- Gottlieb Theodor Pilz
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Gottlieb Theodor Pilz (auch bekannt unter dem Pseudonym Otto Nicolai; 1789–1856) ist ein fiktiver Literat und Tonsetzer.
Pilz erscheint erstmals als literarische Figur in Wolfgang Hildesheimers Kurzgeschichte „1956 – ein Pilzjahr“, die zuerst am 2. Februar 1951 in der Zeitschrift „hier und heute“ (Nr. IV, S. 14–16) und später (unter wechselnden Titeln) in Hildesheimers 1952 (1956, 1962 u. ö.) veröffentlichter Kurzgeschichtensammlung Lieblose Legenden publiziert wurde. Raimund Bezold widmet Pilz 1991 einen Artikel in: Walther Killy (Hrsg.): Literatur Lexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Bd. 9. Berlin und Gütersloh 1991. S. 165 f. und auch die in der Digitalen Bibliothek erschienene Ausgabe auf CD-ROM gibt diesen Artikel auf S. 15993 wieder. Pilz gehört damit ähnlich wie die Steinlaus, oder Herr Edmund Friedemann Dräcker zu den Wissenschaftlichen Witzen, die als fingierte Lexikonartikel verbreitet werden.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Der erfundenen Vita gemäß wurde Pilz 1789 in Dinkelsbühl oder Nördlingen geboren und er verstarb am 12. September 1856 in Paris. Als Sohn wohlhabender protestantischer Eltern kam er früh mit dem geistigen Leben seiner Zeit in Berührung. Zu erwähnen ist insbesondere seine Bekanntschaft mit Friedrich Gottlieb Klopstock, der nach Umzug der Familie nach Hamburg, in Pilz’ Elternhaus verkehrte. Während einer zweijährigen Italienreise nach Abschluss der Schule lernte er in Rom Mme. de Staël kennen. Ihrem Vorhaben zu einem Werk über Deutschland (De l’Allemagne) stand er ablehnend gegenüber, konnte jedoch – noch nicht im Vollbesitz seiner demotivierenden Fähigkeiten – dessen Ausführung und Erscheinen 1813 nur be-, aber nicht verhindern. Zurück in Deutschland hatte Pilz in den Jahren 1810/11 maßgeblichen Anteil an Friedrich Ludwig Jahns Aufgabe der Schriftstellerei und seiner Hinwendung bzw. Erfindung der Turnbewegung. Ab 1814 erschien Pilz in Wien im Umfeld Beethovens und wird gemeinhin als Ursache für dessen unproduktive Phase (1814 bis 1818) angesehen. 1821 trat Pilz in Berlin in Erscheinung und lernte - als regelmäßig Gast im Hause Lutter und Wegner E. T. A. Hoffmann und Grabbe kennen. Ab 1823 zumeist in Paris verkehrte Pilz anfänglich im literarischen Kreis um George Sand und Alfred de Musset. Später zählten Meyerbeer und Chopin zu seinen Freunden. Die Erkenntnis der eigentlichen Begabung von Rossini wird allgemein ihm zugeschrieben. Pilz starb am 12. September 1856 während einer Lesung seiner einaktigen Neufassung sämtlicher Tragödien von Jean Racine am Schlagfluß.
Wirkung
Laut Bezold liegt Pilz’ besondere Bedeutung darin, „unermüdlich gegen den künstlerischen Übereifer seiner Zeit“ gekämpft zu haben. Zeitlebens habe er versucht, „retardierend auf das Kunstschaffen seiner Zeitgenossen einzuwirken.“ Als sein Hauptwerk werden Die sieben Briefe des Gottlieb Theodor Pilz (Hrsg.: Karl Ferdinand Gutzkow. Stuttgart 1864) angesehen.
Literatur
- G. S. Grützbacher: Ist Pilz Dinkelsbühler? […]. In: Blatt für angewandte Kultur. Jg. 22 (1881).
- Wolfgang Hildesheimer: Lieblose Legenden. DVA, Stuttgart 1952.
- Raimund Bezold: Pilz, Gottlieb Theodor. In: Walther Killy (Hrsg.): Literatur Lexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Bd. 9. Berlin und Gütersloh 1991. S. 165 f.
- Katrin Sarah Reichwein: Analyse der Zeitstruktur in Wolfgang Hildesheimers ‚1956 – ein Pilzjahr‘. o. O. 2003 (als elektronische Ressource verfügbar unter: [1]).
- Mathias Greffrath: Montaigne, Pilz, Beckett – eine abgebrochene Traditionslinie in der europäischen Neuzeit“. In: Einstein Forum, Symposium „2006 – ein Pilzjahr“, Potsdam, 17. November 2006 (als elektronische Ressource verfügbar unter: [2]).
- Wolfgang Hörner: Das darf es alles gar nicht geben! Eine Konferenzimplosion in sieben Sätzen, nebst erläutendem Anhang zum wahren Pilzjahr. In: Einstein Forum, Symposium „2006 – ein Pilzjahr“ Potsdam, 17. November 2006 (als elektronische Ressource verfügbar unter: [3]).
- Rüdiger Zill: Die Wahrheit über Gottlieb Theodor Pilz. Korrekturen an einer Legende. In: Einstein Forum, Symposium „2006 – ein Pilzjahr“ Potsdam, 17. November 2006 (als elektronische Ressource verfügbar unter: [4]).
Siehe auch
Weblinks
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