Edmund Friedemann Dräcker

Edmund Friedemann Dräcker

Edmund Friedemann Dräcker (* 1. April 1888) ist ein fiktiver deutscher Diplomat.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Dräcker entstand aus einer Verlegenheit (vgl. wissenschaftlicher Witz). Hasso von Etzdorf (1900–1989), ein Diplomat der deutschen Botschaft in Rom, wollte sich um eine langweilige Sitzung drücken und verabredete mit einem Freund einen fingierten Anruf, bei dem ihm mitgeteilt werden sollte, dass der Ministerialrat Dräcker eingetroffen sei und ihn sprechen wolle. Der junge Diplomat ließ sich durch eine deutsche Brauerei zu dem Namen Dräcker inspirieren (den Namensteil „Friedemann“ wählte Etzdorf als Hommage an den befreundeten Ernst-Friedemann von Münchhausen). Für solche und ähnliche Zwecke wurde der imaginäre Dräcker noch häufiger eingesetzt. Später wurde man an höchster Stelle auf Dräcker aufmerksam, und die Erfinder von Dräcker mussten ihm eine Vergangenheit in Form eines Stammbaums und eines Lebenslaufes verpassen.

„Lebenslauf“

Edmund Friedemann Dräcker ist der Nachfahre hugenottischer Einwanderer und war unter anderem mit Spezialaufträgen im Nahen Osten und auf dem indischen Subkontinent betraut. Dräcker wurde am 1. April 1888 in Suleyken bei Gumbinnen (Ostpreußen) geboren. Sein Vater war der Pfarrer Gotthilf Dräcker, die Mutter Komtesse von Stoltze-Ohnezaster.

Dräcker gehörte seit 1910 dem diplomatischen Dienst des Deutschen Reiches an. 1911 ist er bereits Vizekonsul in Bombay. 1914 besucht er den später sehr bekannten Verfassungsjuristen Friedrich Gottlob Nagelmann in Ostafrika, um forstjuristische Aspekte der völkerrechtlichen Verbindlichkeit der Importkontingentierung von Weihnachtsbäumen im Subkontinent zu diskutieren. Hieraus ergab sich eine lebenslange Kooperation. 1941 war er für den Gau Niederdonau tätig und sondierte hier spezielle Anbaumöglichkeiten. Die Ergebnisse publizierte er 1942 in einem „Abschlussbericht“, der in den Vierteljahresschriften zur Agrarphysiologie erschien.[1] Im Unterschied zu seinem Erfinder war er kein Mitglied der NSDAP oder der SA und hatte auch keine Probleme mit seiner Entnazifizierung.

Am 13. Januar 1953 wurde Dräcker zum 1. April 1953 in den Ruhestand versetzt. Dennoch ließ er sich nicht davon abhalten, seinem Land weiter zur Verfügung zu stehen. 1959 wurde er kurz als verschollen gemeldet; was genau der Hintergrund dieses Verschollens war, trat nie ans Tageslicht. Nach 1985 war er kurzzeitig als Sonderberater der Europäischen Kommission in Brüssel für die Normierung von Seemannsgarn zuständig. Auch ist es hauptsächlich ihm zu verdanken, dass die früher weit verbreitete tierquälerische Praxis des Aufbindens von Bären heute in den meisten europäischen Staaten verboten ist. Innerhalb Deutschlands unterstützt er mittlerweile auch den Bundestagsabgeordneten Jakob Maria Mierscheid in seiner vielseitigen Arbeit.

Die spektakulärste Aktion des umtriebigen Pensionärs war aber sicher das Hissen der bundesdeutschen Flagge auf einer Eisscholle nahe dem antarktischen Archipel. Diese Aktion, die im Januar 1982 stattfand und am 1. April gleichen Jahres offiziell bekannt wurde, sorgte in der Presse der damaligen DDR für heftige Empörung.

Film

Edmund Friedemann Dräckers filmreifes Leben wurde 108 Jahre nach seiner Geburt Grundlage für einen Spielfilm. Unter der Regie von Claus Strobel entstand 1996 Das Phantom von Bonn mit Hermann Lause als Edmund F. Dräcker.

Literatur

  • Maria Keipert (Red.): Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871–1945. Herausgegeben vom Auswärtigen Amt, Historischer Dienst. Band 1: Johannes Hürter: A–F. Schöningh, Paderborn u. a. 2000, ISBN 3-506-71840-1.
  • Johannes Marré, Karl-Günther von Hase (Hrsg.): Ministerialdirigent a.D. Dr. h.c. Edmund F. Dräcker. Leben und Werk. Vom kaiserlichen Vizekonsul zum indischen Guru. Eine Dokumentation. 2. (immer noch unvollendete) Auflage. Wissenschaftliche Verlags-Anstalt zur Pflege Deutschen Sinngutes, Baden-Baden 2000, ISBN 3-7890-6950-7 (Beiträge zur Popularisierung deutscher Behörden. Reihe A: Das Auswärtige Amt 4d, Herausragende Angehörige des Auswärtigen Dienstes 2).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zitiert in: Peter Melichar, Ernst Langthaler, Stefan Eminger (Hrsg.): Wirtschaft. Niederösterreich im 20. Jahrhundert. Band 2. Wien / Köln / Weimar, 2008, S. 789f GoogleBooks

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