Golgota

Golgota
Pilger auf dem als Golgota angesehenen Hügel innerhalb der heutigen Grabeskirche

Golgota (auch: Golgatha oder Golgotha) ist der heute verwendete Name eines bislang unbekannten Hügels außerhalb des Jerusalems der Antike. Den neutestamentlichen Evangelien zufolge wurde dort Jesus von Nazaret gekreuzigt.

Inhaltsverzeichnis

Name

Im Markusevangelium lautet der Text[1] wörtlich übersetzt: „und sie trugen ihn an die Stätte Golgota, das ist übersetzt Ort des Schädels“. Lukas[2] schreibt lediglich, dass der Ort „der Schädel“ genannt wurde und erwähnt Golgota nicht. Matthäus[3] ist nahe an Markus und erklärt, dass der Hügel sowohl „Golgota“ als auch „Ort des Schädels“ genannt wurde. Johannes[4] schreibt, dass der Hügel „Ort des Schädels“ genannt wurde, was auf Hebräisch Golgota heißt. Aus den Evangelien von Markus und insbesondere von Johannes und Lukas ist zu erkennen, dass für die Evangelisten Kρανίου [Τόπος] („[Ort des] Schädel[s]“) der eigentliche Name des Hügels war, und mit Γολγοθα („Golgotha“) lediglich die aramäische Übersetzung dieses Namens wiedergegeben wurde. Ältere Bibelversionen[5] übersetzten noch originalgetreu: „und dieser ging, indem er sein Kreuz selber trug, hinaus zum Ort, der Ort des Schädels genannt wurde, was auf hebräisch Golgotha genannt wird.“[6] Die heutige Bibelforschung akzeptiert jedoch Γολγοθα nicht mehr als die griechische Wiedergabe der aramäischen Übersetzung des eigentlichen Namens, sondern sieht in Golgotha den Namen selbst. Kρανίου Τόπος wird in Folge als eine reine Erläuterung interpretiert und für Golgota die etymologische Bedeutung Schädelhöhe von aramäisch gûlgaltâ, welches dem hebräischen gulgulet vorausgeht, angenommen.[7]

Für die Kirchenväter hatte der „Ort des Schädels“ verschiedene Bedeutungen: Origenes z.B. führt den Namen auf den angeblich dort begrabenen Schädel Adams zurück, Hieronymus auf die Schädel der Verurteilten, andere Autoren auf die Form des Hügels.

Weitere Angaben im Neuen Testament

Das Neue Testament berichtet von der Kreuzigung Jesu außerhalb der Stadt,[8] aber in Stadtnähe.[9] Das entsprach dem römischen Brauch und der Tora.[10] Nach Matthäus und Markus[11] war Golgota ein Ort, den viele Menschen passierten, also vielleicht ein Ort, der an einem der Hauptwege nach Jerusalem lag, vermutlich in der Nähe eines Stadttors. In Johannes[12] wird angegeben, dass sich in der Nähe ein Garten befand.

Lokalisierung

Aufgrund des von Johannes erwähnten Gartens wäre eine Lokalisierung auf der Nordseite Jerusalems am wahrscheinlichsten, da weder im Hinnomtal im Süden noch an den steilen Hängen im Osten und Westen ein Garten nahe der antiken Stadtmauer angelegt worden sein kann. Somit befand sich der biblische Golgota vielleicht an der Stelle der heutigen Grabeskirche. Helena, die Mutter des römischen Kaisers Konstantin, ließ um 326 an dieser Stelle durch den Bischof Makarios I. eine Basilika bauen, wo sich nach der damaligen Tradition der Kreuzigungsort und das Grab Jesu befunden haben sollen. Die Reste dieser Basilika befinden sich unter der Grabeskirche. Während sich der Ort heute innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern befindet, war er in der Antike nördlich der Nordwestecke der damaligen Stadt. Nach mehreren frühchristlichen Pilgerberichten war der Hügel von Golgota ein übermannshoher Fels, zu dem man auf Stufen hinaufstieg. Um 385 soll sich auf ihm ein mächtiges, mit Gold und Edelsteinen geschmücktes Kreuz befunden haben, das der römische Kaiser Theodosius direkt neben der damaligen Grabeskirche aufstellen ließ.

Bei Restaurierungsarbeiten und Grabungen in der Grabeskirche fand man 1973 bis 1978 heraus, dass es sich bei diesem Gelände ursprünglich um einen Steinbruch gehandelt hatte, in dem bis ins 1. Jahrhundert vor Christus der weiße Meleke-Kalkstein geschlagen wurde. Zurück blieb ein länglicher, halbmondförmiger Stumpf von etwa sieben Meter Länge, drei Meter Breite und einer Höhe von 4,80 Metern, der von der Stadt aus womöglich wie eine Schädelkuppe ausgesehen haben kann. Im Jahr 1986 fand man nach Abtragung einer Kalkschicht einen in den Stein geschlagenen Ring von 11,50 cm Durchmesser, der einem Holzstamm von bis zu 2,50 Meter Höhe hätte Halt geben können. Keine der bisherigen archäologischen und historischen Untersuchungen hat jedoch zweifelsfrei nachweisen können, dass der Felsen, der sich innerhalb einer Umfassungsmauer auf dem Gelände der Grabeskirche befindet, tatsächlich der Berg Golgota der Evangelisten war.

Eine andere These identifiziert Golgota mit einem Felsrücken nördlich des heutigen Damaskustors nahe der Altstadt, an dessen nordwestlichem Abhang im 19. Jahrhundert eine Grabhöhle entdeckt wurde, die als so genanntes Gartengrab bekannt ist.

Kulturelle Auswirkungen

Laut Theodor Heuss ist „Golgatha“ neben der Akropolis und dem Kapitol einer der Hügel, auf denen sich das Abendland gründet.[13]

Der Schweizer Komponist Frank Martin vertonte die Passion Jesu in dem Oratorium Golgotha.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Mk 15,22 EU
  2. Lk 23,33 EU
  3. Mt 27,33 EU
  4. Joh 19,17 EU
  5. Z.B. autorisierte King-James-Bibel (17. Jahrhundert): Joh 19,17 in der KJV bzw. im Faksimile der Barker-Augabe 1611; vgl. auf Deutsch Joh 19,17 EU
  6. Da Johannes das Verb λέγω (λεγόμενον bzw. λέγεται) verwendet, ist wörtlich zu übersetzen: „zum Ort, welcher der Legende nach Ort des Schädels genannt wurde“
  7. Die Etymologie ist zwar korrekt, jedoch verdeutlichen die Evangelien selbst einen nicht-aramäischen Ursprung des Namens, d.h. die Priorität des griechischen Kρανίου Τόπος.
  8. Mt 28,11 EU; Heb 13,12 EU
  9. Joh 19,20 EU
  10. Lev 24,14 EU; Dtn 17,5 EU
  11. Mt 27,39 EU; Mt 15,29 EU
  12. Joh 19,41 EU
  13. Rede während einer Schuleinweihungsfeier in Heilbronn (1950) über den Sinn humanistischer Schulbildung (in: Theodor Heuss, Reden an die Jugend, Tübingen 1956, S. 32): „Es gibt drei Hügel, von denen das Abendland seinen Ausgang genommen hat: Golgatha, die Akropolis in Athen, das Capitol in Rom. Aus allen ist das Abendland geistig gewirkt, und man darf alle drei, man muss sie als Einheit sehen.“

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