- Adam und Eva
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Adam und Eva waren nach der biblischen Erzählung im Buch Genesis (Kapitel 2 bis 5) das erste Menschenpaar und Stammeltern aller Menschen. Auch der Koran erwähnt Adam und Eva.
Adam (hebräisch אדם, [aˈdam], „Mensch“) wurde demnach von Gott aus Lehm (hebräisch אדמה, [adamˈa], „Erde“) erschaffen, danach wurde ihm der Lebensatem (die neshama) eingehaucht. Adam gab den Tieren Namen, fand aber kein partnerschaftliches Gegenüber. Darauf ließ Gott Adam in einen tiefen Schlaf fallen, entnahm ihm eine Rippe bzw. Seite und schuf aus dieser sein Gegenüber Eva (hebräisch חוה, chawah ([χaˈva] oder [ħaˈva]), „die Belebte“). Wurde in der Erzählung bis dahin immer von „dem Menschen“ (Adam) gesprochen, erkennt Adam in der Begegnung mit dem neuen Wesen in sich den Mann (isch) und in seinem Gegenüber die Frau (ischa).[1]
Inhaltsverzeichnis
Die biblische Erzählung
Der erste biblische Schöpfungsbericht besagt - siehe 1.Mose 1,27: Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn, und er schuf sie als Mann und Weib. Adam und Eva leben zunächst im Garten Eden. Dort überredet sie die Schlange entgegen dem Verbot Gottes vom Baum der Erkenntnis zu essen. (Diese Schlange wird in der christlichen Tradition oft auf den Teufel bezogen. Diese Gleichsetzung findet sich schon im Neuen Testament in Offb 12,9 EU.)[2] Da sich Adam und Eva nach dem Genuss der Früchte mit Feigenblättern bekleiden, könnte mit der verbotenen Frucht eine Feige gemeint sein, die in der biblischen Systematik der Früchte die 4. Frucht ist (vgl. Dtn 8,8) und auf die Zahl Vier verweist, die symbolisch für die materielle Welt steht. Das gängige Bild vom Apfel als verbotener Paradiesfrucht beruht nicht auf der Bibel, sondern auf einer falschen Übersetzung des lateinischen Wortes malum, das sowohl „böse“ als auch „Apfelbaum“ bedeuten kann.
Die in dem Essen der verbotenen Frucht zum Ausdruck kommende Abkehr von Gottes Geboten gilt sowohl in der jüdischen als auch in der christlichen Religion als Ungehorsam gegenüber Gott, wie auch die Rebellion des Teufels gegen diesen.[3] Hier als Übertrag vom Teufel auf dem Menschen, welcher den Menschen in seiner seelischen und körperlichen Beschaffenheit veränderte. Das Christentum spricht vom Sündenfall.
Als Folge der Rebellion beschreibt die Bibel, dass Adam und Eva ihre Nacktheit erkennen, woraufhin sie sich Kleidung aus Feigenblättern anfertigen. Vor Gott versuchen sie sich zu verstecken. Zum ersten Mal ist etwas im Paradies vorhanden, was vorher nicht bekannt war: die Verletzung des Schamgefühls. Gott stellt sie zur Rede, woraufhin Adam die Schuld Eva zuschreibt und Eva der Schlange. Beide werden aus dem Garten Eden vertrieben. Eva muss fortan Kinder unter Schmerzen gebären, Adam wird der harte und mühselige Ackerbau auferlegt. Die klassischen Worte aus Gen 3,19 EU:
- „Denn Staub bist du und zum Staub zurück kehrst du.“
weisen zunächst auf den Ritus der Erdbestattung hin und bringen zudem nach christlicher Interpretation zum Ausdruck, dass nun der Tod in die Welt getreten ist. Zwischen Eva, der Schlange und ihren jeweiligen Nachkommen wird Feindschaft herrschen.
In der biblischen Erzählung zeugt Adam nach der Vertreibung aus dem Paradies mit Eva Kain, Abel und Set. Das biblische Buch Genesis 5,4 erwähnt außerdem nicht namentlich genannte Töchter und weitere Söhne, die Adam nach der Geburt Sets zeugte. Adams gesamtes Lebensalter wird mit 930 Jahren angegeben.
Vorstellungen zu einem Stammelternpaar gibt es auch in anderen Schöpfungsberichten. So findet sich in der germanischen Mythologie die Geschichte von Ask und Embla.
Der Name Eva
In Vers Gen 3,20 EU wird Eva erstmals mit Namen genannt; bis dahin ist stets nur von der „Frau“ die Rede. Während in der Septuaginta der hebräische Name חוה mit Ζοὴ übersetzt wird, lautet im Neuen Testament, wo Eva nur an zwei Stellen erwähnt (2 Kor 11,3 EU und 1 Tim 2,13 EU) wird, der Name griechisch Εὕα, was offenbar eine Transkription des hebräischen Namens darstellt. In der lateinischen Vulgata lautet der Name schließlich Eva.
Deutung
Jüdische Deutungen
Aus dem Vers Gen 2,18 EU: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei wird nach rabbinischer Deutung die Verpflichtung des Menschen zur Eheschließung abgeleitet.
In der Sicht des hellenistisch-jüdischen Philosophen Philo von Alexandria hat die Rebellion die folgende Bedeutung: Es existieren zwei Schöpfungen, die des himmlischen und die des irdischen, aus Lehm geschaffenen und der Vergänglichkeit unterworfenen Menschen. Adam steht für die Vernunft, Eva für die Sinnlichkeit, die Schlange für die Lust. Der Aufstand gegen Gott entsteht durch eine Störung der betrachtenden Vernunft, wobei die Schlange als Vehikel der Versuchung dient.
Christliche Sichtweisen
Die lateinische Kirche entwickelt aus der biblischen Erzählung den Begriff der Erbsünde, sie begreift Adam als Typ und Haupt-Figur der Menschheit. Als solcher kann er, wie der Apostel Paulus im Römerbrief 5,12–21 schreibt, ursächlich für den Tod aller Menschen sein. Diesem „alten (Menschentypus) Adam“ wird Jesus Christus als der eine „neue Adam“ gegenübergestellt, dessen Kreuzestod im Gehorsam gegenüber dem Willen des Vaters (Phil 2,8) und dessen Auferstehung ein Leben im Sieg über die Mächte des Todes hinaus ermöglichen (vgl. 1 Kor 15,24-28.55-57). Siehe auch Sündenfall. Diese Interpretation wird aber nicht von der Ostkirche akzeptiert, wo die Erbsünde unbekannt ist; es heißt nur, dass der Tod durch Adam und Eva in die Welt gebracht wurde und in der Auferstehung Jesu das Paradies wieder erschlossen ist (vgl. die Anastasis-Ikonen, wo Adam und Eva an der Hand des Auferstandenen aus dem Todesgrab herausführt werden, siehe unten).
Die Sicht Philos von Alexandrien ist auch von Paulus und den Kirchenvätern aufgegriffen und weiterentwickelt worden. Danach verkörpern Adam und Eva oder das Männliche und Weibliche die zwei Seiten der menschlichen Wirklichkeit: das Innere und Erinnernde des Geistes (hebr. sachar bedeutet „männlich“ und „erinnern“) sowie das Äußere, Erscheinende oder Umhüllende des Fleisches, welches dann im Bund der Beschneidung zurückgedrängt wird. Wenn nach Ex 1,22 der Pharao und nach Mt 2,16 König Herodes alle männlichen Kinder ermorden lässt, so ist damit die innere Verbindung zu Gott gemeint, die „erschlagen“ werden soll (vgl. den Brudermord Kains in Gen 4). Umgekehrt werden in Gen 6,1 den Menschen nur noch Töchter geboren, was Auslöser für die Engelsehen und dann die Sintflut ist, „denn alle Wesen aus Fleisch auf der Erde lebten verdorben“ (Gen 6,12). Die Lebenszeit des Fleisches wird auf „120 Jahre“ begrenzt (die Zahl 12 symbolisiert das „Runde“, auch das innerweltlich Sich-Abschließende der Zeit und des Irdischen), der göttliche Lebensgeist wird letztlich entzogen (Gen 6,3).
Der Gegensatz von „Geist“ und „Fleisch“, der für Paulus grundlegend ist und der bei ihm auch hinter dem Gegensatz zwischen dem „neuen Adam“ Jesus und dem „alten Adam“ steht (vgl. Röm 5,12-21; 8,1-17; Gal 5,13-26), ist schon in den ersten Kapiteln der Genesis zu finden. „Alle, die zu Jesus Christus gehören, haben das Fleisch und damit ihre Leidenschaften und Begierden gekreuzigt. Wenn wir aus dem Geist leben, dann wollen wir dem Geist auch folgen“ (Gal 5,24f). Das „Kreuzigen“ bedeutet nicht töten, sondern der Bestimmung durch den Geist unterwerfen im Sinn der inneren Beschneidung des Herzens durch den Geist (vgl. Röm 2,29; Kol 2,11; vgl. Dtn 30,6). Das so beschnittene Herz hat wieder Zugang zur Gnade und zur Sehkraft der „Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes“ (Röm 5,2) und die Unsterblichkeit (1 Kor 15,53-57), die den Adam paradisus im Gnadenstand des Paradieses auszeichnet (vgl. Weish 1,13-15; 2,13f; 9,2f). Auch die beiden Bäume in der einen Mitte des Paradieses lassen sich auf diesen Gegensatz von Geist (Lebensbaum) und Fleisch (Erkenntnisbaum) zurückführen.
Das Männliche und Weibliche im Spiegel von Sonne und Mond
Damit hängt zusammen, dass die geöffnete „Seite“ Adams, aus der heraus Gott die Frau bildet, mit „Fleisch“ geschlossen wird (Gen 2,21). Die „Rippe“ symbolisiert hier die Mondsichel, wie der Alttestamentlicher Othmar Schilling gezeigt hat.[4] Hebr. zela übersetzt Schiling mit „das Gekrümmte“; zu verweisen ist auch auf zelem (Bild) und zel (Schatten). Luna gilt in den alten Kulturen als „Urgrund aller Geburt“ (Johannes Lydos) oder „Mutter des irdischen Lebens“ (vgl. Gen 3,20), deren monatlicher Zyklus die Menstruation der Frau bestimmt.
Auf den Mond verweist auch der Zahlenwert 19 von Eva, hebr. Chewa(h) (wie Chaja für „Tier“), in Zahlen 8-6-5, in der Summe 19. Das Mondjahr kann wegen der Differenz zum Sonnenjahr von knapp elf Tagen nicht einfach in zwölf gleich große Teile eingeteilt werden, sondern muss durch das Einschalten eines 13. Monats immer wieder an das Sonnenjahr angepasst werden. Dabei beträgt die Differenz in 19 Jahren genau sieben Mond-Monate. „Das führt zur Möglichkeit, in 19 Jahren 12 Jahre von 12 Monaten und 7 Jahre von 13 Monaten zu halten. (...) Diese 19 Jahre bilden somit ein Ganzes. Man nennt es ein ‚mechasor‘, eine Wiederholung, eine Zurückkehr, und somit auch Kreis oder Zyklus.“[5] „Die Frau, das Erscheinende, der Mond, das Umkreisende, Umhüllende, die Chawa steht im Zeichen dieses Zyklus der 19 ... Sonne und Mond – es gibt etwas, das sie auch astronomisch zusammenbringt...“[6] Von daher erscheint im Bildtypus der Maria Immaculata die Mutter Jesu als ‚neue Eva’ auf der Mondsichel stehend und der Schlange (des nur zeitlich-irdischen Werdens und Vergehens) den Kopf zertretend (nach Offb 12,1.7; Gen 3,15).
In der jüdischen Exegese gibt es von der Schöpfungserzählung Gen 1,14-18 her eine breite Diskussion zu Sol und Luna, die den Sündenfall in Gen 3, aber auch die Auferstehung schon mit einbezieht: „Der Mond, das ist die Welt auf dem Wege. Auf dem Wege zur Erfüllung, zur Vollkommenheit.“[7] Diese Diskussion greift auch die christliche Tradition auf. So wird der Sündenfall als „Hochmut“ auf Luna hin gelesen: „Die Tradition kennt eine Aufzählung von sieben Hauptsünden in Parallele zu den sieben Planeten: Laster, in denen sich eine Perversion der durch den jeweiligen Planeten repräsentierten Fähigkeit zeigt. Dem Mond wird hier der Stolz zugeordnet: Der Stolz ist die Sünde des Mondes, wenn er selbstherrlich vergisst, dass er sein Licht der Sonne verdankt.“[8]
Der frühchristliche Bischof Theophilus von Antiochien sagt in seiner Auslegung der Erschaffung von Sonne und Mond am 4. Schöpfungstag: „Die Sonne ist das Bild Gottes, der Mond das des Menschen“; im monatlich ‚sterbenden’ und dann wieder erscheinenden Mond sieht er also „ein Sinnbild des Menschen“ und zugleich „ein Vorbild unserer künftigen Auferstehung“ (An Autolykus II, 15). Auch von daher wird Ostern am ersten Sonntag nach dem Frühlings-Vollmond gefeiert. Im gleichen Sinn deutet dann Bonaventura (13. Jh.) Sonne und Mond als Sinnbild für das In-eins von Gottheit und Menschheit in Jesus Christus: „Das Licht des Lammes gibt ihm [Jerusalem] Schönheit und Glanz, seine Gottheit leuchtet an Stelle der Sonne, seine Menschheit an Stelle des Mondes…“[9]
Sonne und Mond (Sol und Luna) verkörpern also die zwei Seiten der Wirklichkeit (Himmel und Erde, Tage und Nacht, das Unsichtbare und das Sichtbare) und sind zugleich als „männlich“ und „weiblich“ konnotiert (in Mexiko zum Besispiel werden die Toiletten durch die Symbole von Sonne und Mond unterschieden). Dies zeigt sich auch in dem Park oder Hain, in den Alexander der Große nach einem angeblichen Schreiben an seinen Lehrer Aristoteles während seines Zuges nach Indien geführt wurde. In dessen Mitte war „ein Heiligtum der Sonne und des Mondes… dort standen zwei zypressenartige Bäume, die fast bis zum Himmel ragten. Der Name des männlichen Baumes war ‚Sonne‘, der des weiblichen war ‚Mond‘."[10] Auf Darstellungen von der Erschaffung der Frau aus dem Mann werden beide häufig von Sonne und Mond flankiert (vgl. zum Beispiel den Schalldeckel der Kanzel der Klosterkirche der ehemaligen Zisterzienserabtei Bebenhausen bei Tübingen).
Darstellung im Koran
Auch der Koran kennt die Geschichte von Adam und Eva. Hier spielt Iblis (der Teufel) eine wichtige Rolle. Aus Überheblichkeit widersetzt er sich als einziger dem Befehl Gottes, sich vor Adam niederzuwerfen. Daraufhin wird er von Gott aus dem Paradies verwiesen, erbittet sich aber Aufschub bis zum Tag des jüngsten Gerichts, um nun zu versuchen, die Menschen ebenfalls abirren zu lassen – was ihm auch gelingen soll. Dies gilt im Islam als irdische Prüfung (Koran: Sure 15, Vers 34–40). Gott warnt die Menschen vor diesem Versucher, sie lassen sich aber betören und verführen (Sure 7, Vers 22). Im Gegensatz zur christlichen Überlieferung teilen sich laut islamischer Lehre Adam und Eva die Schuld am Verzehr der verbotenen Frucht. (Sure 7, Vers 22)
Nach dem Koran ist Adams Sünde ein Fehltritt (Sure 2, Vers 36), nicht aber Abfall von Gott und Zerstörung der Beziehung zu Ihm. Deshalb ist die Folge auch nicht so schwerwiegend wie im biblischen Bericht: Statt der Ankündigung: „… sonst werdet ihr sterben“ (1. Mose 2,17) warnt Gott den Menschen vor Satan: „Dass er euch nur nicht aus dem Paradies vertreibt und dich unglücklich macht!“ (Sure 20, Vers 117) Durch die Sünde schadet der Mensch nur sich selber: „Unser Herr, wir haben uns selbst Unrecht getan.“ (Sure 7, Vers 23)
„Hierauf erwählte ihn sein Herr und er wandte sich ihm wieder zu und leitete ihn recht.“ (Sure 20, Vers 122) Adam und Eva werden zwar aus dem Paradies vertrieben, aber ihnen wird gesagt: „Wenn dann von mir eine Rechtleitung zu euch kommt, dann haben diejenigen, die meiner Rechtleitung folgen, nichts zu befürchten und sie werden nicht traurig sein.“ (Sure 2, Vers 38f)
Adam und Eva wird von Gott explizit im Koran verziehen: Sure 2 (al-Baqara), Vers 37 am Ende der Erzählung der Adamgeschichte: „Da empfing Adam von seinem Herren Worte (Bittgebete). Und er wandte sich zu ihm zu. Er ist ja der Vergebende, sich wieder Zuwendende und der Barmherzige“. Diese Stelle steht im Gegensatz zu einem Glauben an eine „Erbsünde“. Jeder Mensch wird mit einem „weißen Blatt“ geboren, heißt es in Sprüchen des Propheten als Bestätigung. Somit wird nach islamischer Lehre jeder Mensch sündenfrei geboren.
Adam und Eva in der Kunst
Die künstlerischen Darstellungen des Mythos von Adam und Eva sind außerordentlich zahlreich und über Jahrhunderte immer wieder neu variiert und verändert worden. Dabei bewegen sich die Darstellungen zwischen verschiedenen Polen der theologischen Deutung des Geschehens:
In einigen Werken erscheinen Adam und Eva in ihrer paradiesischen Gottesnähe. Kurt Flasch verweist etwa auf ein Deckengemälde aus der Zeit um 1200 in der Klosterkirche St. Michael in Hildesheim, das „Eva und Adam als Herrscherpaar in paradiesischer Herrlichkeit“[11] zeige. Eva erscheint vielen Künstlern als mächtige Urmutter der Menschheit, als Geschenk Gottes an Adam, erst aus ihrer Tat erwachsen Zeit und die menschliche Geschichte.
In entsprechenden Darstellungen der Schöpfungsszene, in der Gott Eva aus der Seite Adams erstehen lässt, erscheint die starke Eva als Bindeglied zwischen Adam und Gott, so im abgebildeten Relief des Doms zu Orvieto oder einem dem frühen, Donatello zugeschriebenen Terracottarelief im Dommuseum in Florenz.[12]
Auf der anderen Seite ist die Zuweisung der Hauptschuld am Sündenfall an Eva ein Thema der Kunst. Der Sündenfall wird zum Ausgangspunkt der Herrschaft des Mannes über die Frau, Eva zur Gegenfigur der jungfräulichen Maria und zum Ursprung allen Elends der Menschheitsgeschichte.
Ebenfalls um 1200 gestaltet ein unbekannter Künstler die Vertreibung aus dem Paradies an einem Kapitell der Kathedrale von Clermont-Ferrand.
„Der Cherubim verschließt das Paradiestor; er zerrt Adam an den Haaren heraus. Eva und Adam sind beide Bestrafte, Verjagte, Hinausgeworfene, aber wie verschieden ist ihre Lage: Adam steht, Eva kniet oder liegt am Boden; sie ist gestürzt; ihre Position ist jetzt unter ihm, und er demonstriert dies: Er zieht sie am Haarschopf, wie der Engel ihn gepackt hat. Er setzt die Strafe fort; er gibt seiner Frau einen Fußtritt.“[13]
Aber trotz der theologischen Legitimation dieser Negativsicht Evas über Jahrhunderte eröffnet sich in der Kunst eine Vielfalt der Akzentuierungen und Motiven zwischen den Polen Sünde/Strafe und der positiven Sicht der ersten Menschen.[14]
Eine „positive Vollendung“ der Geschichte von Adam und Eva kennt die Ikonentradition. Die Auferstehungsikone (Anastasis), ein häufiges Motiv, zeigt nicht (wie die westliche Kunst) die Abbildung der Auferstehung Jesu selbst oder des leeren Grabes, sondern die Illustration eines Satzes aus dem Apostolischen Glaubensbekenntnis: … hinabgestiegen in das Reich des Todes. Der auferstandene Christus tritt die Türen des (oft personifizierten) Hades ein und zieht Adam und Eva als erste der Menschen aus dem Reich des Todes.
Ein ganz anderer Motivbereich der künstlerischen Gestaltung von Adam und Eva ist die Darstellung der Arbeit. Mit der Vertreibung aus dem Paradies beginnt der Zwang zur Arbeit, der Künstlern Darstellungsmöglichkeiten alltäglicher menschlicher Aktivitäten bietet. Dabei werden sowohl traditionelle weibliche und männliche Tätigkeitsfelder zum Gegenstand, als auch neue Arbeitsgebiete der jeweiligen Zeit.[15]
In der Frührenaissance bot die Darstellung von Adam und Eva zudem den Künstlern eine erste Möglichkeit, Aktmalerei in einer Zeit zu betreiben, in der die Darstellung menschlicher Nacktheit noch weitgehend verpönt war.
Siehe auch:
- Dürers Darstellung von Adam und Eva
- Ghibertis Relief an der Paradispforte am Baptisterium San Giovanni in Florenz
Theater
- Peter Hacks schrieb 1972 sein Stück „Adam und Eva“, in dem er, in Anschluss an die Hegelsche Interpretation des Sündenfalls, diesen Stoff zu einem allgemeinen Weltbild ausarbeitet.
- „Eva & Adam“ von Patrizia Barbuiani, ein komisches Theaterstück ohne Worte, das die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies, ihr Leben in einer modernen Welt, ihren Tod und schließlich ihre Rückkehr ins Paradies erzählt. Markus Zohner Theater Compagnie / Lugano, 2007
Siehe auch
Literatur
- Otto Betz: Adam - I. Altes Testament/Neues Testament/Gnosis. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 1, de Gruyter, Berlin/New York 1977, ISBN 3-11-006944-X, S. 414–424.
- Peter Schäfer: Adam - II. Im Judentum. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 1, de Gruyter, Berlin/New York 1977, ISBN 3-11-006944-X, S. 424–427.
- Anders Hultgård: Adam - III. Religionsgeschichte. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 1, de Gruyter, Berlin/New York 1977, ISBN 3-11-006944-X, S. 427–431.
- Friedrich Mildenberger: Adam - IV. Systematisch-theologisch. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 1, de Gruyter, Berlin/New York 1977, ISBN 3-11-006944-X, S. 431–437.
- Buchrucker: Adam. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (RE). 3. Auflage. Band 1, Hinrichs, Leipzig 1896, S. 159–161.
- Klaus W. Hälbig: Der Baum des Lebens. Kreuz und Thora in mystischer Deutung, Würzburg 2011, ISBN 978-3-429-03395-8
- C.Böttrich/B. Ego/F. Eißler (Hrsg.): Adam und Eva in Judentum, Christentum und Islam, Vandenhoeck&Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN 978-3-525-63028-0.
- Kurt Flasch: Eva und Adam Wandlungen eines Mythos. Beck, München 2004. ISBN 3-406-52763-9 (Kurze Kulturgeschichtliche Beschreibung der Geschichte der ersten Menschen)
- Paul Hengge: Die Bibel-Korrektur: Auch Adam hatte eine Mutter. Orac & Pietsch, Wien 1979 ISBN 3-85368-849-7, ern. 1992; u.d.T. Auch Adam hatte eine Mutter. Bibelkorrektur I - Altes Testament. ab 2001 auch als book on demand ISBN 3-8311-1148-0 (Zweiter Teil: Joseph aber dachte Maria zu verlassen. Bibelkorrektur II - Neues Testament. ISBN 3-8311-1149-9)
- Andrea Imig: Luzifer als Frau?. Zur Ikonographie der frauengestaltigen Schlange in Sündenfalldarstellungen des 13. bis 16. Jahrhunderts. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2009, ISBN 978-3-8300-4464-2.
Katharina Siefert: Adam und Eva-Darstellungen der deutschen Renaissance, (Phil. Diss.) Karlsruhe 1994
Referenzen
- ↑ Rein akustisch klingt ischa zwar wie die grammatische Verweiblichung von isch, etymologisch sind die Worte allerdings aus zwei unterschiedlichen Konsonantenwurzeln konstruiert: isch aus ʔ-j-ʃ (Hebr. א-י-שׁ) mit dem Bedeutungsfeld „Person“, „Persönlichkeit“, und ischa aus ʔ-n-ʃ (hebr. א-נ-שׁ) mit dem Bedeutungsfeld „menschlich“, „verletzlich“. Als Folge einer früheren Totalassimilation verwandelte sich der Konsonant /n/ im Wort ischa (hebr. אִשָּׁה) in eine Gemination des Konsonanten /ʃ/, repräsentiert durch das starke Dagesch im Buchstaben ש); das /n/ existiert jedoch in verwandten Worten wie anaschim /anaˈʃim/ אֲנָשִׁים (Leute) oder enoschut /enoˈʃut/ אֱנוֹשׁוּת (Menschheit).
- ↑ Siehe z.B. Adolf Pohl in der Wuppertaler Studienbibel zu Off 12,9 (Seite 326): „An unserer Stelle finden wir eine ausdrückliche Gleichsetzung mit der Paradiesschlange von 1 Mo 3: die uralte Schlange“.
- ↑ Freud, the Serpent and the Sexual Enlightenment of Children (engl.)
- ↑ Othmar Schilling: Das Mysterium lunae und die Erschaffung der Frau nach Gn 2,21f (Vortrag beim Antritt des Rektorats), Paderborn 1963.
- ↑ Friedrich Weinreb: Der biblische Kalender. Der Monat Nissan, München 1984, S. 51f.
- ↑ Friedrich Weinreb: Der biblische Kalender. Der Monat Nissan, München 1984, S. 52.
- ↑ Friedrich Weinreb: Der biblische Kalender. Der Monat Nissan. München 1984, S. 23.
- ↑ Gerhard Voss: Die Musik des Weltalls wiederentdecken. Christliche Astralmystik. Regensburg 1996, S. 62.
- ↑ Zit. nach Hans Urs von Balthasar: Herrlichkeit. Eine theologische Ästhetik, Bd. II/1, Einsiedeln ²1969, 265–361 (Bonaventura), hier S. 333.
- ↑ Manfred Lurker: Die Botschaft der Symbole, In Mythen, Kulturen und Religionen, München 1990, S. 158.
- ↑ Kurt Flasch, Eva und Adam, S. 12; Abbildung auf den Commons
- ↑ vgl. Kurt Flasch, Eva und Adam, Vorwort; Flasch (Vorwort) verweist darauf, dass die Erschaffung Evas „als Vorzeichen des Entstehens der Kirche aus der Seitenwunde des Gekreuzigten“ gedeutet worden sei.
- ↑ Kurt Flasch, Eva und Adam, S. 112f.
- ↑ vgl. Flasch, Eva und Adam, S. 11ff.
- ↑ vgl. etwa die traditionelle Aufgabenteilung Ackerbau/Kinderernährung in der Schedelschen Weltchronik von 1493 oder Ackerbau/Spinnrocken in der Darstellung des Grabower Altars, rechter Innenflügel, Außenseite des Bertram von Minden
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