Gotteszeller Schwesternbuch

Gotteszeller Schwesternbuch

Das Ulmer Schwesternbuch oder besser Gotteszeller Schwesternbuch ist höchstwahrscheinlich im Dominikanerinnenkloster Gotteszell bei Schwäbisch Gmünd entstanden, wohl nach 1330. Es stellt das mystisch inspirierte Gnadenleben der Nonnen in den Mittelpunkt.

Der Schwerpunkt des Textes liegt auf der Lebensbeschreibung der Adelheit von Hiltegarthausen. Sie wird ergänzt durch Viten von Adelheits Tante Irmendraut und zehn Kurzviten tugendhafter Schwestern. Nur Adelheits Vita steht in der Tradition der Gnadenviten, die außerordentliche mystische Begnadungen schildern. Sonst dominiert die Darstellung klösterlicher Tugenden. Im Vergleich zu anderen Schwesternbüchern sei, meint Siegfried Ringler, das Gotteszeller Schwesternbuch das am wenigsten profilierte (Sp. 1235). Das Werk diente in narrativer Form sowohl der klösterlichen Unterweisung als auch der Selbstbestätigung der klösterlichen Gemeinschaft (ebenda).

Inhaltsverzeichnis

Überlieferung und Ausgaben

Der Text ist in zwei Handschriften des 15. Jahrhunderts überliefert:

  • Mainz, Martinus-Bibliothek, Cod. 43, 28r-59r
  • Wien, Schottenkloster, Cod. 308, 18v-44r

Als eigenständiges Werk ist es im Engelthaler Klosterkatalog von 1447 belegt (identifizierbar durch die Ortsangabe Ulm).

F. W. E. Roth druckte in seiner Ausgabe des Kirchberger Schwesternbuchs die Mainzer Handschrift ab (Alemannia 21, 1893, S. 123-148). Siegfried Ringler gab 1980 in seiner Viten und Offenbarungsliteratur in Frauenklöstern des Mittelalters Lesarten der Wiener Handschrift.

Entstehungsort

Der in den Schlussversen genannte Entstehungsort Ulm kann nicht zutreffen, da es unmittelbar bei Ulm kein Dominikanerinnenkloster gab. Siegfried Ringler erkannte die Eigenständigkeit des Textes und schlug als Titel Ulmer Schwesternbuch vor. Hans Peter Müller legte in der Rottenburger Zeitschrift „Der Sülchgau“ 1977/78 einen Vorschlag zur Identifizierung des Klosters vor: Kloster Gotteszell bei Schwäbisch Gmünd. 1984 konnte dies Klaus Graf durch das Auffinden der Margaretha von Rosenstein, die nach dem Schwesternbuch dem fraglichen Kloster angehörte, als Gotteszeller Nonne zum Jahr 1330 (allerdings nur bezeugt in einer reichlich trüben Quelle des 19. Jahrhunderts) bekräftigen. Seither wird in der Forschung zu den Schwesterbüchern allgemein Gotteszell als Entstehungsort akzeptiert.

Textprobe

Es was ein gar andechtige swester in dem selben closter die hies Leugart, und was wol dreissig jar priorin oder suppriorin. Und hielt den orden so stercklichen, das alle die in dem closter ab ihr pilde namen, und nymer wort gesprach sie an verpoten steten und zeiten Selbst bei einem Brand des Schlafsaals, als alle laut nach den Schlüsseln riefen, sprach sie nicht. Dar zu sprach sie alle tage tusent Ave Maria, und einen psalter sprach sie auch alle tage ob dem wercke. Und eins mals, da sie span, wann sie komm aus dem werckhauss nymmer an not, da kom das allerschönste lemlein, das je gesehen ward, und was aller dinge in dem pilde mit dem vannen und mit dem creücz, als man es pfliget ze malen. Und sas ir in die schoss, und das lemlein nam sein pfötlein, und sluck sie an die hende und an den vaden, den sie gespunnen hete ze der selben stunde rechte in der weise, als ir das lemlein chürzveil und freüde wolte machen, und das treib es als lange, piss sie hinder sich in ein fenster vil, und also lage sie lange weil in göttlicher genade, als ir vil und dicke geschach (Roth S. 137f.).

Literatur

  • Siegfried Ringler, Ulmer Schwesternbuch, in: Verfasserlexikon 2. Auflage 9 (1995), Sp. 1233-1236
  • Klaus Graf, Nonnenviten aus Kloster Gotteszell bei Schwäbisch Gmünd, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 3 (1984), S. 191-195 online

Weblinks


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