- Akustik
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Die Akustik (griechisch: akuein ακουειν = hören) ist die Lehre vom Schall und seiner Ausbreitung. Als Wissenschaftsgebiet umfasst sie sämtliche damit zusammenhängenden Gesichtspunkte, so die Entstehung und Erzeugung, die Ausbreitung, die Beeinflussung und die Analyse von Schall. Weiterhin sind auch die Wechselwirkung von Schall mit Materialien sowie die Wahrnehmung von Schall durch das Gehör und seine Wirkung auf Menschen und Tiere Gegenstand der Akustik. Die Akustik ist ein interdisziplinäres Fachgebiet, das auf Erkenntnissen aus zahlreichen anderen Fachgebieten aufbaut, unter anderen der Physik, der Psychologie, der Nachrichtentechnik und der Materialwissenschaft.
Zu den wichtigsten Anwendungen der Akustik gehört neben der Erforschung und Minderung von Lärm auch das Bemühen, einen Wohlklang hervorzurufen oder eine akustische Information zu übertragen. Außerdem ist der Einsatz von Schall zur Diagnose oder zu technologischen Zwecken eine wichtige Anwendung der Akustik.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte der Akustik
Als eine erste systematische Beschäftigung mit der Akustik gilt die Einführung von Tonsystemen und Stimmungen in der Musik im 3. Jahrtausend v. Chr. in China. Aus der Antike ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Akustik unter anderem von Pythagoras von Samos (ca. 570–510 v. Chr.) überliefert, der den Zusammenhang von Saitenlänge und Tonhöhe beim Monochord mathematisch analysierte. Chrysippos von Soli (281–208 v. Chr.) erkannte den Wellencharakter von Schall durch einen Vergleich mit Wellen auf der Wasseroberfläche. Der römische Architekt Vitruv (ca. 80–10 v. Chr.) analysierte die Schallausbreitung in Amphitheatern und vermutete die Ausbreitung von Schall als Kugelwelle. Er beschrieb ebenfalls die Wirkungsweise von Helmholtz-Resonatoren zur Absorption tieffrequenten Schalls.
Leonardo da Vinci (1452–1519) erkannte unter anderem, dass Luft als Medium zur Ausbreitung des Schalls erforderlich ist und dass sich Schall mit einer endlichen Geschwindigkeit ausbreitet. Von Marin Mersenne (1588–1648) stammt neben anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Natur des Schalls auch die erste Angabe einer experimentell bestimmten Schallgeschwindigkeit. Galileo Galilei (1564–1642) beschrieb den für die Akustik wichtigen Zusammenhang zwischen Tonhöhe und Frequenz. Joseph Sauveur (1653–1716) führte die Bezeichnung „Akustik“ für die Lehre vom Schall ein. Isaac Newton (1643–1727) berechnete als erster die Schallgeschwindigkeit auf Grund theoretischer Überlegungen, während Leonhard Euler (1707–1783) eine Wellengleichung für Schall in der heute verwendeten Form fand. Ernst Florens Friedrich Chladni (1756–1827) gilt als Begründer der modernen experimentellen Akustik; er erfand die Chladnischen Klangfiguren, die Eigenschwingungen von Platten sichtbar machen.
Mit Beginn des 19. Jahrhunderts setzte eine intensive Beschäftigung mit der Akustik ein und zahlreiche Wissenschaftler widmeten sich dem Thema. So fand Pierre-Simon Laplace (1749–1827) das adiabatische Verhalten von Schall, Georg Simon Ohm (1789–1854) postulierte die Fähigkeit des Gehörs, Klänge in Grundtöne und Harmonische aufzulösen, Hermann von Helmholtz (1821–1894) erforschte die Tonempfindung und beschrieb den Helmholtz-Resonator und John William Strutt, 3. Baron Rayleigh (1842–1919) veröffentlichte die „Theory of Sound“ mit zahlreichen mathematisch begründeten Erkenntnissen, die den Schall, seine Entstehung und Ausbreitung betreffen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts werden erste akustische Mess- und Aufzeichnungsgeräte entwickelt, so der Phonautograph von Édouard-Léon Scott de Martinville (1817–1897) und später der Phonograph von Thomas Alva Edison (1847–1931). August Kundt (1839–1894) entwickelte das Kundtsche Rohr und setzte es zur Messung des Schallabsorptionsgrades ein.
Ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts kam es zur breiten Anwendung der vorhandenen theoretischen Erkenntnisse zur Akustik. So entwickelte sich die von Wallace Clement Sabine begründete wissenschaftliche Raumakustik mit dem Ziel, die Hörsamkeit von Räumen zu verbessern. Die Erfindung der Elektronenröhre 1907 ermöglichte den breiten Einsatz elektroakustischer Übertragungstechnik. Paul Langevin (1872–1946) verwendete Ultraschall zur technischen Ortung von Objekten unter Wasser (Sonar). Heinrich Barkhausen (1881–1956) erfand das erste Gerät zur Messung der Lautstärke. Seit etwa 1930 erscheinen wissenschaftliche Fachzeitschriften, die sich ausschließlich Themen der Akustik widmen.
Zu einer der wichtigsten Anwendungen der Akustik entwickelt sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch die Minderung von Lärm, so wird zum Beispiel der Schalldämpfer für die Abgasanlage von Kraftfahrzeugen immer weiter verbessert. Mit der Einführung von Strahltriebwerken um 1950 und der für den erfolgreichen Einsatz notwendigen Lärmminderung entwickelte sich die Aeroakustik, die wesentlich durch die Arbeiten von Michael James Lighthill (1924–1998) begründet wurde.
Arbeitsgebiete der Akustik
Innerhalb der Akustik werden eine Vielzahl unterschiedlicher Arbeitsgebiete behandelt:
- In der Physikalischen Akustik werden die physikalischen Grundlagen der Akustik behandelt.
- Die Aeroakustik beschäftigt sich mit der Entstehung und Ausbreitung aerodynamisch erzeugter Geräusche und deren Minderung.
- Die Hydroakustik beschäftigt sich mit Wasserschall
- Die Elektroakustik beschäftigt sich mit der Aufnahme, Verarbeitung und Wiedergabe von Schall.
- Die Technische Akustik behandelt Geräusche von Maschinen und Anlagen.
- Die Thermoakustik behandelt die Kopplung von Wärmefreisetzung und Schalldruck.
- Die Lärmforschung beschäftigt sich mit allen Aspekten der Lärmerzeugung, -minderung und -wahrnehmung.
- In der Raumakustik und Bauakustik werden die Fragestellungen der Schallübertragung in Gebäuden und der Beschallung von Zuhörerräumen behandelt.
- In der Fahrzeugakustik werden alle Fragestellungen zum Thema Innen- und Außengeräusch von Fahrzeugen behandelt.
- Die Musikalische Akustik befasst sich mit der Erzeugung und Wahrnehmung von Musik.
- Die Psychoakustik behandelt Themen zur Schallwahrnehmung und zur subjektiven Beurteilung von Schall und zur Objektivierung der subjektiven Wahrnehmung, in der Musikwissenschaft auch mit Hilfe der Musikpsychologie
- Die Phonetik beschäftigt sich mit der Sprachverarbeitung und -kommunikation.
- In der Medizin dient die Audiometrie zur Vermessung von Parametern des Gehörs.
Akustische Analysemethoden
Frequenzanalyse
Da akustische Zeitsignale als Diagramme häufig wenig aussagefähig sind, werden zur Analyse meistens Methoden der modernen Signalanalyse eingesetzt. Dabei sind vor allem die Frequenzanalyse durch FFT (Schnelle Fourier-Transformation) und die Oktav- und Terzbandanalyse zu nennen. Außerdem kann durch geeignete Software oder Signalprozessoren die Impulshaltigkeit von akustischen Signalen erfasst werden. Eine wichtige Rolle spielen auch die Frequenzbewertungen, von denen wohl die A-Bewertung am bekanntesten ist. Dieses ist eine Frequenzbewertungskurve, mit der die unbewertet ermittelten Schalldruckpegel bewertet werden und aus der sich der A-bewertete Pegel in dB(A) ergibt. Hiermit wird versucht, die unterschiedliche Empfindlichkeit des menschlichen Ohres bei verschiedenen Frequenzen zu berücksichtigen. Weil es die einfachste Methode ist das menschliche Gehör mathematisch nachzubilden, werden die meisten Grenzwerte für Schalldruckpegel als A-bewertete Pegel festgelegt.
Resonanzanalyse
Die akustische Resonanzanalyse wertet die entstehenden Resonanzfrequenzen aus, wenn ein Körper durch eine impulshafte Anregung wie etwa einen Schlag in Schwingung versetzt wird. Ist der Körper ein schwingungsfähiges System, so bilden sich über einen gewissen Zeitraum bestimmte charakteristischen Frequenzen aus, der Körper schwingt in den so genannten natürlichen Eigen- oder Resonanzfrequenzen – kurz Resonanzen.
Ordnungsanalyse
Bei der Ordnungsanalyse werden Geräusche oder Schwingungen von rotierenden Maschinen analysiert, wobei im Gegensatz zur Frequenzanalyse hierbei der Energiegehalt des Geräusches nicht über der Frequenz sondern über der Ordnung aufgetragen wird. Die Ordnung entspricht dabei einem Vielfachen der Drehzahl.
Laborräume
Reflexionsarmer Raum
Ein reflexionsarmer Raum, manchmal physikalisch unrichtig auch „schalltoter“ Raum genannt, besitzt Absorptionsmaterial an Decke und Wänden, so dass nur minimale Reflexionen auftreten und Bedingungen wie in einem Direktfeld D (Freifeld oder freiem Schallfeld) herrschen, wobei der Schalldruck mit 1/r nach dem Abstandsgesetz von einer Punktschallquelle abnimmt. Solche Räume eignen sich für Sprachaufzeichnungen und für die Lokalisation von Schallquellen. Wird auf einer gedachten Hüllfläche um die Schallquelle die senkrecht durch diese Fläche tretende Schallintensität gemessen, so kann die Schallleistung der Quelle bestimmt werden.
Freifeldraum
Ein Freifeldraum ist die spezielle Ausführung eines reflexionsarmen Raumes. Hier ist jedoch zusätzlich auch der Boden mit absorbierendem Material bedeckt. Da der Boden durch diese Maßnahme nicht mehr begehbar ist, wird meistens ein schalldurchlässiges Gitter darüber angeordnet, das den Zugang zum Messobjekt ermöglicht. Derartige Räume werden in der akustischen Messtechnik eingesetzt, um gezielte Schallquellenanalysen – auch unter dem Messobjekt – durchführen zu können.
Hallraum
Ein Hallraum dagegen wird so konstruiert, dass an jedem beliebigen Punkt im Schallfeld Reflexionen gleicher Größe aus allen Richtungen zusammentreffen. In einem idealen Hallraum herrscht daher mit Ausnahme des Bereiches direkt um die Schallquelle (siehe Hallradius) an jedem Ort derselbe Schalldruck. Ein solches Schallfeld wird Diffusfeld genannt. Da die Schallstrahlen aus allen Richtungen gleichzeitig einfallen, ist in einem Diffusfeld keine Schallintensität vorhanden. Um Resonanzen in einem Hallraum zu vermeiden wird er im Allgemeinen ohne parallel zueinander stehende Wände und Decken gebaut. Über Nachhallzeit-Messungen oder durch Referenzschallquellen kann der Raum kalibriert werden. Hierbei wird die Differenz zwischen dem an einem beliebigen Ort im Raum, weit genug außerhalb des Hallradius gemessenen Schalldruckpegel und dem Schallleistungspegel einer Schallquelle bestimmt. Diese Differenz ist frequenzabhängig und bleibt unverändert, solange sich der Aufbau des Raumes und der Absorptionsgrad der Wände nicht ändern. In einem Hallraum kann daher die Schallleistung einer Quelle theoretisch mit einer einzigen Schalldruckmessung bestimmt werden. Dieses ist z. B. für Fragestellungen im Bereich des Schallschutzes sehr nützlich.
Akustik in der Natur
Akustik bei Lebewesen
Die meisten höheren Tiere besitzen einen Hörsinn. Schall ist ein wichtiger Kommunikationskanal, da er praktisch unmittelbare Fernwirkung besitzt. Mit Lautäußerungen ist den Tieren ein Mittel zur Reviermarkierung, Partner- oder Rudelsuche, zum Auffinden von Beute und zur Mitteilung von Stimmungen, Warnsignalen, usw. gegeben. Der menschliche Hörbereich liegt zwischen der Hörschwelle und der Schmerzschwelle (etwa 0 dB HL bis 110 dB HL).
Lautlehre
Bei der Erzeugung von Lauten im Rahmen der Lautlehre unterscheidet man im Allgemeinen zwischen stimmhaften und stimmlosen Phonemen. Bei den stimmhaften Phonemen, die als Vokale bezeichnet werden, werden beim Kehlkopf durch Vibration der Stimmbänder die „Roh“klänge erzeugt, die dann im Rachen- und Nasenraum durch verschiedene willkürlich beeinflussbare oder unveränderliche individualspezifische Resonanzräume moduliert werden. Bei stimmlosen Phonemen, den Konsonanten, ruhen die Stimmbänder, wobei der Laut durch Modulation des Luftstromes zustande kommt. Beim Flüstern werden selbst die Vokale nur durch Modulation des Spektrums des Rauschens eines hervorgepressten Luftstromes gebildet, wobei die Stimmbänder ruhen.
Literatur
- Friedrich Zamminer: Die Musik und die musikalischen Instrumente in ihrer Beziehung zu den Gesetzen der Akustik. Ricker, 1855. Online
- Dieter Ullmann: Chladni und die Entwicklung der Akustik von 1750 - 1860. Birkhäuser, Basel 1996, ISBN 3-7643-5398-8 (Science Networks Historical Studies 19).
- Hans Breuer: dtv-Atlas Physik, Band 1. Mechanik, Akustik, Thermodynamik, Optik. dtv-Verlag, München 1996, ISBN 3-423-03226-X.
- Heinrich Kuttruff: Akustik. Hirzel, Stuttgart 2004, ISBN 3-7776-1244-8.
- Gerhard Müller und Michael Möser: Taschenbuch der Technischen Akustik. 3. Auflage. Springer, Berlin 2003, ISBN 3-540-41242-5.
- Ivar Veit: Technische Akustik. Vogel-Verlag, Würzburg 2005, ISBN 3-8343-3013-2.
- Jens Ulrich und Eckhard Hoffmann: Hörakustik - Theorie und Praxis. DOZ-Verlag, 2007, ISBN 978-3-922269-80-9.
Weblinks
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Wiktionary: Akustik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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Wikibooks: Grundlagen der Akustik – Lern- und Lehrmaterialien
- Akustische Wellen und Felder - DEGA-Empfehlung 101 - Deutsche Gesellschaft für Akustik (PDF-Datei; 1016 kB)
- Einführung in die Raumakustik und Beschallungstechnik
- Begriffsdefinitionen aus Akustik und Beschallungstechnik
- Musikalische Akustik - pdf (264 kB)
- Die Akustik in der Tonaufnahmetechnik
- Akustik-Gehör-Psychoakustik
- Grundlagen der Musik, eine allgemein verständliche Einführung in die musikalische Akustik
- Akustik und Musik - beinhaltet weiterführende Links mit Grafik- und Klangbeispielen
- Akustik-Grundlagen und schalltechnische Begriffe
- Glossar Akustik mit Fachbegriffen - pdf (1.516 KB)
- Die Akustik in der Tontechnik
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