probenraum verbunden sind. Die Verwaltungs- und Produktionsbüros sind um das Bühnenhaus herum angeordnet; ihre Fensteröffnungen beleben diesen ansonsten schmucklosen, glatten Gebäudeblock. Gleichzeitig fungieren diese Räumlichkeiten als akustische Pufferzone für den Zuschauerraum. Die Menschen, die das ganze Jahr über in Glyndebourne arbeiten, bekommen genug Tageslicht und frische Luft. Der Ausblick auf die Umgebung wird ihnen ebenfalls ermöglicht. Garderoben, Technikräume, Lager und Werkstätten sind im Kellergeschoss untergebracht.

Die Außenwand des Opernhauses besteht aus Ziegeln, die nicht nur als Verkleidung dienen sondern wirklich eine tragende Mauer mit massiven vorspringenden Pfeilern und flachen Bögen bilden - ein anschauliches Beispiel dafür, wie der architektonische Charakter der Bauten von Hopkins sich immer auf natürliche Weise aus der konstruktiven Funktion der einzelnen Elemente ergibt.

1992 wurde mit dem Bau begonnen (unter dem Sohn des Gründers John Christie, George Christie, weswegen die Festspiele 1993 ausfielen und erst 1994 wieder begannen. Die Kosten für den Umbau von 34 Millionen Pfund wurden fast ganz durch Spenden aufgebracht. Die Spender erhielten dafür die Verfügung über etwa ein Drittel der Sitzplätze.

Genau 60 Jahre nach der Ersteröffnung wurde das Festival 1994 wiederum mit Mozarts Hochzeit des Figaro wiedereröffnet.

Literatur

  • Spike Hughes Glyndebourne - A History, London, Methuen 1965, Neuauflage David and Charles 1981, ISBN 0-7153-7891-0 (Standardwerk, Hughes trug auch viel zu den Programmheften bei und ist auf einer Bank in Glyndebourne verewigt)
  • John Allison (Hrsg.) Great Opera Houses of the World, Supplement zu Opera Magazine, London 2003
  • Thierry Beauvert Opera Houses of the World, The Vendome Press, New York, 1995. ISBN 0-86565-978-8
  • Marcus Binney, Rosy Runciman, Glyndebourne - Building a Vision, London: Thames and Hudson, 1994. ISBN 0-500-27754-0
  • Ian Nairn, Nikolaus Pevsner Sussex (Buildings of England series). London: Penguin Books (zum ursprünglichen Landhaus)
  • John Julius Norwich Fifty Years of Glyndebourne, London: Jonathan Cape, 1985. ISBN 0-224-02310-1
  • Carol Plantamura The Opera Lover's Guide to Europe, New York: Citadel Press, 1996. ISBN 0-8065-1842-1
  • Karyl Lynn Zeitz Opera: the Guide to Western Europe's Great Houses, Santa Fe, New Mexico: John Muir Publications, 1991. ISBN 0-945465-81-5

Weblinks

50.8780555555560.0641666666666657Koordinaten: 50° 52′ 41″ N, 0° 3′ 51″ O


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